In der Bauwerksinstandsetzung gibt es seit Jahrzehnten die baupraktische Anwendung von elektrophysikalischen Verfahren, um ein Mauerwerk zu trocknen und zu entsalzen.
Bei der elektrophysikalischen Mauerwerkstrockenlegung soll die Bewegung des Wassers in den Poren von mineralischen Baustoffen durch Veränderungen von elektrischen Ladungen und Potenzialen in den Poren infolge des Anlegens einer elektrischen Spannung beeinflusst werden.
Das grundsätzliche Ziel ist, eine Bewegung des Wassers aus den Bauteilen in Richtung des Erdreiches zu erhalten bzw. die Wassertransporte in den Kapillaren so zu verringern, dass die Verdunstung des Wassers aus den Bauteilen größer ist. Daraus resultiert ein Abtrocknungsprozess in dem Bauteil.
Der in der Praxis am häufigsten angewendete Begriff für dieses Wirkprinzip ist die Elektroosmose. Die Elektroosmose ist seit 1809 bekannt und naturwissenschaftlich bewiesen.
Allerdings tritt die Elektroosmose nie isoliert von der Elektrophorese, dem Strömungspotenzial und dem Sedimentationspotenzial in einem Mauerwerk auf. Daher ist das Wirkprinzip der im Handel erhältlichen Anlagen und Systeme eigentlich richtigerweise als elektrokinetische Mauerwerkstrockenlegung zu bezeichnen. Baupraktisch hat sich die Benennung „Elektroosmose“ für die handelsüblichen Anlagen durchgesetzt.
Die Anlagen mit elektroosmotischen Wirkprinzipien unterscheiden sich in aktive und passive Verfahren.
Passive Mauerwerkstrockenlegung mittels Elektroosmose
Bei der elektroosmotischen passiven Mauerwerkstrockenlegung werden Elektroden in verschiedener Höhe in das Mauerwerk eingebaut. Durch das Kurzschließen dieser Elektroden in den verschiedenen Mauerwerksebenen wird eine Umkehrung der Vorzeichen des Potenzialgefälles innerhalb des kurzgeschlossenen Bereiches erzeugt.
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Diese Methode der Mauerwerkstrockenlegung ist wissenschaftlich unbestritten. Allerdings setzen sich diese Anlagen durch ihre Funktion in einem relativ kurzen Zeitraum selber außer Betrieb. Aus diesem Grund werden die Anlagen seit ca. 1985 nicht mehr in der Bausanierung angewendet und weiterentwickelt.
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Das wirksame Potenzialgefälle bei den passiven Anlagen beträgt, abhängig vom vorhandenen Potenzial in der betreffenden Mauer, bis zu einigen Hundert Millivolt. Wenn eine Fremdspannung an das Mauerwerk angelegt wird, verstärkt sich die elektroosmotische Wirkung des Wassertransportes zum negativen Pol.
Aktive Mauerwerkstrockenlegung mittels Elektroosmose
Bei der elektroosmotischen aktiven Mauerwerkstrockenlegung wird über in das Mauerwerk eingebaute Elektroden eine Fremdspannung von außen an die Mauer angelegt. Diese Anlagen mit dem elektroosmotischen Wirkprinzip sind in der österreichischen Norm für Mauerwerkstrockenlegung (Önorm 3350) beschrieben. In Deutschland gibt es hierzu weder eine DIN-Norm noch ein WTA-Merkblatt (Ersatz für DIN-Normen), worin diese Anlagen und ihre Randbedingungen für einen erfolgversprechenden Einsatz beschrieben sind.
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Für die Trockenlegung eines Baugrundes ist dieses Verfahren heute noch erfolgreich in der Anwendung. Für die Mauerwerkstrockenlegung hingegen wird unter Fachleuten aus Wissenschaft und Baupraxis immer noch lebhaft über die Einsatzgrenzen diskutiert. Ein allgemeingültiger Nachweis, dass die derzeit im Handel erhältlichen Anlagen erfolgversprechend eingesetzt werden können, ist nicht vorhanden. Daher und weil die Einsatzrandbedingungen noch unbekannt sind, ist der Einbau dieser Anlagen mit einem Versagensrisiko verbunden. Zudem ist überhaupt ein Abtrocknungseffekt nur bis zu einem bestimmten Grad möglich. Die jeweilige Ausgleichsfeuchte des Mauerwerkes kann selten erreicht werden.
Abgrenzung elektroosmotischer Anlagen
Die elektroosmotischen Anlagen, bei denen eine elektrische Spannung im Mauerwerk über eingebaute Elektroden erzeugt wird, sind nicht mit den paraphysikalischen Anlagen zu verwechseln, welche durch elektromagnetische oder wissenschaftlich unbekannte Strahlung ein Mauerwerk trockenlegen sollen.