Investition/Finanzierung des Baubetriebs

Leverage-Effekt

Leverage als "Hebelwirkung" ist bei der Finanzierung von Interesse. Einfluss hat das Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital, d. h. der Verschuldungsgrad. Die Eigenkapitalrentabilität steigt mit wachsender Verschuldung, d. h. mit zunehmendem Fremdkapitalanteil, solange, wie eine positive Differenz zwischen Rendite der zusätzlich durchgeführten Investitionen und dem Fremdkapitaleinsatz besteht. Dieser Effekt wird als Leverage-Effekt bezeichnet.
Im Grundsatz gilt vereinfacht beispielsweise:
  1. Leihe fremdes Kapital z. B. mit einem Zinssatz von 6 % und
  2. erziele damit eine Rendite (Eigenkapitalrentabilität) von 7 % und
  3. finanziere mit den 7 % die 6 % und
  4. erziele als Differenz von 1 % einen Kapitalgewinn, ohne zusätzliche eigene Mittel eingesetzt zu haben!
Zu beachten bleibt aber, dass ein positiver Effekt als Vorgang endlich ist, da bei zunehmender Fremdfinanzierung die Kreditwürdigkeit und Bonität bei sinkenden Anteilen des Eigenkapitals gegen Null geht. Außerdem führen wachsende Zins- und Tilgungsausgaben zu einer angespannteren Liquiditätslage, mit der Folge einer gestiegenen Kostenbelastung durch Zinsen bei gleichzeitiger Gefahr einer reduzierten Zwischenfinanzierbarkeit und einer möglichen Nichtfinanzierbarkeit von wettbewerbssichernden Erweiterungsinvestitionen.
Die Zusammenhänge soll nachfolgendes Beispiel verdeutlichen.

Beispiel: Leverage-Effekt

Das Bauunternehmen Müller erbringt Rohbauleistungen und hat eine gute Auftragslage. Für das abgelaufene Geschäftsjahr liegt folgende Bilanz mit den Aussagen zum Vermögen und Kapital vor:
Anlagevermögen100 T-€Eigenkapital200 T-€
Umlaufvermögen100 T-€Fremdkapital- T-€
Summe Aktiva200 T-€Summe Passiva200 T-€
Das Bauunternehmen erzielte einen Gewinn (Jahresüberschuss) von 14 T-€ und folglich eine Kapitalrentabilität = (14 T-€ : 200 T-€) x 100 % = 7 %.
Herr Müller beabsichtigt, sein Bauunternehmen zu erweitern. Der zusätzliche Finanz- bzw. Kapitalbedarf für Investitionen und höhere Vorratshaltung im Vermögen wird in Höhe von 100 T-€ eingeschätzt. Um diesen Betrag soll das Kapital aufgestockt werden. Für diese Erweiterung spricht die vorhandene Nachfrage und der vorliegende Auftragsvorlauf. Herr Müller kann aber das Kapital nicht mehr aus eigenen Mitteln aufbringen bzw. möchte es fremd finanzieren.
Es bieten sich folgende Varianten an:
  1. Herr Müller beantragt einen Kredit bei der Bank, wo er seine Kreditwürdigkeit nachweisen und einen Zins für den Kredit aus einem Förderprogramm von voraussichtlich 6 % bezahlen muss.
  2. Ein Bekannter würde Herrn Müller ein Darlehen geben, und zwar in Höhe von 120 T-€ bei einem Zinssatz von 9 %. Es kann unterstellt werden, dass die Gesamtkapitalrentabilität gleich bleibt bzw. der Gewinn im Umfang wie das Kapital zunimmt.
  3. Wie stellt sich die Situation dar, wenn eine Reduzierung des Eigenkapitals um 100 T-€ zu Gunsten von weiteren 100 T-€ Fremdkapital (Bankkredit zu 6 % Zinsen) vorgenommen wird?
Folgende Lösung ergibt sich, wobei der Fall (0) der Ausgangssituation entspricht:
FallEigenkapital
(EK)
T-€
Fremdkapital
(FK)
T-€
Gesamtkapital
(GK)
T-€
Zinssatz
FK
%
GKR

%
Gewinn
absolut
T-€
EKR

%
Gewinn
absoult
T-€
(0)200020007147,014
(1)20010030067217,515
(2)2001203209722,45,811,6
(3)10020030067219,09
EKR = Eigenkapitalrentabilität; GKR = Gesamtkapitalrentabilität
Berechnung:

(1) EKR=GKR+(GKR - Zinssatz FK)x(FK : EK)
=7 %+(7 % - 6 %)x0,5=7,5 %
(2)=7 %+(7 % - 9 %)x0,6=5,8 %
(3)=7 %+(7 % - 6 %)x2,0=9,0 %
Die Ergebnisse der einzelnen Fälle bzw. Varianten der Fremdfinanzierung lassen sich folgendermaßen interpretieren:

  1. Der Gewinn des Bauunternehmens nimmt über die Fremdfinanzierung um 1 T-€ zu, da die Eigenkapitalrentabilität (Rendite) von 7 % auf 7,5 % steigt. Fazit: Der Einsatz des Fremdkapitals hat eine Hebelwirkung (Leverage) zur Erhöhung der Eigenkapitalrentabilität ausgelöst! Die Schlussfolgerung lautet: Das Kapital sollte zu 6 % Zins geliehen werden, weil damit die Rendite auf 7 % steigt und in Höhe des Zuwachses ein Kapitalgewinn von 1 % erzielt wird, ohne dafür eigene Mittel eingesetzt zu haben.
  2. Bei Aufnahme des Darlehens vom Bekannten von 120 T-€ verschlechtert sich die Eigenkapitalrentabilität auf 5,8 %. Der Gewinn beträgt nur noch 11,6 T-€, und zwar auf Grund des hohen Zinssatzes von 9 %, der wesentlich über dem Satz der Gesamtkapitalrentabilität liegt (Klammerausdruck in Formel wird dadurch negativ). Fazit: In diesem Fall ist der Effekt negativ. Der Vorteil, durch kostengünstiges Fremdkapital die eigene Kapitalrentabilität zu erhöhen, verwandelt sich in einen bedenklichen Nachteil.
  3. Durch Reduzierung des Eigenkapitals um 100 T-€ im Beispiel kann die Eigenkapitalrentabilität auf 9 % erhöht werden. Der absolute Gewinn vermindert sich jedoch auf 9 T-€ aufgrund des gestiegenen Zinsvolumens für das umfangreichere Fremdkapital. Fazit: Über eine noch höhere Fremdfinanzierung würde ein noch günstigerer Effekt (eine noch höhere Eigenkapitalrentabilität) erreicht werden.
Zum Leverage-Effekt sollten aber auch folgende Aspekte und Gegenargumente erwähnt und beachtet werden:

  • Ein positiver Effekt ist als Vorgang endlich, da bei zunehmender Fremdfinanzierung die Kreditwürdigkeit (Bonität) bei sinkenden Anteilen des Eigenkapitals gegen Null geht.
  • Das Haftungsrisiko des verbleibenden Eigenkapitals nimmt nicht ab, sondern in der Regel zu. Für finanzielle Bereitstellungen werden auch zunehmend höhere Sicherheiten verlangt.
  • Steigen die Zinsen sowie auch die Belastungen aus der Tilgung, dann wird auch zunehmend stärker die Liquidität des Unternehmens belastet, als Folge wieder höhere Zinsen usw.
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