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Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags als Vergütung einen (Pauschal-)Preis "einschließlich der zurzeit geltenden Umsatzsteuer", ist die Zahlung der im Pauschalpreis enthaltenen Umsatzsteuer nur dann geschuldet, sofern sie auch auf den Bauvertrag anfällt.
BGH, Beschluss vom 27.01.2021, Az.: VII ZR 65/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Sachverhalt
Ein Bauunternehmen schließt mit privaten Bauherren einen Bauvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses. Die Vertragsparteien vereinbaren einen pauschalen Werklohn von EUR 248.247,70 inklusive "der zurzeit geltenden Umsatzsteuer" von 19 %. Das Grundstück erwerben die Bauherren ebenfalls von dem Bauunternehmen in Form eines gesonderten Kaufvertrags. Bei der Festsetzung der von den Bauherren zu zahlenden Grunderwerbsteuer für das Grundstück erkannte das zuständige Finanzamt einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Bauvertrag und dem Kaufvertrag für das Grundstück und legte der Bemessung der Grunderwerbsteuer sowohl den Kaufpreis für Grund und Boden als auch den Pauschalpreis für den Hausbau zu Grunde. Dies führte zu einer Umsatzsteuerfreiheit des Bauvertrags. Aufgrund dessen verlangen die Bauherren den von ihnen bereits bezahlten Umsatzsteueranteil des Pauschalpreises i.H.v. EUR 39.636,00 von dem Bauunternehmen zurück. Zu Recht?
Entscheidung
Ja! Die Zahlung des Vergütungsanteils von EUR 39.636,00 ist ohne Rechtsgrund geleistet worden. Die im Bauvertrag getroffene Regelung, dass der vereinbarte Pauschalpreis die zurzeit geltende Umsatzsteuer i.H.v. 19 % enthalte, geht ins Leere, da es keine zurzeit geltende Umsatzsteuer gibt und es auch nicht zur Disposition der Vertragspartner steht, nach dem Gesetz steuerfreie Umsätze durch Vereinbarung steuerpflichtig zu machen. Die Auslegung des Bauvertrags ergibt, dass die Zahlung der im Pauschalpreis enthaltenen Umsatzsteuer lediglich dann geschuldet ist, sofern diese auf den Bauvertrag auch tatsächlich anfällt. Die vertragliche Abrede der Parteien ist als Nettopreisvereinbarung auszulegen. Für eine Nettopreisvereinbarung spricht ferner, dass sich nach dem Vertragswortlaut eine Veränderung der gesetzlichen Umsatzsteuer auf den Pauschalpreis auswirken sollte. Folglich ist der Umsatzsteueraufwand als selbstständiger Teil des zu zahlenden Entgelts zu bewerten, mithin von einer Nettopreisvereinbarung auszugehen. Die Nettopreisvereinbarung ist dahingehend auszulegen, dass eine in Wirklichkeit nicht anfallende Umsatzwertsteuer auch nicht zu zahlen ist. Mithin ist die im Preis enthaltene Umsatzsteuer von 19 % nicht geschuldet und der entsprechende Teilbetrag zurückzuzahlen.
Praxishinweis
Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind gem. § 4 Nr. 9a UStG umsatzsteuerfrei. Den Vertragspartnern beider Seiten ist bei Bauverträgen, die mit einem Grundstückserwerb im Zusammenhang stehen, anzuraten, sich (steuer-)rechtlich beraten zu lassen. Denn möglicherweise besteht auch die Gefahr der Nichtigkeit eines separat abgeschlossenen Bauvertrags. Ein Bauvertrag ist schließlich nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB beurkundungsbedürftig, wenn er mit einem Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks eine rechtliche Einheit bildet.