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Vor dem Kauf eines für ein konkretes Bauvorhaben und dessen spätere Nutzung – vermeintlich – geeigneten Grundstücks sollte tunlichst geprüft werden, ob sich die Immobilie nicht nur in bautechnischer, sondern auch in baurechtlicher Hinsicht tatsächlich für das Vorhaben eignet. Ob Architekten u. a. Bauvorlageberechtigte dazu verpflichtet sind, das zu prüfen, ergibt sich aus ihrem mit dem Vorhabenträger bzw. Bauherrn geschlossenen Vertrag. Auch und gerade dann, wenn der dazu keine ausdrückliche Regelung enthält, kann nur empfohlen werden, entsprechende Fragen rechtzeitig mit dem Auftraggeber zu erörtern, um sodann nachstehend näher skizzierte vorbeugende Maßnahmen ergreifen zu können, sollte das dann noch erforderlich sein.
Problemstellung
Mitunter kaufen Bauwillige etwas zu optimistisch ein Grundstück, insbesondere ohne vorangegangene Prüfung der Umsetzbarkeit ihres Bauvorhabens auch in baurechtlicher Hinsicht, beauftragen sodann einen Architekten, der mit Pech ohne hinreichendes Problembewusstsein wacker und ebenfalls ohne Prüfung plant, auf der Grundlage einen Bauantrag einreicht – nur um nach dessen Prüfung durch die zuständige Behörde die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit dem öffentlichen Baurecht bescheinigt zu bekommen. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern könnte im schlimmsten Fall ruinöse Folgen für den bauwilligen Grundstückskäufer haben. Nicht nur, wenn sein Vorhaben dem öffentlichen Baurecht lediglich temporär widerspricht, sondern vor allem dann, wenn es auch darüber hinaus nicht nachträglich legalisiert oder sonst dem öffentlichen Baurecht entsprechend ausgeführt werden kann. Im Ergebnis verfügt der Käufer des Grundstücks dann über eine mit Pech (zu) teuer bezahlte Immobilie, die sich für sein Vorhaben aber nicht eignet – und im schlimmsten Fall auch nie eignen wird.
Das gilt unabhängig davon, ob neu auf einem noch unbebauten Baugrundstück gebaut oder eine gebraucht erworbene Bestandsimmobilie umgebaut werden soll.
Lösungsmöglichkeiten
In der Verantwortung stehen somit insbesondere Architekten u. a. Planer, welche ihre Auftraggeber auch und gerade bei der Suche nach einem geeigneten Baugrundstück beraten und begleiten.
In dem Zusammenhang stellt sich nicht zuletzt die Frage nach möglichen Haftungsrisiken. Es sei nur am Rande auf § 650p BGB hingewiesen, der die vertragstypischen Pflichten unter anderem aus dem Architektenvertrag regelt. Dessen Abs. 2 verlangt von dem Architekten, zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung unter anderem der wesentlichen Planungsziele zu erstellen, soweit diese Ziele noch nicht vereinbart sind. Nicht unter diese Vorschrift fallen die den Planungsleistungen vorgelagerten Projektentwicklungsleistungen (s. dazu etwa Kniffka/Jurgeleit/Zahn, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 11.10.2021, § 650p Rn. 43). Das kann und soll hier vorerst nicht vertieft werden, es soll aber zumindest für diese Problematik sensibilisiert werden.
Ob und inwieweit jedenfalls ein vom Auftraggeber bzw. Käufer eines Baugrundstücks beauftragter Architekt auch die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit dem öffentlichen Baurecht zu prüfen hat, ergibt sich jeweils im Einzelfall aus dem Architekten- oder einem ihm vorgelagerten Projektvertrag. Möchte oder muss der Planer vor diesem Hintergrund vorbeugend die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem öffentlichen Baurecht prüfen, hat er eine bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Dimension zu beachten, denn die Zulässigkeit eines Bauvorhabens richtet sich einerseits nach dem flächenbezogenen Bauplanungs-, andererseits nach dem objektbezogenen Bauordnungsrecht, die beide aber nicht unabhängig nebeneinander, sondern vielmehr in Wechselbeziehungen zueinanderstehen.
Prüfung der bauplanungsrechtlichen Situation
In bauplanungsrechtlicher Hinsicht stellt sich zunächst die Frage, wo genau das Baugrundstück liegt: Im Plangebiet eines (qualifizierten) Bebauungsplans (§ 30 BauGB), im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) oder sogar im Außenbereich (§ 35 BauGB)? Bereits diese Frage sollte zwingend noch vor dem Kauf des Grundstücks beantwortet werden, denn liegt es etwa im Außenbereich, ist seine Bebauung grundsätzlich unzulässig, jedenfalls nur unter den engen Voraussetzungen des § 35 BauGB überhaupt möglich.
Aber auch im Plangebiet kann es zumindest beim Kauf von vor allem älteren Bestandsimmobilien zu Problemen kommen, wenn für das Bauwerk nie die erforderliche Genehmigung erteilt worden war und ein erst später aufgestellter Bebauungsplan vom Bestand abweichende oder überhaupt erstmals konkrete Festsetzungen hinsichtlich der Beschaffenheit der Gebäude enthält, welche die Bestandsimmobilie aber nicht erfüllt. Hinsichtlich genehmigter Bauwerke ist das unproblematisch, denn insofern greift der Bestandsschutz – nicht aber bei Schwarzbauten.
Prüfung der bauordnungsrechtlichen Situation
In bauordnungsrechtlicher Hinsicht sollten Käufer und ggf. Architekt vor dem Kauf einer Bestandsimmobilie daher ebenfalls immer prüfen, ob das Bauwerk dem öffentlichen Baurecht, nun den Vorgaben der jeweiligen Landesbauordnung und ggf. den Festsetzungen des einschlägigen B-Plans und etwaigen örtlichen Bauvorschriften (z. B. kommunalen Gestaltungssatzungen) entspricht.
Insbesondere, aber nicht nur bei älteren Gebäuden ist objektbezogen zu prüfen, ob ihr aktueller Zustand noch dem Inhalt der ursprünglich – hoffentlich – einmal erteilten Baugenehmigung entspricht. Nicht selten kommt es bei älteren Häusern während der Zeit ihrer Nutzung zu nicht immer genehmigten oder auch nur angezeigten, gleichwohl erheblichen Umbauten, Umnutzungen usw., welche im Ergebnis den Bestandsschutz der ursprünglich erteilten Baugenehmigung entfallen lassen. Stellt nun der Käufer einen neuen Bauantrag, weil er seinerseits umbauen oder umnutzen möchte, stellt die Behörde das alles anlässlich der Prüfung des Antrags sehr leicht fest. Darauf kann es ebenfalls sehr teuer werden, denn der Bauherr wird dann regelmäßig (zu den Ausnahmen s. Teil 2 (erscheint in Kürze – Anm. d. Red.)) das Gebäude insgesamt den Vorgaben u. a. der jeweiligen Landesbauordnung entsprechend herzustellen haben. Das betrifft häufig Vorgaben des Brandschutzes, aber auch Regelungen der nutzungsbedingten Anforderungen, vor allem bei Wohnraum.
Für erst noch von einem Architekten zu planende Gebäude gilt das alles entsprechend, was sich von selbst verstehen sollte.
Konkrete vorbeugende Maßnahmen
Die bauplanungsrechtliche Lage lässt sich durch Einsicht in den Flächennutzungs- oder ggf. Bebauungsplan ermitteln. Vor dem Kauf einer Bestandsimmobilie sollten wann immer möglich Bauakten eingesehen werden, um so ermitteln zu können, was genau eine ursprünglich erteilte Baugenehmigung umfasste und wie weit der gegenwärtige Zustand des Bauwerks dem noch entspricht. Für die Akteneinsicht ist eine Vollmacht des Grundstückseigentümers bzw. Verkäufers erforderlich, die der allerdings nicht erteilen muss. Daneben sollten Baulastenverzeichnis und Altlastenkataster eingesehen werden, z. B. um zu prüfen, ob etwaige Baulasten die Bebaubarkeit des Grundstücks einschränken.
Mittel der Wahl ist schließlich die Bauvoranfrage (vgl. § 75 MBO, für Niedersachsen s. § 73 NBauO), denn die kann der Kaufinteressent schon vor dem Kauf des Baugrundstücks stellen und benötigt hierfür keine Genehmigung des Grundstückseigentümers. Er könnte sogar einen konkreten Bauantrag stellen, was er allerdings bereits aus Kostengründen regelmäßig unterlassen wird. Baurechtlich zulässig wäre allerdings beides, denn die Baubehörde prüft nur die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem öffentlichen Baurecht. Ob der Antragsteller nach positiver Bescheidung seines Antrags dann aber tatsächlich auf dem Grundstück bauen darf, ist eine privatrechtliche Frage, welche die Behörde gar nicht interessiert, denn die erteilt den Bauvorbescheid oder die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter.
Voranstehende Ausführungen befassten sich mit möglichen vorbeugenden Maßnahmen zur Prüfung der Eignung eines in Aussicht genommenen Baugrundstücks vor dem Kauf der Immobilie. Fast noch bedeutsamer ist aber die Frage, welche Optionen der Käufer und ggf. sein Fachplaner haben, stellt die Behörde erst nach dem Kauf bei Prüfung von Bauvoranfrage oder Bauantrag die Unvereinbarkeit von geplantem Vorhaben oder sogar einer z. B. zum Umbau vorgesehenen Bestandsimmobilie mit dem öffentlichen Baurecht fest. Damit, also mit möglichen Maßnahmen zur Rettung bzw. Legalisierung baurechtswidriger Vorhaben nach dem Kauf von Baugrundstück mit oder ohne Bestandsimmobilie, befasst sich der zweite Teil dieses Beitrags (erscheint in Kürze – Anm. d. Red.).