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Die Bedenkenhinweispflicht hat den Sinn, den Auftragnehmer von der Haftung für ein mangelfreies Werk freizustellen, wenn er zuvor den Auftraggeber darauf hinweist. Der Bauunternehmer schuldet jedoch nicht die Erstellung eines Werks unter Abweichung gegen die ihm vorgelegte Planung.
Der Auftragnehmer (Bauunternehmer) wurde vom Auftraggeber mit Rohbauarbeiten zu einem Pauschalfestpreis beauftragt. Lediglich für den zu verbauenden Bewehrungsstahl wurde eine gesonderte Einheitspreisabrechnung vereinbart, wobei der Bauvertrag von 700 t Bewehrungsstahl ausging. Tatsächlich wurden entsprechend den vom Auftraggeber vorgelegten Bewehrungsplänen eine weitaus höhere Stahlmenge verbaut, so dass Mehrkosten von ca. EUR 275.000 nur für den Stahl entstanden. Der Auftraggeber verteidigt sich gegen diese Forderung des Auftragnehmers dahingehend, dass der Auftragnehmer seine Hinweispflichten aus § 4 Nr. 3 VOB/B verletzt habe, da ausweislich zweier Privatgutachten des Auftraggebers die Möglichkeit einer weitaus kostengünstigeren Alternativplanung bestanden hätte, auf die der Auftragnehmer angeblich habe hinweisen müssen.
Die Entscheidung
Mit dieser Begründung dringt der Auftraggeber weder beim Landgericht noch in der Berufung beim OLG Dresden durch. Das OLG Dresden lehnt eine Bedenkenhinweispflicht des Auftragnehmers bezüglich der Möglichkeit des Vorliegens einer kostengünstigeren Alternativplanung eindeutig ab (Urteil vom 23.06.2015, Az.: 4 U 44/15). Das Werk des Auftragnehmers war unstreitig technisch mangelfrei. Die Bedenkenanmeldungspflicht nach § 4 Nr. 3 VOB/B verfolgt das Ziel, den Auftragnehmer von der Haftung für ein mangelhaftes Werk freizustellen, wenn dieser zuvor den Auftraggeber darauf hinweist. Was ein mangelhaftes Werk ist, richtet sich dabei nach der vertraglich vereinbarten und geschuldeten Beschaffenheit des Werks. Nach den Verträgen schuldete der Auftragnehmer im vorliegenden Fall aber nicht die Erstellung eines Werks unter Abweichung von der ihm vorgelegten Planung, und zwar auch nicht aus Kostenersparnisgründen. Der Einwand des Auftraggebers hinsichtlich einer allgemeinen Pflicht zur kostensparenden Ausführung geht fehl, wenn dem Auftragnehmer vertraglich nicht zugleich das Recht und die Pflicht auferlegt wurden, hierzu gegebenenfalls von Plänen abzuweichen. Technisch gesehen war auch die Planung einwandfrei. Wenn der Auftragnehmer vertraglich nicht zu einer Planabweichung befugt ist, kann sich hieraus selbst im Falle einer unterstellten Existenz von Planungsalternativen keine Bedenkenhinweispflicht ableiten lassen. Es gibt auch keine grundsätzliche Fürsorgepflicht, den Auftraggeber vor Vermögensnachteilen zu schützen. Selbst wenn der behauptete Mangel zur Kostenoptimierung tatsächlich vorhanden und auch derart offensichtlich gewesen wäre, dass er dem Auftragnehmer bereits in einer frühen Phase der Bauausführung und ohne vertiefte Prüfung hätte auffallen müssen, wäre jedenfalls das dem Auftraggeber zuzurechnende Mitverschulden des Planers als sein Erfüllungsgehilfe derart überwiegend, dass eine Mithaftung des Auftragnehmers ausgeschlossen wäre.
Die Bedeutung
Die Entscheidung des OLG Dresden ist in der Begründung und im Ergebnis zutreffend. Wenn der Auftragnehmer vertraglich nicht zu einer Planabweichung berechtigt ist, kann sich hieraus selbst im Falle unterstellter Existenz von Planungsalternativen keine Bedenkenhinweispflicht ableiten lassen. Anderenfalls wäre die in § 4 Nr. 3 VOB/B geregelte Hinweispflicht grenzenlos. Zudem gibt es keine gesetzliche Fürsorgepflicht des Bauunternehmers, seinen Auftraggeber vor Vermögensnachteilen zu schützen.