Feuchtigkeit im Mauerwerk kann Schäden verursachen. Eine wirksame Abdichtung schützt vor flüssigem und gasförmigem Wasser. Welche Abdichtungstechniken zuverlässig sind und welche nicht, erläutert der Sachverständige für Mauerwerkstrockenlegung Dipl.-Ing. Jürgen Weber.
Bauwerksabdichtung für ein trockenes Raumklima
Ein trockenes Raumklima ist nur erreichbar, wenn die erdberührten Bauteile ausreichend gegen flüssiges und gasförmiges Wasser abgedichtet sind. Die Auswirkung von gasförmigen Wassertransportmechanismen durch Bauteile auf das Raumklima wird oft unterschätzt.
Während Materialien wie Glas oder Metall kein Wasser aufnehmen und somit wasserundurchlässig sind, besitzen mineralische Baustoffe ein Porensystem, das flüssiges und gasförmiges Wasser aufnimmt und weiterleitet. Um dies zu verhindern, muss entweder das Porensystem innerhalb der Wand unterbrochen oder die Oberfläche des Bauteils verschlossen werden.
Der Umfang und die Art und Weise der Bauwerksabdichtung von mineralischen Bauteilen hängen ab von:
- Nutzung der angrenzenden Räume,
- Beschaffenheit des Baugrunds und
- vorhandene Wassereinwirkung.

Nachträgliche Horizontalsperre im mechanischen Sägeverfahren.
Bild: © Jürgen Weber
Horizontalsperre und Vertikalabdichtung
Bei der Bauwerksabdichtung wird in Horizontalabdichtung und Vertikalabdichtung unterschieden. Die Planung und Ausführung einer Vertikalabdichtung kann bei der Altbausanierung nach DIN 18533 erfolgen, wenn die verwendeten Materialien und die entsprechende Technologie in der Norm benannt sind. Die Horizontalabdichtung ist eine im Mauerwerk eingebrachte, horizontal verlaufende Sperrschicht, welche einen kapillaren Wassertransport von den unteren Mauerwerksabschnitten in höhere Mauerwerksbereiche sowie in den Bauteilquerschnitt verhindert. Die im Einzelfall möglichen Verfahren sind:
Die nachträgliche Horizontalabdichtung muss gemäß den WTA-Merkblättern 4-6, 4-7 und 4-10 geplant und umgesetzt werden, da es dafür keine DIN-Norm in Deutschland gibt und auch künftig nicht geben wird. Die DIN 18533 ist nur bei der Planung und Ausführung von Horizontalsperren im Neubau anwendbar.
In Österreich regelt die ÖNORM B 3355 diese Maßnahme auch für Bestandsgebäude. Soll sie in Deutschland angewendet werden, muss dies ausdrücklich rechtsverbindlich vereinbart werden.
Mögliche Verfahren für die nachträgliche Horizontalsperre:

Bild: © f:data GmbH, angelehnt an: Weber (Hrsg.), Bauwerksabdichtung in der Altbausanierung 5. Aufl., Springer Vieweg, 2018
Die verschiedenen Verfahren zur Horizontalsperre unterscheiden sich in ihrer Erfolgsquote und Qualität.
Neben den genannten, wissenschaftlich anerkannten Methoden gibt es weitere Verfahren zur Mauerwerksentfeuchtung, die entweder keine signifikanten und dauerhaften Erfolge aufweisen oder noch keine allgemeine wissenschaftliche Anerkennung haben, z. B.:
Die Anwendungshäufigkeit in der Praxis lässt eine grobe Einteilung der Verfahren erkennen.
Einteilung der Verfahren nach ihrer Häufigkeit in der Baupraxis:

Bild: © f:data GmbH
Mechanische Verfahren
Die vier mechanischen Verfahren zur Herstellung einer nachträglichen Horizontalsperre nach allgemein anerkannten Regeln der Technik sind folgende:
- Mauerwerksaustausch,
- Mauersäge- und Schneidverfahren,
- Rammverfahren oder
- Kernbohrverfahren.
Die Verfahren können bei aufsteigender kapillarer Feuchte bei Ziegel- und Natursteinmauerwerk eingesetzt werden. Sie sind nach dem WTA-Merkblatt 4-7 zu planen und auszuführen. „Die mechanischen Verfahren sind jedem anderen Trockenlegungsverfahren vorzuziehen, da das Versagensrisiko am geringsten ist. Allerdings muss auf der Grundlage der baulichen Randbedingungen das jeweilige mechanische Verfahren ausgewählt werden.“ Mechanische Verfahren der Horizontalsperre im Überblick:
Verfahren | Vorteile | Nachteile |
Austausch des Mauerwerks | ✔ | Verbesserung der statischen Gegebenheiten. | ✔ | Zuverlässiges Verfahren. | ✔ | Entfernung von feuchte- und salzbelastetem Mauerwerk. |
| ✗ | Gefahr der Rissbildung durch Setzung. | ✗ | Kosten- und Zeitaufwand sehr hoch. | ✗ | Handwerklich anspruchsvoll. |
|
Mauerwerkssäge- und Schneidverfahren | ✔ | Zuverlässiges Verfahren. | ✔ | Fachgerechter Einbau leicht visuell kontrollierbar. |
| ✗ | Aus statischen Gründen nur begrenzt einsetzbar. | ✗ | Rissbildungen durch Erschütterung möglich. |
|
Rammverfahren | ✔ | Zuverlässiges Verfahren. | ✔ | Keine Unterbrechung des Kraftschlusses. |
| ✗ | Aus statischen Gründen nur begrenzt einsetzbar. | ✗ | Rissbildungen durch Erschütterung möglich. |
|
Kernbohrung | ✔ | Universell und zuverlässig verwendbares Verfahren. | ✔ | Verfahren ohne Erschütterungen. |
| ✗ | Zusätzliche Belastung durch Wasser im Bauteil. | ✗ | Sehr hoher Kosten- und Zeitaufwand. |
|
Tabelle 1: Mechanische Verfahren der Horizontalsperre.
Quelle: Weber (Hrsg.), „Bauwerksabdichtung in der Altbausanierung“ (5. Auflage), Springer Vieweg, 2018.
Injektionsverfahren
Die Injektionsverfahren weisen nach baupraktischen Erfahrungen noch immer eine hohe Versagensquote auf und sind umstritten. Dies liegt weniger an den Wirkmechanismen der Injektionsstoffe, da diese nach standardisierten Prüfverfahren in ihrer Wirksamkeit überprüft werden können. Es sollten ohnehin nur Injektionsstoffe verwendet werden, die ein Prüfzertifikat vorweisen können.
Die bis zu 40%ige Versagensanfälligkeit hat u. a. fünf Gründe:
Die tatsächlichen Randbedingungen (u. a. Durchfeuchtungsgrad oder Salzgehalt) werden nicht beachtet, da nur in wenigen Fällen eine ausreichende Voruntersuchung nach den Forderungen des WTA-Merkblattes 4-10 (Stand 2024) am abzudichtenden Bauteil erfolgt. Dadurch können die Injektionsstoffe nicht passend zum Einzelfall ausgewählt werden, was die Erfolgschancen unvorhersehbar macht.
Ein Sanierungskonzept und eine Ausführungsplanung durch einen Sachkundigen werden nicht oder im ungenügenden Maße erstellt.
Die Einsatzmöglichkeiten der Injektionsstoffe werden überschätzt, und die mangelnde fachgerechte Ausführung führt zu einer hohen Versagensrate.
Das Injektionsverfahren wird nicht von ausgebildeten Fachwerkern durchgeführt.
Eine Bauüberwachung erfolgt nicht oder nur in unzureichendem Maße.
Elektrophysikalische Verfahren
Die elektrophysikalischen Verfahren zur Herstellung einer nachträglichen Horizontalsperre gehören zum Stand der Wissenschaft und sind nicht Stand der Technik. Sie basieren auf den Grundprinzipien der Elektrokinese, wozu die Elektroosmose nach Prof. Reuss (1809) als Teilgebiet gehört. In der Bauwerksentfeuchtung sind die zugrunde liegenden Wirkprinzipien hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten noch nicht ausreichend erprobt bzw. erforscht. Aufgrund der geringen wissenschaftlichen Aufarbeitung neutraler Institute in Bezug auf die Zielfunktion der Mauerwerksentfeuchtung sorgen sie immer wieder für konträre wissenschaftliche Diskussionen.
„Diese Verfahren sollten im Einzelfall bei aufsteigender kapillarer Feuchte bei Ziegel- und Natursteinmauerwerk eingesetzt werden, wenn kein anderes Verfahren (mechanisches Verfahren oder Injektionsverfahren) einsetzbar ist. Bei der Planung und Ausführung von Anlagen nach dem Wirkprinzip der Elektrokinese sollte immer ein neutrales Ingenieur- und Sachverständigenbüro die Wirkungsweise beurteilen.“ Die elektrophysikalischen Verfahren sind mehr praxisorientiert als durch wissenschaftlich anerkannte Theorien begründbar.
Sie untergliedern sich in zwei völlig unterschiedliche Teilgebiete, wie das:
Zu den passiven und aktiven elektrophysikalischen Verfahren existieren parallel paraphysikalische Verfahren, die sich zwar immer auf die Elektrophysik berufen, aber nicht oder nur äußerst bedingt mit der wissenschaftlich anerkannten Lehrmeinung in Zusammenhang gebracht werden können.
Elektrophysikalische Verfahren der Horizontalsperre:
Verfahren | Vorteile | Nachteile |
Passive Verfahren | ✔ | Keine Probleme der Stabilität. | ✔ | Technisch und bauphysikalisch bekanntes System. |
| ✗ | Nur sehr kurzzeitige Erfolgsaussichten. | ✗ | In der Praxis kein bewährtes System. |
|
Aktive Verfahren | ✔ | Keine Beeinflussung der Stabilität. | ✔ | Nur geringe bauliche Eingriffe. |
| ✗ | Geringe Erfolgsaussichten. | ✗ | Physikalische Randbedingungen für die Intaktheit noch relativ unbekannt. | ✗ | Hoher und ständiger Aufwand für Wartung. |
|
Tabelle 2: Elektrophysikalische Verfahren der Horizontalsperre.
Quelle: Weber (Hrsg.), „Bauwerksabdichtung in der Altbausanierung“ (5. Auflage), Springer Vieweg, 2018.
Physikalische Verfahren
In der Mauerwerksentfeuchtung wurden physikalisch wirkende thermische und lüftungstechnische Verfahren zum Einsatz gebracht. Es handelt sich um sehr umstrittene Methoden in Bezug auf die langjährige Wirkung. Diese rein physikalischen Verfahren der Mauerwerkstrockenlegung nach Stand der Wissenschaft sind eher der Mauerwerksentfeuchtung zuzuordnen.
Paraphysikalische Verfahren
In der Bausanierung werden oft Entfeuchtungsverfahren eingesetzt, die seit Jahrzehnten Geräte verwenden, die eine Mauerwerksentfeuchtung versprechen, obwohl es dafür keine wissenschaftlich anerkannten Theorien gibt. Deshalb werden diese Geräte in der Praxis oft auch „Zauberkästchen“ genannt.
Die aktuell im Handel verfügbaren Entfeuchtungsgeräte und -anlagen mit paraphysikalischem Hintergrund werden eingeteilt in passive und aktive Geräte bzw. Anlagen.
Passive Geräte sind solche, die laut Herstellerangaben Erdstrahlen, unbewiesene Wirbel oder gravomagnetische bzw. gravokinetische Strahlen ablenken, umlenken oder neutralisieren sollen. Durch die Beeinflussung dieser Kräfte soll eine Austrocknung des Bauteiles erfolgen. Ein wissenschaftlicher Nachweis über die Wirkprinzipien und Erfolgsaussichten existiert nicht.
Aktive Geräte erzeugen gepulste und ungepulste hertzsche Wellen in verschiedenen Frequenzen, die das Bestandsmauerwerk entfeuchten sollen. Eine wissenschaftlich anerkannte Erklärung dafür steht noch aus, und die genauen Einsatzbedingungen für einen erfolgreichen Einsatz des Geräts sind derzeit unklar.
„Die aktuellen Geräte und Anlagen entsprechen weder dem Stand der Technik noch der anerkannten Wissenschaft, da die unbewiesenen Theorien im Widerspruch zur Physik stehen. Sie können bezüglich der Wirkprinzipien höchstens als Grundlagenforschung eingestuft werden.“