Lohn / Tarif / Rente

Haftungssicherung zum Mindestlohn

Maßgebende Reglungen zum gesetzlichen Mindestlohn sowie speziell zum Mindestlohn im Baugewerbe liegen vor:
  • im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG vom 20. April 2009 und folgenden Änderungen),
  • mit dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe (TV-Mindestlohn) sowie weiteren eigenständigen TV in verschiedenen Baugewerben wie für Dachdecker, Gerüstbauer, Maler- und Lackierer u. a.,
  • im seit 2015 geltenden Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz-MiLoG vom 11. August 2014 und folgenden Änderungen).
Im Baugewerbe ist vorrangig von Bedeutung, dass für einen Unternehmer als Generalunternehmer (GU) oder Hauptunternehmer (HU) nach § 14 im AEntG eine Haftung zum Mindestlohn-Bau für die Verpflichtungen eines Nachunternehmers (NU) maßgebend ist, wenn der GU/HU den NU mit der Erbringung von Leistungen beauftragt hat. Kommt der Nachunternehmer seine Pflicht zur Zahlung
  • des Mindestlohns an seine Arbeitnehmer oder
  • von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien, so für die Beiträge für das Urlaubsverfahren an die SOKA-Bau im Bauhauptgewerbe
nicht nach, dann haftet der General- bzw. Hauptunternehmer.
Die Haftung gilt dann in der gesamten Nachunternehmerkette, wenn vom NU auch noch ein weiterer NU eingesetzt wird usw. Der Hauptunternehmer bürgt praktisch für die gesamte Kette und kann von den Arbeitnehmern aller Nachunternehmer als Bürge (Bürgenhaftung) in Anspruch genommen werden. Erläuterungen hierzu liefert auch der "Leitfaden – Mindestlöhne im Baugewerbe (herausgegeben vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB)).
Der GU/HU sollte sich folglich bereits bei der Vertragsgestaltung mit seinen Nachunternehmern bezüglich einer Haftung absichern und diesbezügliche Sicherheiten vorbeugend vorsehen. Zur Absicherung von Haftungsansprüchen von Arbeitnehmern des NU oder von der Sozialkasse der Bauwirtschaft für Urlaubsbeiträge im Sozialkassenverfahren sind zu prüfen und können infrage kommen:
  • Sicherungseinbehalte von der mit dem Nachunternehmer vereinbarten Auftragssumme (Netto) für ggf. zu gewährende Haftungsansprüche,
  • selbstschuldnerische Bürgschaft des Nachunternehmers, ggf. auch zur Ablösung eines Sicherungseinbehalts,
  • Weitergabe von Bauleistungen des Nachunternehmers an nächste Nachunternehmer an die Einwilligung des GU/HU binden,
  • Ermächtigung des GU/HU, bei den Arbeitnehmern des Nachunternehmers Auskünfte zur Lohnzahlung mindestens in Höhe des Mindestlohns einzuholen,
  • Verpflichtungserklärung des Nachunternehmers gegenüber dem GU/HU mit der Maßgabe, die Anforderungen zum Mindestlohn einzuhalten,
  • Freistellungsvereinbarung zwischen den Vertragspartnern unter dem Aspekt, dass der GU/HU von der Haftung bei Ansprüchen nach § 14 AEntG freigestellt wird,
  • Regelung zur Zahlung einer Strafe (Pönnale) an den GU/HU, wenn der Nachunternehmer schuldhaft gegen die Zahlung von Mindestlohn an die Arbeitnehmer des Nachunternehmers verstößt,
  • Benennung der vom Nachunternehmer auf der Baustelle für einen Einsatz vorgesehenen Arbeitnehmer und Meldung an den GU/HU,
  • Vereinbarung von Kontrollrechten des GU/HU gegenüber den Arbeitnehmern des Nachunternehmers beispielsweise zu Personalien u. a.,
  • Kündigung des Bauvertrags mit dem Nachunternehmer, wenn der Nachunternehmer nicht den Mindestlohn an seine Arbeitnehmer zahlt.
Bei Heranziehung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft ist es notwendig, mit bzw. auf der Bürgschaft anzugeben:
  • den Sicherungszweck mit eindeutiger Beschreibung,
  • die Bürgschaftsdauer unter Berücksichtigung der Verfallfristen für Mindestlohnansprüche nach § 2 Abs. 5 im TV-Mindestlohn, wenn sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden,
  • ein angemessener Betrag für die Sicherheit, der ausdrücklich zu vereinbaren ist,
  • ggf. eine Verringerung der Sicherheit und des Betrages, wenn sich das Haftungsrisiko vermindert.
Das Haftungsrisiko lässt sich auch für den GU/HU reduzieren, wenn beim Nachunternehmer eine Präqualifikation - VOB mit Eintrag im Präqualifikationsverzeichnis als allgemein zugänglicher und abrufbarer Liste nachweist, die den Eignungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 im Abschnitt 1 der VOB Teil A bei nationalen Ausschreibungen im Unterschwellenbereich (analog auch nach § 6 b EU, Abs. 1 im Abschnitt 2 zu EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte) entspricht. Dann haftet der GU/HU nicht für die Urlaubskassenbeiträge, lediglich nur noch bei Konstellationen des Missbrauchs sowie für den Mindestlohn.
Die Haftung des GU/HU nach § 14 AEntG wie ein Bürge ist nicht maßgebend für:
  • die unmittelbare Staatsverwaltung bei öffentlichen Bauaufträgen,
  • Bauunternehmer, die eine Bauleistung für den eigenen – gewerblichen – Eigenbedarf als Bauherrn in Auftrag geben (nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16. Oktober 2019 – 5 AZR 241/18),
  • private Bauherren (Besteller und Verbraucher) und
  • direkte Auftragnehmer von Leistungen ohne Weitergabe.
Demgegenüber findet § 14 AEntG Anwendung für Bauträger, da diese ein Gebäude nicht für den eigenen gewerblichen Bedarf errichten, sondern um es zu veräußern.
Die GU/HU können dem Haftungsrisiko auch mit Verpflichtungs- bzw. Freistellungserklärungen der NU begegnen. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) hat Muster-Formulare als Formulare für SF-Bau (FSB) für die Vertragsgestaltung der GU/HU mit NU erarbeitet und herausgegeben, zuletzt zum Stand 2019.
Bauprofessor-Redaktion
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