Nach der Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes mit Wirkung zum 01.08.2004 stellt jeder Verstoß eines Steuerpflichtigen, seine steuerlichen Pflichten bei Dienst- und Werkverträgen nicht zu erfüllen, Schwarzarbeit im Sinne des Gesetzes dar.
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Zunächst schien diese Gesetzesänderung ohne größere Auswirkungen auf die Rechtsprechung zu sein. Der Schein trog jedoch, da über einen längeren Zeitraum ausschließlich Sachverhalte zur Entscheidung anstanden, die unter die Geltung der Altfassung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes fielen.
Seit der ersten Entscheidung zum neuen Recht aus dem Jahr 2013 verschärft der Bundesgerichtshof (im Folgenden: BGH) die Rechtsprechung im Bereich der Schwarzgeld- bzw. der Ohne-Rechnung-Abreden. Denn die Folge der geänderten Fassung des § 1 SchwArbG ist, dass jeder gegen die steuerlichen Pflichten verstoßende Vertrag gemäß § 134 BGB nichtig ist.
Die Folgen dieser Nichtigkeit sind für beide Parteien der Schwarzgeldabrede weitreichend:
- Dem Auftraggeber stehen gegen den Auftragnehmer keinerlei Mängelrechte zu (BGH, Urteil vom 01.08.2013, Az. VII ZR 6/13).
- Der Auftragnehmer besitzt gegen den Auftraggeber keinerlei Vergütungs- oder anderweitige Zahlungsansprüche (BGH, Urteil vom 10.04.2014, Az. VII ZR 241/13).
- Der Auftraggeber kann vom Auftragnehmer geleistete Zahlungen – bspw. wegen Mangelhaftigkeit der Leistungen – nicht zurückverlangen (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. VII ZR 216/14).
In allen den vorgenannten Fällen ist es irrelevant, ob sich die Schwarzgeldabrede auf den gesamten Vertrag oder nur auf einen Teil desselben bezieht. Denn eine teilweise Schwarzgeldabrede „infiziert“ das gesamte Vertragsverhältnis und macht dieses insgesamt nichtig.
Diese harte Linie der Rechtsprechung setzt sich weiterhin fort:
Das Oberlandesgericht Schleswig entschied am 20.12.2016 (Az. 7 U 49/16), dass Gerichte eine Häufung von Umständen, die einen Verstoß gegen das Schwarzarbeitsverbot nahelegen, zu berücksichtigen haben, auch wenn sich keine der Prozessparteien hierauf beruft. Im konkreten Fall wertete das Oberlandesgericht folgende Umstände als Indizien für einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwArbG:
- Die geschäftliche Beziehung hatte ihren Ursprung im privaten bzw. nachbarschaftlichen Bereich.
- Es wurden Arbeiten erheblichen Umfangs (mehrere Tage unter Einsatz mehrerer Arbeitnehmer) ohne schriftliche vertragliche Grundlage verrichtet.
- Die Zahlungen des Auftraggebers erfolgten bar und ohne Quittung.
- Es wurde ein Stundensatz von lediglich 15,00 €/h angesetzt, was deutlich unter den üblichen Stundensätzen für vergleichbare Leistungen liegt, die ordnungsgemäß mit Steuern und Abgaben abgerechnet werden.
Der BGH nutzte sein Urteil vom 16.03.2017 (Az. VII ZR 197/16) um klarzustellen, dass auch eine nachträgliche Schwarzgeldabrede zur Nichtigkeit des Vertrags führt.
Im entschiedenen Sachverhalt nahmen die Auftraggeber zunächst einen Kostenvoranschlag des Auftragnehmers schriftlich an. Vor Beginn der Arbeiten verständigten sich die Parteien darauf, dass abweichend vom Kostenvoranschlag ein Teil des Werklohns ohne Rechnung gezahlt werden sollte, während gleichzeitig die Rechnung über den restlichen Teil der Arbeiten auf ein Mietobjekt ausgestellt werden sollte, in dem die Leistungen jedoch nicht zu erbringen waren.
Nachdem sich Mängel der Werkleistung zeigten, erklärten die Auftraggeber den Rücktritt vom Werkvertrag und forderten die Rückzahlung des bereits gezahlten Werklohns.
Die Klage blieb vor dem BGH erfolglos.
Es ist vollkommen irrelevant, ob die Parteien von Anfang an eine Ohne-Rechnung-Abrede vorsehen oder ob ihnen dieser Gedanke erst später kommt. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwArbG umfasst nicht nur von vorne herein gegen das Verbot der Schwarzarbeit gerichtete Verträge, sondern auch solche, die nachträglich dergestalt abgeändert werden, dass die gegen das besagte Gesetz verstoßen. Ziel des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes ist es, die Schwarzarbeit insgesamt zu verbieten und den Leistungsaustausch der Vertragspartner zu verhindern. Nicht nur der tatsächliche Vorgang der Schwarzarbeit soll unterbunden werden, sondern den zugrundeliegenden Rechtsgeschäften wird die rechtliche Wirksamkeit genommen.
Durch die Abänderung des ursprünglich wirksamen Vertrags in eine (teilweise) Ohne-Rechnung-Abrede wird der gesamte Vertrag nichtig. Der ursprüngliche, rechtlich zulässige Vertrag lebt nicht wieder auf.
Damit bleibt es dabei, dass diejenigen Auftraggeber und Auftragnehmer, die Schwarzgeldabreden schließen, aufgrund der Nichtigkeit des vermeintlichen Vertrags vor Gericht keinerlei Forderungen durchsetzen können.