Die Vertragsstrafe ist im Bauwesen ein gängiges Mittel des Auftraggebers, um den Auftragnehmer unter Druck zu setzen, damit er die Leistung rechtzeitig erfüllt. Im folgenden Beitrag erörtert die Juristin Jennifer Simon, welche Anforderungen an eine Vertragsstrafe zu stellen sind, wann diese unwirksam ist und wie mit so einer trickreichen Klausel umzugehen ist.
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Der Sinn einer Vertragsstrafe ist es, den Vertragspartner von Vertragsverletzungen abzuhalten. Gerade im Baurecht ist die Vertragsstrafe ein gern genutztes Mittel, um den Auftragnehmer anzuhalten, die Arbeiten pünktlich fertigzustellen. Stellt der Auftragnehmer die Arbeiten nicht pünktlich fertig, muss er nämlich zahlen – häufig 3 - 5 % der Auftragssumme! Das ist schon ein beträchtlicher Teil der kalkulierten Marge. Es lohnt sich also, die Klausel genauer auf die Wirksamkeit zu überprüfen.
Darauf sollten Auftragnehmer achten
Nicht selten wird der sog. „Tagessatz“ in einer Vertragsstrafenklausel zu hoch bemessen. Regelmäßig wird der Tagessatz in Prozent (häufig 0,3 - 0,5 % / Tag) vom Auftragsvolumen berechnet. Wenn die gewählte Höhe des Tagessatzes dazu führt, dass bereits nach wenigen Tagen die Maximalstrafe erreicht ist, ist die Vertragsstrafe erfahrungsgemäß unwirksam. In der Regel unwirksam sind Vertragsstrafen mit Tagessätzen von 0,6 % des Auftragsvolumens. Eine Vertragsstrafenklausel ist auch dann unwirksam, wenn die Maximalstrafe zu hoch gewählt ist. Grundsätzlich unwirksam sind Vertragsstrafen von 10 % des Auftragsvolumens. Eine Vertragsstrafe von 5 % des Auftragsvolumens ist nach aktueller Rechtsprechung hingegen durchaus noch rechtmäßig.
Ferner muss die Vertragsstrafe klar und verständlich formuliert sein (sog. Bestimmtheit). Insbesondere muss die Höhe der Vertragsstrafe angegeben werden. Ist sie nicht angegeben, ist eine Vertragsstrafe gem. §§ 307, 309 Nr. 6 BGB unwirksam.
Vertragsstrafe abwenden
Wenn eine Vertragsstrafe wirksam vereinbart ist, kann der Auftragnehmer bei der Überschreitung einer Fertigstellungsfrist der Strafe nur noch entgehen, indem er die Fristüberschreitung rechtlich „entschuldigt“ (sog. Exkulpation). Klassischer Fall wäre das nicht rechtzeitig fertiggestellte Vorgewerk, aufgrund dessen der Auftragnehmer schon nicht rechtzeitig anfangen konnte zu arbeiten. (In diesem Fall ist jedoch auf eine Behinderungsanzeige an den Auftraggeber zu achten!) Aber auch schlechte Witterungsverhältnisse, mit denen bei Abschluss des Vertrages nicht gerechnet werden konnte oder weitere Nachträge des Auftraggebers können dazu führen, dass das Bauwerk nicht rechtzeitig fertig wird. Auch hier muss der Auftragnehmer zeigen, dass er keine Schuld an der Verzögerung hat. Diese „Entschuldigung“ gelingt jedoch nur durch eine sorgfältige Dokumentation – sei es durch Schriftstücke, E-Mails oder sonstiger Korrespondenz. Wenn der Auftragnehmer feststellt, dass er nicht pünktlich mit den Arbeiten fertig wird, heißt es: Verzögerungsgründe aufschreiben, alles sauber dokumentieren und dem Auftraggeber die Bauzeitverzögerung sofort melden. Denn sonst kann dieser sich darauf berufen, der Auftragnehmer habe ihm die Verzögerung nicht richtig angezeigt und hafte deshalb trotz der Verzögerung.