Unterschied zwischen Dachabdichtung und Dachdeckung
Im Gegensatz zum geneigten Dach, das mit einer Dachdeckung versehen wird, werden flachgeneigte Dächer mit einer Abdichtung versehen. Dachdeckungen müssen „nur“ die Anforderungen an die Regensicherheit erfüllen, weshalb man in diesem Zusammenhang niemals von einer „dichten Dachdeckung“ sprechen kann. Dachabdichtungen hingegen müssen wasserdicht sein, sie gehören zu den meistbeanspruchten Bauteilen. Arten der Dachabdichtung
Man kann die in der Regel eingesetzten Materialien in drei Obergruppen einteilen: Bitumenabdichtungen, Kunststoffabdichtungen und Flüssigkunststoffabdichtungen. In der Praxis wird oft die Frage nach dem besten Material für eine Dachabdichtung gestellt. Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden, jeder Werkstoff bringt Vor- und Nachteile mit sich, diese sollen im Folgenden dargelegt werden.
Bitumenabdichtungen – der Klassiker
Bitumenabdichtungen gehören zu den bewährtesten der heute eingesetzten Dachabdichtungen. Umgangssprachlich wird noch oft von „Dachpappe“ oder „Teerpappe“ gesprochen, sogar mancher Fachmann spricht auch heute noch von „Dachpappe“. Dabei sind beide Begriffe für die heutigen Bitumenprodukte völlig fehl am Platz, da es sich um Bitumen und nicht um Teer handelt. Teer wird in den alten Bundesländern seit den 1970er-Jahren nicht mehr für Dachabdichtungen verwendet, in den neuen Bundesländern seit 1990. Zwar sehen sich Bitumen und Teer ähnlich, es handelt sich aber um zwei von Grund auf verschiedene Werkstoffe: Bitumen ist ein Destillatprodukt aus Erdöl, Teer entsteht bei der Verkokung von Steinkohle. Aufgrund des Krebsrisikos wird dieser Werkstoff heute nicht mehr verwendet.
Bitumen-Schweissbahnen werden aufgebracht
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Der Begriff „Dachpappe“ rührt daher, dass diese Dachabdichtungen früher tatsächlich aus mit Teer (Holzteer) getränkter Pappe /Papier von Rollen bestanden, die nach der Herstellung wieder eingerollt wurden. Diese Anfänge der Flachdachtechnik sind bereits in den 1850er-Jahren entstanden. Mit heutigen Abdichtungen haben die damaligen Dächer nur noch wenig gemeinsam. Für Dachabdichtungen aus Bitumenbahnen werden mit Kunststoff vergütete Bitumenbahnen verwendet. Als Trägereinlage werden Glasgewebe-, Polyester- oder Kombinationsträger mit überwiegendem Glas- oder mit überwiegendem Polyesteranteil verwendet. Als Kunststoffzusatz kommen Elastomere und Plastomere zum Einsatz. Bitumenbahnen mit Elastomeren stellen den größten Teil in Deutschland dar, sie verfügen über eine größere Flexibilität bei geringerer Wärmestandfestigkeit. Plastomer-Bitumenbahnen hingegen weisen einen höheren Widerstand gegenüber Hitzeeinwirkung auf, daher sind sie in wärmeren Klimaregionen das bevorzugte Abdichtungsmaterial. Kunststoff- und Elastomerabdichtungen
Kunststoffbahnen bestehen aus dem Kunststoff als solchem sowie aus einem mittigen Verstärkungsgewebe, Vlieseinlagen oder einer Kaschierung aus Polyester-Vlies.
Im Bereich der Kunststoffabdichtungen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien. Immer wieder werden Kunststoffabdichtungsprodukte neu entwickelt. Manche setzen sich durch, andere können sich am Markt nicht behaupten und verschwinden wieder. In Deutschland haben PVC-P-Abdichtungsbahnen den wohl größten Marktanteil. PVC-P steht für „Polyvinylchlorid-Plasticized“, also weichgemachtes Polyvinylchlorid. PVC zeichnet sich durch die relativ einfache Verarbeitung aus. Die Verschweißung erfolgt durch Warmgas (Heißluft) oder Quellschweißen. Nachteil von PVC-P-Bahnen ist der enthaltene Weichmacher, dieser wandert im Laufe der Zeit aus der Bahn aus, sodass die Flexibilität der Bahn geringer wird. Dieser Effekt muss aber auch aus ökologischen Gesichtspunkten betrachtet werden: Der Weichmacher verschwindet nicht einfach. Er emigriert vielmehr in die Umwelt. Bei einem Flächengewicht der Abdichtungsbahn von ca. 2,0 kg/m² können bei entsprechend großen Dachflächen Tonnen an Weichmachern über eine Lebensdauer von 15 - 25 Jahren abgegeben werden.
Da dieser Effekt unerwünscht ist, steigt der Marktanteil von PVC-freien Abdichtungsprodukten. Hierbei hat FPO (Flexibles Polyolefin) den größten Anteil. Zur Gruppe der Polyolefine gehören die Grundwerkstoffe Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE), aber auch Polyisobutylen (PIB). Außerhalb von Deutschland wird FPO als TPO bezeichnet, was für „Thermoplastisches Polyolefin“ steht. Einige Hersteller verwenden diese Bezeichnung aus Marketinggründen ebenfalls auf dem deutschen Markt, um sich abzugrenzen. Praktisch handelt es sich aber um den gleichen Kunststofftyp. Probleme bei der Verschweißung von FPO können insbesondere beim Grundwerkstoff Polypropylen (PP) entstehen, wenn die zu verschweißenden Bereiche nicht sorgfältig vorbehandelt werden.
Die nächste Kategorie in diesem Bereich sind Abdichtungsbahnen aus Ethylen-Propylen-Dien-(Monomer)-Kautschuk (EPDM), als Vertreter der Elastomere. EPDM-Abdichtungsbahnen zeichnen sich durch eine hohe UV-Beständigkeit aus. Für Flachdächer ist von Bedeutung, dass die Bahnen sich dicht verschweißen bzw. verkleben lassen. Dies wird bei EPDM-Dichtungsbahnen zum einen durch speziell im Werk vorbehandelte Nahtbereiche realisiert, die sich mit Warmgas (Heißluft) verschweißen lassen. Andererseits gibt es aber auch EPDM-Abdichtungen, bei denen die Beständigkeit von EPDM gegenüber Bitumen genutzt wird. Hierbei wird das EPDM mit einer Kaschierung aus Bitumen versehen, durch Heißluft wird dieses Bitumen mit der EPDM-Schicht verschweißt bzw. verklebt. So kann EPDM im Werk zu großflächigen Planen verarbeitet werden, wodurch auf der Baustelle nur noch wenige Nähte verschweißt werden müssen.
PVC-P-Dachabdichtungsbahnen auf einem Flachdach
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Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass PVC-P, FPO und EPDM die wohl bedeutendsten Vertreter der Kunststoffabdichtungen für Flachdächer darstellen. Es gibt aber noch weitere Arten, die hier nur der Vollständigkeit halber genannt werden sollen. ECB (Ethylen-Copolymerisat-Bitumen), PIB (Polyisobutylen), EVA (Ethylen-Vinyl-Acetat) sowie TPE (Thermoplastisches Elastomer).
Flüssigkunststoffe
Als neueste Entwicklung stehen Flüssigkunststoffe zur Verfügung. Auch hier lassen sich wieder verschiedene Sorten unterscheiden. Die zwei in Deutschland verwendeten basieren auf Polyurethan (PU) und auf Polymethylmethacrylat (PMMA). Flüssigkunststoffe (FLK) auf Basis von PU werden unterschieden in Produkte, die durch Reaktion mit der Luftfeuchtigkeit erhärten und solche, in die vor der Verarbeitung ein Katalysator eingemischt wird. Erstere sind als 1-Komponenten-, letztere als 2-Komponenten-Systeme bekannt. PMMA-Systeme erhärten durch die Reaktion mit einem Katalysator. Allen Systemen gemein ist, dass der Kunststoff in ein Vlies eingebettet wird. Systeme ohne eine Vlieseinlage gelten nicht als Dachabdichtung im Sinne der einschlägigen Regeln und Richtlinien. Da die Abdichtung vom Verarbeiter aus Komponenten zusammengestellt wird, gilt dieser rechtlich als Hersteller des Abdichtungsproduktes. Sämtliche Flüssigkunststoffe müssen eine Prüfung gemäß ETAG 005 durchlaufen. Hierbei werden Anforderungen an die Haltbarkeit sowie Einsatzmöglichkeit unter Berücksichtigung des Dachgefälles, der Hitze- und Kälteeinwirkung und dergleichen definiert und das System in eine entsprechende Klasse eingeteilt. Überwiegende Verwendung finden Flüssigkunststoffe bei der Abdichtung schwieriger Details und Anschlüsse. Prinzipiell können aber auch Flächenabdichtungen mit ihnen erstellt werden.
In der Praxis lässt sich leider häufig beobachten, dass Flüssigkunststoff als Allheilmittel für Planungs- und Ausführungsfehler genommen wird. Flüssigkunststoffabdichtungen sind komplexe Abdichtungslösungen, die eine sorgfältige Ausführung und Vorplanung erfordern.
Welches Material ist das Beste für ein Flachdach?
Häufig wird die Frage gestellt, welches Material für eine Dachabdichtung das Beste ist, insbesondere im Vergleich zwischen Bitumen und Kunststoff. Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Jeder Werkstoff bringt Vor- und Nachteile mit sich. Vorteile von Bitumen sind die einfache Verarbeitung und die mehrlagige Verlegung. Kunststoffe weisen in der Regel eine hohe Flexibilität auf. Flüssigkunststoffe lassen sich an schwierige Details einfacher anarbeiten. Die Frage nach „dem Besten“ Werkstoff für ein Flachdach kann nur individuell anhand des jeweiligen Projektes und nach Abwägung aller Vor- und Nachteile getroffen werden.
Zusammenfassung
Flachdachabdichtungen werden überwiegend aus Bitumen-, Kunststoff- und Elastomerbahnen sowie Flüssigkunststoffen hergestellt. Es gibt hierbei in allen Werkstoffgruppen eine Vielzahl unterschiedlicher Stoffe, die jeweils Besonderheiten mit sich bringen. Die Auswahl der geeigneten Dachabdichtung für ein spezielles Projekt ist objektabhängig und erfordert die Unterstützung von Fachleuten, die sich auf dem Gebiet der Flachdachabdichtung auskennen.