Es ist durchaus üblich, dass die Parteien eines Bauvertrags eine Vertragsstrafe für den Fall der schuldhaften Überschreitung verbindlicher Vertragsfristen – zumeist des Fertigstellungstermins – vereinbaren. Gerade prestigeträchtige Großprojekte des Bundes oder einzelner Länder, bei denen medienwirksam die Bauzeit und auch die Baukosten aus dem Ruder laufen, schrecken die übrigen Bauherren auf, die über Vertragsstrafen versuchen, eine pünktliche Fertigstellung ihres eigenen Bauvorhabens zu verwirklichen.
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Obwohl Vertragsstrafen-Vereinbarungen allgemein üblich sind, scheitern Bauherren mit entsprechenden Ansprüchen erstaunlich häufig vor Gericht. Dies resultiert daraus, dass ein „übliches“ Instrument wie eine Vertragsstrafe nicht unbedingt gleichzeitig auch einfach zu handhaben sein muss.
Neben dem Umstand, dass eine Vertragsstrafe nicht verschuldensunabhängig ausgestaltet werden darf und der Höhe nach doppelt zu beschränken ist, nämlich bezogen auf den jeweiligen Werktag der Terminüberschreitung und auf höchstens 5 % der Auftrags- oder Schlussrechnungssumme, stellen sich immer wieder Probleme, wenn es im Bauvorhaben zur Beauftragung von Nachtrags- oder Zusatzleistungen kommt.
Es versteht sich eigentlich von selbst, dass dann, wenn sich der Auftragsumfang vergrößert, die ursprünglich vereinbarte Bauzeit nicht mehr eingehalten werden kann. In solchen Fällen liegen die Tücken im Detail, wie zwei Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Celle aus dem Jahr 2016 belegen:
Im Rechtsstreit vor dem OLG Celle (Urteil vom 26.10.2016, Az. 7 U 27/16 – IBR 2017, 16) haben Nachtragsleistungen dazu geführt, dass der ursprüngliche vertragsstrafenbewehrte Fertigstellungstermin um 4 Wochen – dies entsprach 15 % der vereinbarten Ausführungsfrist – überschritten wurde. Der Bauherr machte eine Vertragsstrafe von 41.000,00 € geltend und verlor das Verfahren!
Das OLG Celle ließ offen, ob die Nachtragsleistungen von ihrem Umfang her so groß waren, dass damit der gesamte Zeitplan umgeworfen wurde mit der Folge, dass der Vertragsstrafenanspruch komplett entfällt. Denn selbst, wenn dies nicht angenommen werden kann, so verlängert sich die Ausführungsfrist, um die Zeiträume, die auf zeitliche Verzögerung durch die Nachtragsbearbeitung hervorgerufen wurden. Damit war der vereinbarte Fertigstellungstermin hinfällig. Verzug tritt jedoch nicht automatisch zu dem Zeitpunkt ein, der sich aus dem ursprünglichen Fertigstellungstermin zuzüglich der Verzögerungszeiträume ergibt. Vielmehr ist in einem solchen Fall zusätzlich eine Mahnung erforderlich, die der Bauherr nicht ausgesprochen hatte.
In dem Sachverhalt, der vom OLG Düsseldorf (Urteil vom 07.04.2016, Az. 5 U 81/15 – IBR 2017, 17) entschieden wurde, war es so, dass die Vertragsparteien den ursprünglich vereinbarten und mit einer Vertragsstrafe bewehrten Fertigstellungstermin vom 15.06.2005 mehrfach einvernehmlich aufgrund der Ausführung von Zusatzaufträgen nach hinten verschoben hatten; zuletzt auf den 26.10.2006. Eine Bezugnahme auf die Vertragsstrafen-Regelung des Hauptauftrages erfolgt bei den nachträglichen Vertragsänderungen nicht.
Auch hier muss der Unternehmer keine Vertragsstrafe leisten. Verschieben die Parteien Fertigstellungstermine einvernehmlich, fällt bei Überschreitung des ursprünglich vereinbarten Fertigstellungstermins keine Vertragsstrafe an. Ob die Vertragsstrafe für die neu vereinbarten Termine gilt, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Es spricht für das Fortgelten einer Vertragsstrafen-Vereinbarung auf eine neu vereinbarte Ausführungsfrist, wenn die Vertragsstrafe terminneutral formuliert ist. Wird jedoch ein konkreter neuer Fertigstellungstermin vereinbart, ohne auf eine Vertragsstrafen-Regelung Bezug zu nehmen, ist davon auszugehen, dass der neue Termin nicht vertragsstrafenbewehrt ist.
Es empfiehlt sich also, bei der einvernehmlichen Änderung von Vertragsfristen stets auf die Fortgeltung einer vereinbarten Vertragsstrafe zum neuen Termin hinzuweisen.