Die drohende Verjährung des Anspruchs auf Nacherfüllung führt in der Praxis oft zu Problemen. Wie die Parteien die Verjährungsfrist gestalten oder der Besteller sie sogar einseitig verlängern kann, verrät der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Dr. Christian Behrens.

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Ausgangslage: Verjährung von Mängelansprüchen
Verbindet die Parteien ein Bau- oder Werkvertrag und ist das von dem Unternehmer (Auftragnehmer, z. B. Bauunternehmer) hergestellte Werk mangelhaft, dann kann der Besteller (Auftraggeber, Bauherr – oder auch z. B. ein Architekt für ihn) u. a. die Beseitigung der Mängel verlangen.
Im BGB-Vertrag regeln das die §§ 634 ff BGB („Rechte des Bestellers bei Mängeln“), hatten die Parteien die VOB/B einbezogen, ist deren § 13 („Mängelansprüche“) einschlägig.
Einzelheiten interessieren hier nicht, abgesehen von der Frage nach der Verjährung der Mängelansprüche des Bestellers. Die unterliegen wie alle Ansprüche der Verjährung (s. § 194 BGB). Das bedeutet allerdings nur, sie nicht mehr gegen den Willen des Schuldners durchsetzen zu können, sobald der die Einrede der Verjährung erhebt. Abgesehen davon gehen diese Ansprüche aber nicht unter, eben weil es sich bei der Verjährung „nur“ um eine noch dazu vom Schuldner zu erhebenden Einrede und nicht etwa um eine rechtsvernichtende Einwendung (Beispiel: Erfüllung des Vertrags) handelt.
Anders als eine Einrede müsste eine rechtsvernichtende Einwendung im Streitfall vom zuständigen Gericht sogar von Amts wegen berücksichtigt werden.
Die einzelnen Verjährungsfristen regeln § 634a BGB (fünf Jahre u. a. bei Bauwerken) bzw. § 13 Abs. 4 Nr. 1 S. 1 VOB/B (vier Jahre bei Bauwerken), wurde durch die Vertragsparteien „für Mängelansprüche keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart“ – und nun beginnt es interessant zu werden.
Vertragliche Gestaltung von Verjährungsfristen
Obwohl nur der § 13 Abs. 4 Nr. 1 S. 1 VOB/B diese Freiheit der Vertragsparteien zur vertraglichen Gestaltung von Verjährungsfristen ausdrücklich nennt, gilt das auch im reinen BGB-Vertrag.
Danach können sich Besteller und Unternehmer (fast) beliebig über Verjährungsfristen einigen und sie vertraglich vereinbaren, je nach konkretem Bedarf im Einzelfall. Grenzen setzen aber die §§ 202 sowie 134 und 138 BGB: Nach § 202 Abs. 2 kann die Verjährung „durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden“. Nach § 134 und § 138 BGB dürfen vertragliche Vereinbarungen nicht gegen Verbotsgesetze verstoßen und nicht sittenwidrig sein.
Eine weitere Grenze setzt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Im Einzelnen ist darauf abzustellen, welche der Vertragsparteien eine Verkürzung („Erleichterung“) oder Verlängerung („Erschwerung“) anbietet oder verlangt.
Vereinfacht dargestellt, sind Klauseln, die eine Erleichterung regeln, regelmäßig dann wirksam, wenn der Auftraggeber (also Gläubiger der Mängelansprüche) sie stellt. Umgekehrt sind Vertragsklauseln, die eine Erschwerung (also eine längere als die gesetzliche Verjährungsfrist) regeln, regelmäßig wirksam, wenn der Auftragnehmer sie stellt. Auch das kann und soll hier nicht vertieft werden.
In der Praxis empfiehlt sich eine vertragliche Gestaltung abweichend von den in BGB oder VOB/B geregelten Fristen insbesondere in folgenden Fällen:
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Ein General- bzw. Hauptunternehmer erlangt die Abnahme erst später als sein Nachunternehmer. Dementsprechend beginnt für ihn auch die Verjährungsfrist im Verhältnis zu seinem Auftraggeber erst später. Rügt der Besteller aber erst dann Mängel des Gewerks eines Nachunternehmers, wenn die Verjährungsfrist im Verhältnis General- zu Nachunternehmer bereits verstrichen ist, kann letzterer gegenüber dem Generalunternehmer die Einrede der Verjährung erheben – also nicht mehr von seinem Auftraggeber in Anspruch genommen werden. Der Generalunternehmer als Auftraggeber seines Nachunternehmers dagegen bleibt im Verhältnis zu seinem Auftraggeber (z. B. dem Bauherrn) unverändert verpflichtet.
Um das zu verhindern, sollte ein General- bzw. Hauptunternehmer mit seinem Nachunternehmer vertraglich längere Verjährungsfristen vereinbaren, um zumindest einen Gleichlauf der verschiedenen Fristen zu erwirken (vgl. dazu bereits BGH, Urt. v. 23.02.1989, Az.: VII ZR 89/87; OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.06.1994, Az.: 21 U 90/92).
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Eine einvernehmliche nachträgliche Verlängerung der Verjährungsfrist ist ebenfalls zulässig und kann im Einzelfall durchaus sinnvoll, im reinen BGB-Vertrag sogar zwingend sein. Sollte z. B. der Auftraggeber erstmals Mängel kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist entdecken und rügen und sich die Vertragsparteien absehbar, aber nicht rechtzeitig vor Fristablauf einigen, wird der Bauherr verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen. Er kann beispielsweise ein selbständiges Beweisverfahren (s. §§ 485 ff ZPO) betreiben. Er kann auch Klage in der Hauptsache erheben. Damit verhindert der Bauherr, dass der Auftragnehmer einem späteren Verlangen des Auftraggebers nach Mängel-Beseitigung oder Kostenvorschuss die Einrede der Verjährung entgegenhalten kann. Um das zu vermeiden, können die Vertragsparteien noch nachträglich eine abweichende, hier längere Verjährungsfrist vereinbaren. Also z. B. fünf statt vier oder sieben statt fünf Jahre. Innerhalb der vorgenannten Grenzen sind sie insofern frei.
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Alternativ zur nachträglichen Verlängerung durch vertragliche Vereinbarung kann der Auftragnehmer, der ggf. die Einrede der Verjährung erheben könnte, auch ausdrücklich darauf verzichten, indem er eine Verjährungsverzichtserklärung abgibt, die aber unbedingt zeitlich befristet werden sollte (z. B. zunächst auf sechs Monate)
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Schließlich können die Parteien die Verjährungsfrist vertraglich sogar noch nach Eintritt der Verjährung verlängern, was im Ergebnis allerdings einem Verzicht auf die Einrede der Verjährung gleichkommt (vgl. dazu bereits BGH, Urt. v. 27.04.1972, Az.: VII ZR 144/70), weil eine bereits abgelaufene Frist nicht verlängert werden kann. Das ist deshalb möglich, weil es sich bei der Verjährung tatsächlich nur um eine Einrede, nicht aber eine rechtsvernichtende Einwendung handelt (s. o.): Mit Eintritt der Verjährung geht der Anspruch auf z. B. fachgerechte Beseitigung eines Baumangels nicht unter, er erlischt also nicht. Der Gläubiger (Auftraggeber, z. B. Bauherr oder auch Hauptunternehmer) kann ihn aber nicht mehr durchsetzen, solange sein Schuldner die Einrede der Verjährung erhebt – worauf aber auch verzichtet werden kann.
Einseitige Verlängerung der Verjährungsfrist
Nach Inkrafttreten des seinerzeit neuen Bauvertragsrecht des BGB (§§ 650a ff) Anfang 2018 schrieben einzelne und durchaus gewichtige Stimmen die VOB/B praktisch ab, weil das BGB einige bis dahin nur aus der VOB/B bekannte Regelungen in das neue Bauvertragsrecht übernommen hatte. Einige, aber eben nicht alle und darunter insbesondere den hier interessierenden § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B. Nach dieser Klausel beginnt eine neue, eigene Frist von zwei Jahren zu laufen, wenn der Auftraggeber rechtzeitig, also noch innerhalb der Verjährungsfrist Mängel schriftlich rügt und deren Beseitigung verlangt.
Darin liegt ein entscheidender Unterschied zum reinen BGB-Vertrag: Die bloße Rüge von Mängeln bewirkt dort nichts im Hinblick auf den weiteren Ablauf der Verjährungsfrist. Wird es also in zeitlicher Hinsicht knapp, muss der Auftraggeber rechtzeitig die Verjährung hemmende Maßnahmen ergreifen, sollte der Auftragnehmer nicht freiwillig eine Verjährungsverzichtserklärung abgeben (s. o.).
Anders im VOB/B-Vertrag, hier reicht bereits die rechtzeitige schriftliche Rüge des Mangels (oder verschiedener Mängel) und schon verlängert sich die Verjährungsfrist um zwei Jahre. Ob und wie weit sich das ggf. (erheblich) auf die Verjährungsfrist insgesamt auswirkt, hängt vom Zeitpunkt der Mängelrüge ab: Werden die Mängel erstmals bereits mehr als zwei Jahre vor Ablauf der Gewährleistungsfrist gerügt, hat die Regelung keine verjährungsverlängernde Wirkung (vgl. dazu Bolz/Jurgeleit, ibr-online-Kommentar VOB/B, 30.05.2023, § 13, Rdn. 258). Rügt der Besteller den Mangel dagegen erstmals kurz vor Ablauf der vierjährigen (§ 13 Abs. 4 VOB/B) oder anderweitig vereinbarten Verjährungsfrist, tritt eine Verlängerung um fast zwei Jahre ein.
In der Praxis kann das konkret eine Verjährungsfrist von z. B. fast sieben Jahren bedeuten: Dafür müssen sich die Vertragsparteien lediglich entweder darauf einigen, die VOB/B in den Vertrag einzubeziehen – oder der Auftraggeber stellt sie einseitig, um sodann im Rahmen des § 13 Abs. 4 Nr. 1 S. 1 VOB/B vertraglich eine an das BGB angelehnte Verjährungsfrist von fünf Jahren zu vereinbaren. Rügt dann der Auftraggeber erstmals kurz vor Ablauf dieser Frist einen Mangel, verlängert sich die Frist dann um zwei auf im Ergebnis fast sieben Jahre. Eine derartige vertragliche Regelung ist wirksam, denn sie hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand (so der BGH, Urteil vom 27.09.2018, Az.: VII ZR 45/17).
Doch Vorsicht! Die erneute Verjährungsfrist wird nur einmal in Lauf gesetzt. Das kann nachteilig für den Auftraggeber sein, sollte seine Rüge eines für sich gesehen wenig bedeutsamen Mangels den neuen Beginn der Verjährung für den gesamten Systemmangel verbrauchen. Allerdings gelten auch für die neue, durch das erste Mangelbeseitigungsverlangen in Gang gesetzte Frist die gesetzlichen Tatbestände der Hemmung (§ 204 BGB) und des Neubeginns (§ 212 BGB) der Verjährung.
Und – aber das folgt bereits aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B – die neu in Lauf gesetzte Verjährungsfrist bezieht sich nur auf die „gerügten Mängel“.