Steuern

Umsatzsteuer bei Teilleistungen

Die Teilbarkeit von Bauleistungen ist beispielsweise bei einer vorgesehenen Änderung eines Umsatzsteuersatzes von Bedeutung, die mit Vor- oder Nachteilen für die Beteiligten verbunden sein kann. Um:
  • einen höheren, vom Leistungsempfänger zu tragenden Steuersatz für Bauleistungen (als Werklieferungen oder Werkleistungen) zumindest teilweise zu vermeiden oder
  • die Ausführung der Bauleistungen in den Zeitraum des günstigeren Steuersatzes zum Vorteil des Leistungsempfängers vorzuziehen,
bliebe zunächst zu überprüfen, ob und inwieweit die gesamte Bauleistung einer Baumaßnahme wirtschaftlich abgrenzbar bzw. teilbar ist und dafür ein Entgelt gesondert vereinbart wurde.
Umsatzsteuer bei Teilleistungen
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Auf Grundlage des „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 29. Juni 2020 (in BGBl. I, S. 1512)“ gelten abgesenkte Umsatzsteuersätze befristet für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 von 16 % als allgemeiner Umsatzsteuersatz und ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von 5 %. Maßgebend für die Anwendung bei einer Baumaßnahme ist die erbrachte, d. h. ausgeführte Bauleistung (als Werklieferung oder Werkleistung). Anerkannt wird dabei auch die Abrechnung von Teilleistungen wie bereits auch bei vorangegangenen Steuersatzänderungen (vorher zum 1. Januar 2007 als Erhöhung).
Spezifische Aussagen bei der Umsatzsteuer zur Ausführung und Abrechnung von Teilleistungen, die vor dem 1. Juli 2020, während des 2. Halbjahres 2020 und ab 1. Januar 2021 erbracht werden, traf das Bundesministerium der Finanzen mit dem BMF-Schreiben zur „Umsatzsteuer – Befristete Absenkung zum 1. Juli 2020 vom 30. Juni 2020“, veröffentlicht im Bundessteuerblatt Teil I. Mit dem BMF-Schreiben vom 4. November 2020 wurde weiterhin zu Anwendungsfragen der befristeten Umsatzsteuersenkung Stellung genommen.
Danach werden zu einer „echten“ Teilleistung, für die vor dem 1. Juli 2020 noch der Steuersatz von 19 % heranzuziehen ist, nach Tz, 3.2.2, Rz. 22 im BMF-Schreiben vom 30. Juni 2020 folgende Voraussetzungen angeführt:
  1. Es muss sich um einen „wirtschaftlich abgrenzbaren Teil“ einer Werklieferung oder Werkleistung handeln. Geschuldet und bewirkt wird nicht die teilbare Leistung als Ganzes, sondern in Teilen. Diese Aussage deckt sich auch mit der vergleichbaren Vorgabe in § 12 Abs. 2 der VOB Teil B, wonach auf Verlangen „in sich abgeschlossene Teile der Leistung besonders abzunehmen“ sind.
  2. Die Teilleistung muss vor dem 1. Juli 2020 als
    • Werklieferung abgenommen (als Teilabnahme) und
    • Werkleistung vollendet oder beendet worden sein.
  3. Vor dem 1. Juli 2020 muss vereinbart worden sein, dass für die Teilleistung entsprechende Teilentgelte zu zahlen sind, z. B. als Teilschlussrechnung. Sofern für die Teilleistung keine Teilentgelte gesondert vereinbart wurden, muss die vertragliche Vereinbarung entsprechend geändert werden.
  4. Das Teilentgelt muss gesondert abgerechnet werden.
Der abgesenkte Steuersatz von 16 % gilt dann für Teilleistungen im Umkehrschluss, wenn:
  • die geschuldeten Teilleistungen zwischen 1. Juli und 31. Dezember 2020 als erbracht bzw. vollendet gelten sowie bei einer Werklieferung abgenommen wurden,
  • für die Teilleistungen bis zum 31. Dezember 2020 ein Teilentgelt vereinbart wurde und gesondert zu zahlen ist und
  • das Teilentgelt gesondert abgerechnet wird, wobei die Rechnungslegung auch mit einem Datum nach dem 31. Dezember 2020 erfolgen kann.
Dem Grunde nach besteht kein Anspruch des Bauherrn bzw. Auftraggebers auf Teilleistungen, besonders nicht vor einem bevorstehenden Wechsel des Umsatzsteuersatzes. Hierüber müssen sich die Vertragspartner einigen. Nur aus umsatzsteuerlichen Beweggründen lassen sich nicht Teilleistungen und deren gesonderte Abnahme ableiten. Hierzu bedarf es der schriftlich fixierten vertraglichen Regelung im Vorfeld, in der Regel bereits zum Vertragsabschluss der Baumaßnahme. Bauunternehmen sollten auch sorgfältig prüfen, ob sie Vereinbarungen zu abrechnungsfähigen Teilen eingehen, wenn die wirtschaftliche Teilbarkeit bei der Baumaßnahme nicht eindeutig ist. Eine rein steuerlich motivierte Bestimmung und vorgezogene Abnahme einer Teilleistung vor dem 1. Januar 2021 kann bei der Umsatzsteuer-Erhöhung zu Nachzahlungen führen.
Für die Teilbarkeit von Bauleistungen in abrechenbare Teilleistungen erfolgte im BMF-Schreiben vom 30. Juni 2020 keine gewerkebezogene oder bauspezifische Vorgabe, lediglich ein Verweis auf Abschnitt 13.4 im Umsatzsteuer- Anwendungserlass (UStAE). Zu vorherigen Änderungen der Umsatzsteuersätze (zuletzt zum 1. Januar 2007) wurden für die inhaltliche Abgrenzung durch die Finanzverwaltungen die Teilungsmaßstäbe auf Grundlage des BMF-Schreibens vom 28. Dezember 1970 herangezogen, im Detail dargestellt unter Teilbarkeit von Bauleistungen mit bauspezifischen Beispielen. Auszuschließen ist praktisch von vornherein die Absicht, ein mehrgeschossiges Wohngebäude nach Geschossen als wirtschaftlich abgrenzbare Teilleistungen anzusehen.
Im o. a. BMF-Schreiben vom 4. November 2020 wurden unter Tz. 13. Nr. 20 Aussagen zu Leistungen des Gerüstbaus getroffen. Danach ist Gerüstbau für einen bestimmten Zeitraum als eine „einheitliche“ Leistung anzusehen. Die Grundvorhaltung des Gerüsts als Hauptleistung schließt die Aufbau- und Abbauleistungen als Nebenleistungen mit ein, weil sie unmittelbar mit der Überlassung eines Gerüsts zwangsläufig zusammenhängen. Die „Gesamtleistung Gerüstbau“ kann aber auch in Teilleistungen nach den Leistungsbestandteilen Aufbau (Montage), Standzeit des Gerüsts und Abbau (Demontage) unter der Voraussetzung nach Nutzungszeiträumen aufgeteilt und als Teilleistungen vereinbart werden, wenn die einzelnen Leistungsbestandteile einzeln geschuldet und bewirkt werden. Sollten keine Teilleistungen vereinbart werden, gilt die Leistung dann erst mit dem Abbau als ausgeführt.
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