Baurecht / BGB

Außerordentliche Auftraggeberkündigung des Bauvertrags

Vor einer außerordentlichen Kündigung des Bauvertrags wird allgemein gesprochen, wenn bei einem VOB-Vertrag der Auftraggeber - meistens ein öffentlicher Auftraggeber- den Bauvertrag nach § 8 Abs. 3 VOB/B kündigt. Analog sieht § 648a BGB eine Vertragskündigung aus wichtigem Grund nach dem reformierten Werk- und Bauvertragsrecht ab 2018 durch einen Besteller oder Verbraucher als Auftraggeber zum Bauvertrag nach BGB und den Verbraucherbauvertrag vor.
Für eine außerordentliche Kündigung des Bauvertrags durch den Auftraggeber kommen bei einem VOB-Vertrag nach § 8 Abs. 3, Nr. 1 VOB /B folgende Kündigungsgründe infrage:
  • mangelhafte oder vertragswidrig ausgeführte Leistungen (§ 4 Abs. 7 VOB/B) während der Vertragsdurchführung bis vor der Abnahme,
  • verzögerter Baubeginn und Leistungsverzug (§ 5 Abs. 5 VOB/B),
  • unzureichender Einsatz eigener Kapazitäten bei der Ausführung,
  • Nichtbekanntgabe des vorgesehenen Einsatzes von Nachunternehmern und Durchführung von Leistungen der Nachunternehmer ohne Zustimmung zum Nachunternehmereinsatz (§ 4 Abs. 8, Nr. 1 VOB/B).
Der Auftraggeber hat vorher aber den Auftragnehmer zu mahnen und in der Regel eine Nachfrist – mit Androhung des Leistungsentzugs – zu setzen.
Eine außerordentliche Kündigung kann sich einerseits nur auf eine Teilleistung oder ggf. auf den Entzug des gesamten Bauauftrags beziehen.
Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Dies gilt sowohl für den VOB-Vertrag als auch für Bauverträge nach BGB nach § 650h BGB. Erfolgen kann sie auch in elektronischer Form, jedoch nicht durch Email in einfacher Textform. Zu sichern ist, dass die Kündigung auch den Bauunternehmer als Auftragnehmer erreicht hat.Das Recht der Kündigung ist zeitlich begrenzt auf den Zeitpunkt der mängelfreien Abnahme.
Sowohl bei einem VOB- als auch bei einem BGB-Bauvertrag steht dem Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung zu. Er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er an Kosten erspart, was er anderweitig erwirbt und was er böswillig zu erwerben unterlässt.
Weiterhin können weitere Gründe, die vom Auftragnehmer zu vertreten sind, für die Kündigung maßgebend sein, beispielsweise nach § 8 Abs. 2, Nr. 1 VOB/B die
  • Einstellung der Zahlungen und
  • Beantragung eines Insolvenzverfahrens, dessen Eröffnung oder Ablehnung mangels Vermögensmasse.
Für die Kündigung ist Schriftform nach § 8 Abs. 5 VOB/B vorgeschrieben. Der Auftraggeber sollte sicherstellen, dass die Kündigung auch den Auftragnehmer erreicht hat. Eine Faxmitteilung ist nicht ausreichend.
Auch eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung kann als Kündigungsgrund durch den Auftraggeber bei einem VOB-Vertrag nach § 8 Abs. 4 VOB/B infrage kommen, jedoch mit einer Fristsetzung von maximal 12 Werktagen (= 2 Wochen). Als eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung ist beispielsweise eine Abrede des Auftragnehmers im Vergabeverfahren als Bieter zum Nachteil anderer Bieter anzusehen.
Zu diesem Recht wurden in den Abs. 4 und 5 zum § 8 in der VOB/B (2016) weitere normierte Kündigungsgründe durch den Auftraggeber sowie die Rechtsfolgen hinsichtlich Vergütung und Schadenersatz aufgenommen. Grundlage lieferten die seit 18. April 2016 geltenden Regelungen zur Umsetzung von EU-Richtlinien zur Auftragsvergabe mit dem "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWG als Teil 4 im Vergaberechtsmodernisierungsgesetz vom 17. Februar 2016 in BGBl. I S. 203, in Kraft seit 18. April 2016)".
Danach kann der Auftraggeber auch einen Bauvertrag, der im Anwendungsbereich des GWG (folgend dem § 133 GWG) geschlossen wurde, kündigen:
  • "wenn der Auftragnehmer wegen eines zwingenden Ausschlussgrundes zum Zeitpunkt des Zuschlags nicht hätte beauftragt werden dürfen, wobei sich die Kündigung auch nur auf einen in sich geschlossenen Teil der vertraglichen Leistung beschränken kann, Zuschlags nicht hätte beauftragt werden dürfen, wobei sich die Kündigung auch nur auf einen in sich geschlossenen Teil der vertraglichen Leistung beschränken kann,
  • bei wesentlicher Änderung des Vertrages oder bei Feststellung einer schweren Verletzung der Verträge über die Europäische Union und die Arbeitsweise der EU durch den Europäischen Gerichtshof", woraus sich auch für den Auftragnehmer mit Bezug auf den neu angefügten Abs. 5 zum § 8 in VOB/B (2016) ein Kündigungsrecht ableitet, wenn er Leistungen bereits ganz oder teilweise an Nachunternehmer weitervergeben hat sowie auch weiterfolgend in der Nachunternehmerkette.
Ein beantragtes Insolvenzverfahren als wichtigen Kündigungsgrund leitet sich aus der seit 1999 bestehenden Insolvenzordnung. Vor der Kündigung wegen einem Insolvenzverfahren bei dem Auftragnehmer sollte sich der Auftraggeber ggf. beim zuständigen Amtsgericht erkundigen, ob der Auftragnehmer ein Insolvenzverfahren beantragt hat, ein solches Verfahren bereits eröffnet wurde oder mangels Masse bereits abgelehnt worden ist.
Wurde auch zwischen Auftragnehmer und Nachunternehmer die VOB/B vereinbart bzw. dem Vertrag zugrunde gelegt, besteht dann dieselbe Kündigungsmöglichkeit in der gesamten "Nachunternehmerkette" und der jeweilige Auftragnehmer bleibt nicht mit der Rechtsfolge der vollen Vergütung der Vertragsleistung verpflichtet.
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