Was ist eine Werkstoffnummer?
Werkstoffnummern sollen die Werkstoffe, aus denen Fertigprodukte wie Maschinen, Werkzeuge, Bauwerke u. a. hergestellt werden, eindeutig benennen. Dabei werden mit der Nummerierung die Werkstoffeigenschaften abgebildet und in eine Ordnung gebracht. Diese Eigenschaften lassen sich unterteilen in mechanische, physikalische, chemische, technologische und umweltrelevante Eigenschaften. Was zählt alles zu den Werkstoffen?
Werkstoffe entstehen nachdem Naturstoffe durch menschliche Arbeit (Fördern von Erdöl, Abbau von Erzen, Sand, Stein) in Rohstoffe umgewandelt und diese Rohstoffe in einem Produktionsprozess in Werkstoffe verändert werden. Dabei werden natürliche Werkstoffe und künstliche Werkstoffe unterschieden. Natürliche Werkstoffe haben eine ähnliche Zusammensetzung, wie die Rohstoffe wurden aber aufbereitet oder bearbeitet. Beispiele sind Balken aus Holz, Platten aus Marmor oder Bleistiftminen aus Grafit. Künstliche Werkstoffe sind dagegen die, die durch eine chemische Reaktion aus den Rohstoffen erzeugt wurden. So wird z. B. dem in der Natur vorkommenden Eisenerz der Sauerstoff entzogen, um den Werkstoff Eisen zu gewinnen. Erdöl und Erdgas werden zu Kunststoffen wie Polyvinylchlorid (PVC) oder Polyurethan (PU) synthetisiert. Aus Ton werden mit Zuschlagstoffen und Wasser gemischt Keramiken gebrannt.
Werkstoffeigenschaften in Werkstoffnummern dargestellt
Die Werkstoffeigenschaften bestimmen die Einsatzmöglichkeiten der Werkstoffe in den Fertigprodukten. Dabei ist jeder Werkstoff das Ergebnis aus einer Kombination verschiedener Eigenschaften. Dieser spezielle Eigenschaftenmix wird in der Werkstoffnummer eindeutig abgebildet.
Wie bereits beschrieben, gibt es mechanische, physikalische, chemische, technologische und umweltrelevante Werkstoffeigenschaften.
Zu den mechanischen Eigenschaften zählt z. B. wie fest ein Werkstoff ist, wobei die statische Festigkeit, die Warmfestigkeit und die Schwingfestigkeit unterschieden werden, ob ein Werkstoff verformbar ist, wie hart er ist und wie zäh. Die Festigkeit von Werkstoffen stellt sich im Widerstand gegen seine äußere Formänderung dar. Dabei werden je nach Belastung verschiedene Festigkeitswerte, wie Zug-, Druck-, Scher-, Biege-, Torsions- oder Knickfestigkeit unterschieden. Die Verformbarkeit eines Werkstoffes kann z. B. eine wichtige Eigenschaft sein, wenn der Werkstoff im Herstellungsprozess zum Produkt noch weiter verformt werden soll. Angegeben wird das als Dehnbarkeit. Unterschieden wird in plastische (bleibende) elastische (nicht bleibende) Verformung. Die Härte gibt an, wie groß der Widerstand des Werkstoffs gegen das Eindringen eines Körpers aus härterem Material ist. Ob ein Werkstoff bei Krafteinwirkung schnell zerstört wird, oder vor der Zerstörung noch erhebliche Formveränderungen vollzieht (z. B. Blei), wird mit der Zähigkeit ausgedrückt. Nicht zäh, sondern besonders spröde ist z. B. Glas, das bei Krafteinwirkung bricht.
Pysikalische Eigenschaften drücken z. B. aus, wie hoch die Dichte eines Werkstoffs ist, ob er Wärme oder elektrischen Strom leiten kann, oder welche optischen Eigenschaften er hat.
Über die chemischen Eigenschaften von Werkstoffen kann man erfahren, ob der Werkstoff korrodiert, wie hitzebeständig er ist oder wann er entflammt.
Bei den technologischen Eigenschaften geht es darum, wie ein Werkstoff im Produktionsprozess zum Fertigprodukt weiterverarbeitet werden kann. Technologische Eigenschaften sind u. a, ob ein Werkstoff gießbar, umformbar, schweißbar, härtbar oder zerspanbar ist.
Umweltrelevante Eigenschaften, befassen sich damit, wie ein Werkstoff nach seinem Rückbau einzustufen ist. Ist er z. B. recycelbar oder toxisch. Man kann so schon langfristig entscheiden, ob ein Werkstoff erneut eingesetzt werden kann, oder ob evtl. für ihn eine besondere Entsorgung und Lagerung nach der Nutzung des herzustellenden Produkts anfällt.
Aufbau von Werkstoffnummern am Beispiel Stahl
Die Werkstoffnummer setzt sich zusammen aus:
Nach der Hauptgruppe wird ein Punkt gesetzt, sodass die Werkstoffnummern folgende Struktur haben:
X.YYZZ(ZZ)(AB)
Die Werkstoffhauptgruppe X sagt aus, ob der Werkstoff metallisch ist oder nichtmetallisch. Die metallischen Werkstoffnummern erhalten in der Werkstoffhauptgruppe eine 0 für Gusseisen, Roheisensorten und Ferrolegierungen, eine 1 für Stahl, eine 2 für Nichteisen-Schwermetalle, eine 3 für Nichteisen-Leichtmetalle eine 4 für Pulvermetalle und Sinterwerkstoffe, nichtmetallische Werkstoffe wie Keramik und Kunststoffe werden mit 5, 6, 7 oder 8 nummeriert.
Besonders für die metallischen Werkstoffe werden die Werkstoffnummern angewandt, denn es gibt sehr viele verschiedene metallische Werkstoffe mit unterschiedlichsten Eigenschaften, aus denen auch ganz spezielle Einsatzgebiete resultieren. Das rührt daher, dass z. B. bei Stahl neben der Legierung mit Kohlenstoff, eine große Zahl unterschiedlicher Übergangsmetalle in verschiedenen Zusammensetzungen zu Stahllegierungen verwendet wurden und werden, sodass die enorme Stahlsortenvielfalt entstand und auch immer weiterwächst.
Die Sortennummern YY geben in der Hauptgruppe 0 (Roh- und Gusseisen) als Ziffer 2 und 3 z. B. an, ob es sich um Temperguss, Roheisen oder Gusseisen mit Kugelgrafit handelt.
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In der Hauptgruppe 1 (Stahl), folgen als YY die Stahlsorten. Diese Ziffern informieren über zusätzliche Eigenschaften des Stahls, wie den Kohlenstoffgehalt sowie die zusätzlichen Legierungen mit z. B. Chrom, Titan, Mangan, Molybdän, Cobalt, Vanadium, Nickel, Wolfram oder Niob. Die Stahlgruppe sagt zudem aus, ob es sich bei diesem Stahl um Baustahl, Werkzeugstahl, Behälterstahl oder Wälzlagerstahl handelt und welche besonderen Eigenschaften der Stahl bezüglich Korrosion sowie Hitze, Beständigkeit gegenüber chemischen Substanzen hat (chemische Eigenschaften) und ob er magnetisch (physikalische Eigenschaft) ist.
Danach folgen in der Werkstoffnummer die Zählnummern (ZZ), diese sind nötig, um Werkstoffe zu unterscheiden, die zur gleichen Stahlgruppe gehören. Sie beinhalten aber keine Informationen über die Eigenschaften des Werkstoffs. Nach der aktuellen Normierung können die Zählnummern auf vier Stellen (ZZZZ) erweitert werden, wenn die Ziffernfolge 99 erreicht wurde, um weitere Sorten nummerieren zu können. Dies war notwendig, da in der jüngeren Vergangenheit viele neue Stahlsorten hinzugekommen sind.
An sechster Stelle (A) folgt bei den Werkstoffnummern für Stahl, das Stahlgewinnungsverfahren. So steht hier die 1 z. B. für unberuhigten Thomasstahl, die 6 für beruhigten Siemens-Martin-Stahl und die 9 für Elektrostahl. Bei der Nummerierung von Nichteisen-Werkstoffen steht an Stelle 6 der Werkstoffnummer die Zustandsgruppe. Sie sagt aus, ob der Werkstoff z. B. 0 = unbehandelt, 3 = kaltverfestigt oder 7 = warmausgehärtet, kalt nachgearbeitet ist.
An letzter Stelle (B) folgt bei der Nummerierung der Stahlsorten der Behandlungszustand. Dabei steht die 1 z. B. für normalgeglüht, die 3 für wärmebehandelt und die 8 für federhart kaltverfestigt.
Beispiel einer Stahl-Werkstoffnummer
Ein Beispiel einer bekannten Werkstoffnummer in der Stahlbranche, ist die des ersten nichtrostenden Stahls:
Bild: © f:data GmbH
Die Ziffern für das Stahlgewinnungsverfahren und den Behandlungszustand fehlen in diesem Beispiel. Sie werden in der Praxis auch oft nicht mit aufgeführt.