Baurecht / BGB

Rechtsprechung zur Bauhandwerkersicherung

Bauhandwerkersicherung – Sicherheit für noch nicht gezahlte Vergütungen

Rechtsprechung zur Bauhandwerkersicherung
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Die Bauhandwerkersicherung wurde im Bauvertragsrecht im BGB ab 2018 in § 650f BGB neu geregelt. Sie ist ein wirksames Instrument für das Bauunternehmen als Auftragnehmer, das Risiko für seine Werklohnforderungen zu verringern. Die Aussagen in § 650f entsprechen der vorherigen Fassung in § 648a BGB, wobei lediglich zum Anwendungsbereich in Abs. 6 eine Änderung erfolgte. Danach kann der Bauunternehmer und Bauhandwerksbetrieb vom Auftraggeber (AG) als Besteller eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon Sicherheit für seine künftigen Vergütungsansprüche verlangen.

Rechtsprechung zur vorherigen Fassung in § 648a BGB

Zu den Regelungen der Bauhandwerkersicherung nach vorheriger Fassung in § 648a BGB gab es bereits eine umfangreiche Rechtsprechung zu wichtigen Streitfragen. Mit Urteil vom 09.11.2000 hat der BGH (Az: 7 ZR 82/99) z. B. folgende wichtige Leitsätze verlauten lassen:
  • Der Unternehmer ist auch dann berechtigt, Sicherung in Höhe des gesamten Werklohns zu fordern, wenn er mit dem Besteller Raten- oder Abschlagszahlungen vereinbart hat.
  • Ein Verzicht auf die Rechte des Unternehmers für eine Bauhandwerkersicherung kann nicht wirksam vereinbart werden.
  • Der Unternehmer ist berechtigt, Sicherung für den Teil des Werklohns zu fordern, der den bereits erbrachten Leistungen zuzuordnen ist.
  • Solange der Unternehmer bereit und in der Lage ist, Mängel zu beseitigen, hat er vor Abnahme ein grundsätzlich schützenswertes Interesse an der Absicherung seines nach Mängelbeseitigung durchsetzbaren Vergütungsanspruchs.
  • Aus einer Garantie oder einem Zahlungsversprechen muss sich ein unmittelbarer Zahlungsanspruch des Unternehmers gegen das Kreditinstitut oder den Kreditversicherer ergeben.
  • Der Besteller kann verpflichtet sein, auf ein überhöhtes Sicherungsverlangen als die forderbare Sicherheit zu leisten, wenn deren Höhe für ihn feststellbar ist.

Keine Sicherheit – Keine Leistung

Von Bedeutung ist das Recht des Auftragnehmers, die Leistung zu verweigern oder den Vertrag zu kündigen, wenn zu einer vorgegebenen „angemessenen Frist“ keine Sicherheit durch den Besteller geleistet wurde. Was als angemessen gelten kann, wurde in der Rechtsprechung wiederholt ausgeführt, so beispielsweise
  • in dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 3. Juli 2018 (Az.: 22 U 83/17), wonach die Frist von der objektiven Sachlage und den Umständen des Einzelfalls abhängen soll. Dafür dürfte weiterhin gelten, dass eine Frist von 7 bis 10 (Kalender-)Tagen für angemessen zu betrachten ist, wogegen eine Frist von 5 Werktagen unangemessen sei. Entscheidend ist, in welcher Zeit beim Bürgen bzw. Kreditinstitut eine Sicherheit besorgt werden kann, ob die Rechtslage schwierig oder vorher sogar eine anwaltliche Beratung erforderlich ist.
  • in einem Urteil des OLG Dresden vom 11. November 2020 (Az. 1 und 722/20), wonach eine „für die Beibringung einer Bauhandwerkersicherung gesetzte Frist von 2 Wochen nicht zu kurz bemessen ist“.

Nachfristsetzung möglich, aber nicht erforderlich

Eine Pflicht zur Nachfristsetzung einer erfolglosen Fristsetzung besteht nicht. Auch eine vorherige Androhung der Leistungsverweigerung oder Vertragskündigung bei fehlender Sicherheit ist nicht erforderlich. Es bleibt aber dem Auftragnehmer weiterhin überlassen, ggf. eine Nachfristsetzung vorzunehmen und nach erfolglosem Verstreichen der Nachfrist die Leistungsverweigerung anzudrohen. In einem Beschluss des OLG München vom 11.06.2008 (Az. 9 U 1913/08) wird ausgeführt, dass:
  • eine Nachfrist kürzer bemessen sein darf als die erste Frist und
  • eine Nachfrist von zweieinhalb Tagen gegenüber dem privaten Auftraggeber nicht unangemessen ist.

Übersicht weiterer Urteile zur Bauhandwerkersicherung

Aus den letzten Jahren sind weiter Entscheidungen hervorzuheben:
  • Mit einem Urteil vom 27. September 2007 (Az.: VII ZR 80/05) entschied der BGH, dass sich ein Bauunternehmen als Auftragnehmer gegenüber der Aufforderung des Auftraggebers zur Mängelbeseitigung wegen einer ausstehenden Sicherheit nicht auf sein Leistungsverweigerungsrecht berufen kann, wenn er zur Beseitigung dieser Mängel nicht bereit ist.
  • Im Urteil des OLG München vom 11. Juli 2017 (Az.: 9 U 2437/16) wird ausgeführt, dass sich der Haftungsumfang einer Sicherheit (Bürgschaft) aus dem Bürgschaftsvertrag ableitet, der regelmäßig in der Bürgschaftsurkunde niedergelegt ist. Darüber hinaus können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die dem Bürgen zumindest zur Zeit der Bürgschaftserklärung bekannt sind.
  • Das Bauunternehmen kann auch nach Kündigung des Bauvertrags eine Bauhandwerkersicherung verlangen. Nach Urteil des OLG München vom 2. April 2019 (Az.: 9 U 1683/18 Bau) ist die Höhe des zu sichernden Vergütungsanspruchs vom Bauunternehmen konkret und in nachvollziehbarer Weise darzulegen. Sofern die Vertragsparteien einen Detailpauschalvertrag auf Grundlage von Einheitspreisen (EP) vereinbart haben, kann der Bauunternehmer seine erbrachten Leistungen auch schlüssig nach EP einbeziehen und abrechnen.
  • Wird dem Bauunternehmer eine Bauhandwerkersicherung bestellt, dann ist der Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek seit 2018 nach § 650e (vorher § 648) im BGB ausgeschlossen. Der Auftragnehmer kann dem Bauunternehmer aber eine Sicherungshypothek anstelle einer Form der Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB stellen. Zu prüfen bliebe jedoch, ob beispielsweise dann die Sicherungshypothek überhaupt für die Sicherheit ausreichend ist. In einem Urteil des OLG Dresden vom 11. November 2020 (Az.: 1 und 722/20) wurde ausgeführt, dass „die Bestellung einer Sicherungshypothek „an rangbereiter Stelle“ kein ausreichendes Sicherungsmittel ist, wenn vorrangige Belastungen eine Absicherung ausschließen. Eine Sicherheit darf nicht durch vorrangige Belastungen, z. B. durch Grundpfandrechte, ausgeschlossen sein.
  • Der Bauunternehmer kann vom Auftraggeber eine Sicherheit für noch nicht gezahlte Vergütungen verlangen. Im Urteil des OLG Köln vom 17. Juni 2020 (Az.: 11 U 186/19) wird angeführt, dass der Anspruch eines Auftragnehmers auf Stellung der Bauhandwerkersicherung erst mit dem Sicherungsverlangen entsteht und nicht schon mit Abschluss des Bauvertrags. Demzufolge beginnt die Verjährung von 3 Jahren ebenfalls erstmals am Schluss desjenigen Jahres zu laufen, in dem der Auftragnehmer die Sicherung tatsächlich verlangt. Dies wurde auch in einem Urteil des BGH vom 25. März 2021 (Az.: VII ZR 94/20) bestätigt. Das jeweilige Schutzinteresse der Vertragsparteien spricht für die Annahme eines verhaltenen Anspruchs. Daraus folgernd muss ggf. der Bauherr auch noch während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens zu Vergütungsansprüchen damit rechnen, dass der Bauunternehmer eine Sicherheit für die noch ausstehende Vergütung verlangt.
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Der Bauprofessor erklärt:

Werklohn sichern mit der Bauhandwerkersicherung

Werklohn sichern mit Bauhandwerkersicherung
Bauunternehmer investieren viel bis zum Werklohnanspruch. Der Gesetzgeber gesteht ihnen „Anspruch auf Sicherheit“ zu. Wie hoch die „Bauhandwerkersicherung“ sein darf und zum Ausweg aus lästigen Bauverträgen wird, verrät Fachanwalt Roman Deppenkemper.
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