04.10.2013 | HOAI

Vom Planer zum Unternehmer

Vom Planer zum Unternehmer
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Der Berufsalltag von Architekten und Ingenieuren hat sich in Folge des technischen Fortschritts und der Rechtsprechung nachhaltig gewandelt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Berufsbilder, Personalstruktur und Ausbildung verursacht. Nun vollzieht sich ein weiterer Wandel, der die bisherigen Privilegien des Honorarrechts reduziert und den Planer vor neue unternehmerische Herausforderungen stellt.
2009 wurde mit der 6. Novelle der HOAI eine Entwicklung eingeleitet, welche die Pflichten aus dem Werkvertragsrecht beibehält aber weite Teile der Architekten- und Ingenieurleistungen unter Vertragsfreiheit stellt. Zudem wurde die Kostenberechnung als Honorargrundlage festgelegt. Der Automatismus, dass die festgestellten Kosten zu Anpassungen von Honoraransprüchen und damit ggf. zu einer Vergütung von Mehraufwendungen führen, wurde abgeschafft.
Mit der HOAI 2013 wurde diese Tendenz des Preisrechtes weiter fortgeschrieben und verschärft. Auch blieben die Beratungsleistungen in der nicht verbindlichen Anlage 1 zur freien Vereinbarung geregelt und deren Beauftragung ist explizit schriftlich zu vereinbaren.

Auswirkung der 06. und 07. Novellierung der HOAI auf die Vertragsgestaltung

Zur Sicherung der Honoraransprüche ist heute eine wesentlich höhere Qualität in die Vertragsgestaltung und deren Grundlagen zu legen. Die Dokumentation der Kostenberechnung muss gewährleisten, dass nachvollziehbar ist welche Aufgabenstellung und Qualitäten dieser zugrunde liegen. Nur so können Änderungen am Leistungsumfang auch zur Anpassung der anrechenbaren Baukosten führen.
Die erforderliche Schriftlichkeit für alle Leistungen erfordert ein frühzeitiges Agieren des Auftragnehmers und stellt die eingeübten Verhaltensweisen in der Branche völlig auf den Kopf. Früher wurde häufig mit der Projektarbeit begonnen und nach der ersten Unterschrift des Bauherrn auf Grundlage der HOAI eine erste Honorarforderung geltend gemacht. Nun ist es zwingend nötig zu Beginn des Auftrages aktiv mit dem Auftraggeber zu verhandeln und damit die Leistungen, wenn auch zu einem hohen Anteil im Rahmen des Preisrechtes der HOAI, zu vereinbaren, sprich zu verkaufen. Es ist festzustellen, dass sehr viele Architekten und Ingenieure sich hiermit schwer tun.
Hierbei unterstützt zum Beispiel der kostenlose EXCEL Honorarkoffer, der im Rahmen einer Zusammenarbeit der wiko Bausoftware GmbH Freiburg mit der Arbeitsgruppe Bürokosten und Honorare der Architektenkammer Baden-Württembergentstanden ist.

Die neuen Herausforderungen in der Projektsteuerung

Früher schuldete der verantwortliche Planer im Wesentlichen vier „statische“ Stufen der Kostenplanung. Spätestens die HOAI 2013 fordert nun eine völlig neue Qualität der Kosten- und auch Terminsteuerung.
In Anlage 10 zu §34 Absatz 1 und §35 Absatz 6 sind diese Erfordernisse zu erkennen. So wird in der Leistungsphase 2 nicht mehr nur eine Kostenschätzung nach DIN 276 gefordert, sondern auch deren Abgleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen. In der Leistungsphase 6 wird eine „Kostenkontrolle durch Vergleich der vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnisse mit der Kostenberechnung“ gefordert. Schon mit der 6. Novelle der HOAI wird zudem in Leistungsphase 8 eine „Kostenkontrolle durch Überprüfen der Leistungsabrechnung der bauausführenden Unternehmen im Vergleich zu den Vertragspreisen und dem Kostenanschlag“ gefordert, in der 7. Novelle wurden die Anforderungen weiter präzisiert.
Auch zur Sicherung eigener Honoraransprüche empfiehlt es sich dringend, zwei Instrumente der Projektsteuerung einzuführen und konsequent zu nutzen.
Die Gegenüberstellung der Rechnungsprüfung zu den Auftragssummen einschließlich Nachträgen erfolgt im Rahmen eines Baukostencontrollings. Alle Vertragswerte und Nachträge werden hier nachvollziehbar fortgeschrieben und dem Budget gegenübergestellt. Eine integrierte Baubuchhaltung ermöglicht die Rechnungsprüfung auf Vertragsebene und eine stete Kostenprognose. Multiple Kontierungen ermöglichen zu jedem Zeitpunkt die Erstellung von Kostennachweisen nach unterschiedlichen Kriterien. So kann auch ausgewiesen werden, welche durch den Bauherrn verursachten Änderungen zu einer Fortschreibung der Kostenberechnung und damit der anrechenbaren Baukosten führen.
Eine große Anzahl von Planungsbüros bemisst den Anteil nicht vergüteter Leistungen oft zwischen 25% und 40% der Gesamtleistung. Ist die Vertragslage sorgfältig dokumentiert, hilft ein aktives Nachtragsmanagement diesen Anteil zu verringern. Eine Reduktion um nur 5% entspricht in der Regel einer Verdoppelung bis Verdreifachung des Bürogewinns. Ein solches Nachtragsmanagement sollte direkt in das interne Projektcontrolling und Vertragswesen integriert sein. Projektleiter und Mitarbeiter müssen erkennen, ob die geforderten Leistungen auch beauftragt sind. So können frühzeitig Aufzeichnungen erfolgen und Honoraransprüche geltend gemacht werden. Die zusätzlichen Honorarpotenziale des Büros werden aufgezeigt, die Verfolgung der Nachträge nun organisiert und dokumentiert werden.

Auch ein Umdenken bei den Bauherren ist nötig

Die jüngsten Entwicklungen der HOAI erfordern auch ein Umdenken beim Bauherrn. Die Auftraggeber müssen akzeptieren, dass weite Teile der Planungs- und Beratungsleistungen nicht mehr im Rahmen eines gesetzlich geregelten Honorars für Grundleistungen abgegolten sind.
Transparenz und Augenmaß ist gefordert, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Nur über faire Vereinbarungen kann schlussendlich der Erfolg des Bauprojektes sichergestellt werden. Aktuelle Erfahrungen zeigen, dass sowohl bei privaten wie auch bei öffentlichen Auftraggebern hierfür sehr unterschiedliche Akzeptanz anzutreffen ist.

Harmonisierung der EU Gesetzgebung

Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Harmonisierung der EU Gesetzgebung die HOAI als Regelwerk weiter in Richtung individueller Vertragsfreiheit geöffnet wird. Eine gute Organisation und geeignete Geschäftslösungen müssen Erfahrungswerte und Kalkulationsgrundlagen bereithalten und den Vertrieb von Planungsleistungen unterstützen. Nur Planer welche auch die unternehmerischen Management- und Verkaufsqualitäten entwickeln, werden langfristig im Wettbewerb bestehen können.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Dipl. Betriebswirt (FH) Rainer Trendelenburg, wiko Bausoftware GmbH, Freiburg, www.wiko.de
Bauprofessor-Redaktion
Dieser Beitrag wurde von unserer Bauprofessor-Redaktion erstellt. Für die Inhalte auf bauprofessor.de arbeitet unsere Redaktion jeden Tag mit Leidenschaft.
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