Entstehung und Abgrenzung
Verbundglas (VG) ist ein Laminat, das laut DIN EN ISO 12543-1 aus „einer Glasscheibe mit einer oder mehreren Scheiben aus Glas und/oder Verglasungsmaterial aus Kunststoff, die durch eine oder mehrere Zwischenschichten miteinander verbunden sind“ besteht. Das erste Patent auf Verbundglas beantragte 1905 John Crew Wood. 1908 wurde das Konzept dann vom Künstler und Buchbinder Édouard Bénédictus überarbeitet, der aus Glas, Gelatine, Cellulose und Spiritus seine Version von Sicherheitsglas patentieren ließ. Der aus Aachen stammende Glasfabrikant Ferdinand Kinon etablierte nach dem Erwerb der Verwertungsrechte Verbund-Sicherheitsglas im deutschen Automobilsektor für schussfeste Panzer und getönte Fliegerbrillen.
Die Begriffe Verbundglas (VG) und Verbund-Sicherheitsglas (VSG) werden seither oft synonym verwendet. Laut Definition in der deutschen Normierung sind beide aber zu unterscheiden, bzw. ist Verbund-Sicherheitsglas heute eine spezielle Art des Verbundglases.
Neben Anwendung als Verbund-Sicherheitsglas (VSG) kann Verbundglas je nach spezifischem Aufbau sowie der Art der klebefähigen und elastischen Zwischenschichten aus Kunststoff oder Harz ganz typische Eigenschaften besitzen, die es wiederum für spezielle Einsatzgebiete prädestinieren. Verbundglas kann als feuerwiderstandsfähige Verglasung in Brandschutztüren eingesetzt werden, Bestandteil von Schallschutzfenstern sein oder eben als Verbund-Sicherheitsglas (VSG) fungieren. Es werden durchwurf-, durchbruch und durchschusshemmende Verbundgläser unterschieden. Herstellung von Verbundglas
Bei der Produktion von Verbundglas kommen zwei Herstellungsverfahren, nämlich das Walzen- bzw. Rollenpressen-Verfahren und das Vakuumverfahren zum Einsatz. Bei beiden Verfahren werden mindestens zwei Glasscheiben im Wechsel mit der Kunststofffolie aufeinandergelegt und erwärmt. Ein Großteil des industriell hergestellten Verbundglases im europäischen Raum wird mit PVB, also Polyvinylbutyral-Folie produziert. Die dauerhafte Verbindung der Glasscheiben wird beim Erhitzen unter Druck im Autoklaven erzeugt. Dabei ist das Erreichen der vollen Haftung zwischen den verschiedenen zu laminierenden Schichten abhängig von deren Anzahl und Dicke. Danach erfolgt die Konfektionierung und Formgebung des Verbundglases in weiteren Herstellungsschritten wie dem Zuschnitt und dem Schleifen.
Die Gläser des Verbunds können aus verschiedenen Materialien, wie Kalk-Natronsilicatglas, Borosilicatglas oder Erdalkali-Silicatglas bestehen. Als Glasarten kommen u. a. Floatglas, gezogenes Flachglas oder poliertes Drahtglas zum Einsatz. Dabei können die Gläser auch eingefärbt, beschichtet oder z. B. durch Sandstrahlen oberflächenbehandelt sein. Die Verglasungsmaterialien aus Kunststoff können ebenfalls eingefärbt oder beschichtet sein. Als Zwischenschichten kommen unterschiedliche Werkstoffe mit verschiedenen optischen und mechanischen Eigenschaften zum Einsatz, z. B. Verbundfolien aus PVB (Polyvinylbutyral), aber auch aus PA (Polyacrylat), EVA (Ethylenvinylacetat), PMMA (Polymethylmethacrylat) und PUR (Polyurethan). In den Verbund können neben Gläsern, Verglasungsmaterialien aus Kunststoff und Kunststofffolien auch Platten, Drähte und Gitter aus verschiedenen Materialien eingebunden werden.
Verwendung von Verbundglas
Verbund-Sicherheitsglas (VSG)
Um ein Verbundglas als Verbund-Sicherheitsglas einsetzen zu können, muss es laut DIN EN ISO 12543-1 „nach einer Norm für den Aufprall weicher Körper klassifiziert“ sein und die Zwischenschicht des Verbund-Sicherheitsglases muss im Falle eines Bruchs durch den Aufprall dazu dienen, „Glasbruchstücke zurückzuhalten, die Öffnungsgröße zu begrenzen, eine Restfestigkeit zu bieten und das Risiko von Schnitt- oder Stichverletzungen zu verringern.“
Verbund-Sicherheitsglas wird meist mit Verbundfolien aus PVB (Polyvinylbutyral) produziert.
Verwendung findet Verbund-Sicherheitsglas beispielsweise für Frontscheiben von Fahrzeugen oder in Gebäuden als Einbruchschutz z. B. beim Einbau in Hauseingangstüren. VSG wird bei Dachverglasungen verwendet, um im Falle einer (Teil-)Zerstörung aufgrund der Resttragfähigkeit des Materials, das Herabfallen von scharfkantigen Scherben zu unterbinden. Neben Dachverglasungen werden Oberlichter, Lichtkuppeln, Dachlichtbänder oder Dachfenster aus Verbund-Sicherheitsglas gebaut. Weitere Einsatzgebiete für VSG sind Wintergärten und Brüstungen. In öffentlichen Gebäuden wie Schwimmhallen, Schulen und Kindergärten wird Verbund-Sicherheitsglas oft eingesetzt. Verbund-Sicherheitsglas kann mit weiteren Eigenschaften, wie integrierten LEDs, ausgestattet werden. Das erschließt neue Einsatzmöglichkeiten, die Sicherheit und dekorative Effekte verbinden. So wird VSG mit eingebetteten Leuchtdioden beim Bau von Treppen, Raumteilern oder Fußbodenbelägen verwendet. Verbundglas mit Schallschutzfunktion
Bei der Herstellung von Schallschutzfenstern, die gerne im Schlaf-, Wohn- oder Arbeitsbereich eingesetzt werden, kommt es auf die spezielle Konstruktion an. Ein Bestandteil dieser Konstruktionen können Verbundgläser mit hochwirksamen Schallschutzfolien, sogenannte Akustik-PVB-Folien, sein. In Kombination mit weiteren Glasscheiben und z. B. luftleeren oder gasgefüllten Zwischenräumen und schalldichten Fugen der Blend- und Flügelrahmen entstehen so Schallschutzfenster, die z. B. bei Schallschutzklasse 5, den Geräuschpegel im Inneren des Raumes um bis zu bis 49 Dezibel (dB) senken können.
Schallschutzfenster mit Verbundglas mit Akusitik-PVB-Folie an der Außenseite.
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Feuerwiderstandsfähiges Verbundglas
Feuerwiderstandsfähige Verbundgläser werden z. B. durch den Verbund von mehreren Floatglasscheiben z. B. aus Borosilicatglas (sehr unempfindlich gegen plötzliche Temperaturschwankungen) mit speziellen Brandschutzschichten hergestellt. Die feuerwiderstandsfähigen Zwischenschichten bestehen z. B. aus durchsichtigen, salzartigen Hydrogelschichten. Diese verdampfen bei einem Brand und dämmen durch die Salzstruktur gegen die Hitze des Feuers. Bei anderen Konstruktionen werden Zwischenschichten in das Verbundglas laminiert, die im Falle eines Brandes zu einer dicken, hochisolierenden und widerstandsfähigen Schicht aufschäumen. Diese wirkt dann thermisch isolierend, blockiert die Hitzestrahlung auf die dem Feuer abgewandte Seite der Verglasung und schützt auch gegen Rauch.
Feuerwiderstandsfähige Verbundgläser werden z. B. in Brandschutztüren vor allem in öffentlichen Gebäuden, in denen viele Menschen verkehren, wie in Schulen, Verwaltungsgebäuden, Einkaufszentren, Restaurants und Kindergärten verwendet. Verbundglas als Heizung, Antenne und mit Licht
Wird bei der Herstellung des Verbundglases eine Folie mit Wolframdrähten einlaminiert, eignet sich dieses Verbundglas als Heizung. An einen Stromkreislauf angeschlossen und eingeschaltet werden so Autoscheiben im Heck oder auch Frontscheiben per Verbundglasheizung aufgetaut. Eingesetzt werden diese beheizbaren Verbundgläser auch in Cockpits von Flugzeugen oder bei militärischen Gläsern.
Eine Antennenfunktion können Verbundgläser haben, wenn z. B. Kupferdrähte mit der Folie einlaminiert werden. Auch diese Verbundgläser werden u. a. für den Autobau verwendet.
Elektrisch leitfähige Zwischenschichten ermöglichen den Anschluss einer Lichtquelle oder auch die Einbettung von LEDs in das Verbundglas.