Buchhaltung / Rechnungswesen

Finanzvolumen mit Leverage-Effekt

Langfristig wird ein Bauunternehmen seine Gewinnerwirtschaftung auf eine maximale Eigenkapitalrentabilität ausrichten. Einfluss darauf nimmt der Verschuldungsgrad, d. h. das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital.
Unter Leverage-Effekt wird verstanden, dass die Eigenkapitalrentabilität mit wachsender Verschuldung nur solange steigt, wie eine positive Differenz zwischen Rendite der zusätzlich durchgeführten Investitionen und dem Fremdkapitaleinsatz besteht.
Von Interesse ist der Effekt für die Bestimmung des erforderlichen Finanzvolumens und die Bedingungen für den zusätzlichen Bedarf an fremden Finanzierungsmitteln und deren Zinssituation. Dies wird an dem unten stehenden Beispiel demonstriert.
Zum Leverage-Effekt sollten aber auch folgende Aspekte und Gegenargumente erwähnt und beachtet werden:

  • Ein positiver Effekt ist als Vorgang endlich, da bei zunehmender Fremdfinanzierung die Kreditwürdigkeit (Bonität) sinkt.
  • Das Haftungsrisiko des verbleibenden Eigenkapitals einschließlich des beleihbaren Privatvermögens nimmt nicht ab, sondern in der Regel zu.
  • Wachsende Zins- und Tilgungsausgaben werden zu einer angespannteren Liquiditätslage führen.

Beispiel: Finanzvolumen-Fremdkapitaleinsatz

Das Bauunternehmen Müller erbringt Rohbauleistungen und hat eine gute Auftragslage. Für das abgelaufene Geschäftsjahr liegt folgende Bilanz mit den Aussagen zum Vermögen und Kapital vor:
Anlagevermögen100.000 €
Umlaufvermögen100.000 €
Summe Aktiva200.000 €
Eigenkapital200.000 €
Fremdkapital-
Summe Passiva200.000 €
Das Bauunternehmen erzielte einen Gewinn (Jahresüberschuss) von 14.000 € und folglich eine Kapitalrentabilität:
Kapitalrentabilität = (14.000 € : 200.000 €) x 100 % = 7 %
Herr Müller beabsichtigt, sein Bauunternehmen zu erweitern.
Der zusätzliche Finanz- bzw. Kapitalbedarf für Investitionen und höhere Vorratshaltung im Vermögen wird in Höhe von 100.000 € eingeschätzt. Um diesen Betrag soll das Kapital aufgestockt werden. Für diese Erweiterung spricht die vorhandene Nachfrage und der vorliegende Auftragsvorlauf.
Herr Müller kann aber das Kapital nicht mehr aus eigenen Mitteln aufbringen bzw. möchte es auch nicht. Er wünscht eine Fremdfinanzierung.
Es bieten sich folgende Varianten zur Fremdfinanzierung an:
  1. Herr Müller beantragt einen Kredit bei der Bank, wo er seine Kreditwürdigkeit nachweisen und einen Zins für den Kredit aus einem Förderprogramm von voraussichtlich 6 % bezahlen muss.
  2. Ein Bekannter würde Herrn Müller ein Darlehen geben, und zwar in Höhe von 120.000 € bei einem Zinssatz von 9 %. Es kann unterstellt werden, dass die Gesamtkapitalrentabilität gleich bleibt bzw. der Gewinn im Umfang wie das Kapital zunimmt.
  3. Wie stellt sich die Situation dar, wenn eine Reduzierung des Eigenkapitals um 100.000 € zu Gunsten von weiteren 100.000 € Fremdkapital (Bankkredit zu 6 % Zinsen) vorgenommen wird?
Folgende Lösung ergibt sich, wobei der Fall (0) der Ausgangssituation entspricht:
FallEigenkapital (EK)Fremdkapital (FK)Gesamtkapital (GK)Zinssatz (FK)GKRGewinn absolutEKRGewinn absolut
%%%
(0)200.0000200.000-7147,014
(1)200.000100.000300.00067217,515
(2)200.000120.000320.0009722,45,811,6
(3)100.000200.000300.00067219,09
EKR = Eigenkapitalrentabilität; GKR = Gesamtkapitalrentabilität
Berechnung:
(1)EKR=GKR+(GKR-Zinssatz FK)x(FK:EK)
=7%+(7%-6%)x0,5=7,5%
(2)=7%+(7%-9%)x0,6=5,8%
(3)=7%+(7%-6%)x2,0=9,0%
Die Ergebnisse der einzelnen Fälle bzw. Varianten der Fremdfinanzierung lassen sich folgendermaßen interpretieren:
  1. Der Gewinn des Bauunternehmens nimmt über die Fremdfinanzierung um 1.000 € zu, da die Eigenkapitalrentabilität von 7 % auf 7,5 % steigt.
    Fazit: Der Einsatz des Fremdkapitals hat eine Hebelwirkung (Leverage) zur Erhöhung der Eigenkapitalrentabilität ausgelöst!
    Die Schlussfolgerung lautet:
    Leihe Kapital zu z. B. 6 % Zins. Erziele damit 7 % Rendite. Finanziere mit den 7 % die 6 %. Erziele als Differenz von 1 % einen Kapitalgewinn, ohne zusätzliche eigene Mittel eingesetzt zu haben!
  2. Bei Aufnahme des Darlehens vom Bekannten von 120.000 € verschlechtert sich die Eigenkapitalrentabilität auf 5,8 %. Der Gewinn beträgt nur noch 11.600 €, und zwar auf Grund des hohen Zinssatzes von 9 %, der wesentlich über dem Satz der Gesamtkapitalrentabilität liegt (Klammerausdruck in Formel wird dadurch negativ).
    Fazit: In diesem Fall ist der Effekt negativ. Der Vorteil, durch kostengünstiges Fremdkapital die eigene Kapitalrentabilität zu erhöhen, verwandelt sich in einen bedenklichen Nachteil.
  3. Durch Reduzierung des Eigenkapitals um 100.000 € im Beispiel kann die Eigenkapitalrentabilität auf 9 % erhöht werden. Der absolute Gewinn vermindert sich jedoch auf 9.000 € auf Grund des gestiegenen Zinsvolumens für das umfangreichere Fremdkapital.
    Fazit: Über eine noch höhere Fremdfinanzierung würde ein noch günstigerer Effekt (eine noch höhere Eigenkapitalrentabilität) erreicht werden.
Bauprofessor-Redaktion
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