05.10.2023 | Baurecht / BGB

Klau am Bau: Wer haftet?

Dreiste Diebe schleichen sich nachts und manchmal sogar am helllichten Tag auf Baustellen, um Materialien und Werkzeuge zu stehlen. Diebstahl am Bau ist keine Seltenheit! Doch wer haftet für die gestohlenen Gegenstände? Die bauprofessor-Redaktion hat die Juristin Jennifer Simon gefragt.
Klau am Bau: Wer haftet?
Bild: © f:data GmbH

Wer haftet bei Diebstahl am Bau?

Wie so oft heißt es auch hier: Es kommt darauf an. Denn die Haftungsfrage hängt von dem Zeitpunkt des Abhandenkommens ab. Grundsätzlich gilt: Kommen die Diebe vor der Abnahme des Gewerks, haftet der Auftragnehmer. Nach Auffassung der Gerichte hat der Auftragnehmer die Verantwortung für den Diebstahlschutz. Das umfasst z. B. den Aufbau sicherer Zäune oder das Wegsperren der Gegenstände. Ist eine solche Lösung nicht möglich, muss der Auftragnehmer die Gegenstände abends abtransportieren. Er kann nicht darauf verweisen, dass das Gewerk dem Auftraggeber gehört. Vielmehr hat der Auftragnehmer die Verantwortung für alle Materialien. Kommen sie weg, haftet er. In diesem Fall kann der Auftraggeber vom Auftragnehmer den Ersatz der Materialien verlangen. Die erneute Beschaffung der gestohlenen Materialien folgt aus §§ 677, 683, 670 BGB.

Egal wer den Haustür-Schlüssel hat

Dies gilt sogar dann, wenn lediglich der Auftraggeber einen Schlüssel zum Bauobjekt hat. So entschied auch das Oberlandesgericht Saarbrücken im Jahr 2014 (Urteil vom 03.12.2014 - 1 U 49/14). In diesem Fall hatte der Auftragnehmer keinen Schlüssel zum Haus, das er erbaute. Es war der Auftraggeber, der das fast fertiggestellte Haus abschloss. Diebe brachen ein und entwendeten Materialien und Werkzeuge.
Das Gericht entschied, dass der Auftragnehmer die gestohlenen Gegenstände zu ersetzen hatte – obwohl er nicht einmal einen Schlüssel für das Bauobjekt besaß. Eine andere rechtliche Situation bestehe nur dann, wenn kein einheitliches Vertragswerk vorliegt, erläuterte das Gericht.
Allerdings wird in vielen Fällen die Herstellung eines gesamten Hauses beauftragt. Der Vertrag kann dann nicht einzeln unterteilt werden. Für den gesamten Zeitraum des Bauens haftet der Auftragnehmer für das Abhandenkommen der Materialien.

Wie kann sich der Auftragnehmer schützen?

Um solchen Situationen vorzubeugen, kann der Auftragnehmer Diebstahlversicherungen abschließen. Dabei muss er sorgfältig darauf achten, welche Sicherheitsvorkehrungen die jeweiligen Versicherungen fordern. Ein kritischer Blick in den Versicherungsvertrag lohnt sich.

Haftung nach Abnahme

Anders sieht es jedoch aus, wenn die Gegenstände nach der Abnahme gestohlen werden. Denn nach der Abnahme des Werkes geht die Gefahr auf den Auftraggeber über. Ab diesem Zeitpunkt ist er für das Gewerk verantwortlich. Wenn nun Materialien auf der Baustelle verschwinden, muss der Auftragnehmer sie nicht mehr ersetzen.
Jennifer Simon
Ein Artikel von

Video:

Diebstahl auf der Baustelle: Wer zahlt für Ersatz?

Diebstahl auf der Baustelle: Wer zahlt für Ersatz?
Ein Bauunternehmer lagert Baustoffe und Werkzeuge im fast fertigen Bauwerk. Der Bauherr schließt ab. Nachts entwenden findige Diebe Material im Wert von 18.000 €. Wer von beiden für den Ersatz zahlen muss, begründet Rechtsanwältin Jennifer Simon.
Das könnte Sie auch interessieren:
Haftungsrisiken und Wasserschäden vermeiden – mit gewerkeübergreifender Planung
Haftungsrisiken und Wasserschäden vermeiden – mit gewerkeübergreifender Planung
Bauwerke müssen abgedichtet werden, um Wasserschäden zu vermeiden. Die dafür erforderliche fachgerechte Planung erfordert Kenntnisse der Wasserverhältnisse. Die Bedeutung einer gewerkeübergreifend geplanten, normgerechten Abdichtung, z. B. nach DIN 18533, erläutert der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Dr. Christian Behrens im zweiten Teil der Serie „Wasser – die unterschätzte Gefahr am Bau“.
12.03.2025
BGH-Urteil: Übermittlung eines Bauzeitenplans ist keine Anordnung
BGH-Urteil: Übermittlung eines Bauzeitenplans ist keine Anordnung
Nach der neuen Rechtsprechung des BGH ist die Mitteilung eines geänderten Bauzeitenterminplans keine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B. Zudem sagt der BGH, dass allein die Änderung des Bauablaufs grundsätzlich keine Verletzung einer Vertragspflicht des Auftraggebers sei. Daher stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten ein Auftragnehmer hat, nicht einkalkulierte Mehrkosten wegen der Bauzeitverschiebung durchzusetzen.
06.02.2025
Um Ihnen den bestmöglichen Service zu bieten, verwenden wir Cookies. Einige dieser Cookies sind erforderlich für den reibungslosen Ablauf dieser Website, andere helfen uns, Inhalte auf Sie zugeschnitten anzubieten. Wenn Sie auf „ Ich akzeptiere“ klicken, stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Individuelle Cookie-Einstellungen Ich akzeptiere