11.08.2024 | Baurecht / BGB

Ingenieure und Rechtsdienstleistung: Was ist erlaubt?

Wer umfassend rechtlich beraten will, muss Jurist sein. Wenn Architekten und Planer Rechnungen prüfen oder Mängel anzeigen, beraten sie ihre Auftraggeber jedoch auch rechtlich. Verstoßen sie damit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)? Was Bau-Beteiligten erlaubt ist und was nicht, erklärt Peter Wotschke, Professor für Baubetrieb und Bauwirtschaft.
Ingenieure und Rechtsdienstleistung: Was ist erlaubt?
Bild: © f:data GmbH
Architekten und Bauingenieure, die als Planer, Prüfer, Bauüberwacher, Bauleiter, Projektsteuerer, Nachtragsmanager oder Gutachter tätig sind, einen Nachtrag oder eine Rechnung prüfen, einen Mangel anzeigen oder eine Abnahme verweigern, tätigen regelmäßig rechtliche Aussagen und beraten damit ihre Auftraggeberschaft in Rechtsfragen. Ist das zulässig oder verstoßen sie damit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)?
In den vergangenen Jahren haben deutsche Gerichte in zahlreichen Prozessen über diese Zulässigkeit entscheiden müssen, jüngst etwa in Form des BGH-Urteils VII ZR 190 / 22 vom 09.11.2023. Der BGH hatte darin klargestellt, dass ein Architekt mit der Erstellung eines Vertragsentwurfs mit einer selbst formulierten Skontoklausel seine Kompetenz überschritten hat. Im Rahmen der Bauüberwachung gehört es nämlich nicht zum Berufsbild des Architekten, Vertragsklauseln zu entwerfen. Vielmehr hätte er dem Auftraggeber empfehlen müssen, einen Rechtsanwalt damit zu betrauen.

Rechtsdienstleistung als Nebenleistung

Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Architekt überhaupt keine Empfehlung zum Umgang baurechtlich relevanter Fragestellungen geben darf – sofern diese als Nebenleistung erbracht wird, die zu seinem Berufsbild gehört.
Das RDG grenzt jedoch nicht exakt ab, wie weit eine zulässige Rechtsdienstleistung als Nebenleistung gefasst wird und wo diese ihre Grenze findet. Auch berücksichtigt das Gesetz die Architekten und die im Bauwesen tätigen Ingenieure im Wortlaut nicht. Inkasso-, Renten- oder Fördermittelberater sowie Wohnungsverwalter sind im RDG als Ausnahmefälle benannt, sie sind vom Verbot der Rechtsdienstleistung also ausgenommen. Für Architekten und Bauingenieure gilt das jedoch nicht.

Was gilt als Nebenleistung?

Doch bereits in der Begründung zum Gesetzentwurf 1 hat der Gesetzgeber festgestellt, dass Architekten und Bausachverständige, die z. B. im Zuge der Betreuung und Beaufsichtigung von Fertigstellungs- und Mängelbeseitigungsarbeiten für den Bauherrn Ansprüche gegen den Werkunternehmer geltend machen, eine Rechtsdienstleistung als Nebenleistung erbringen. Diese ist notwendigerweise an die eigentliche, die „Haupt“-Tätigkeit, geknüpft. Angesichts der besonderen Qualifikation dieser Berufsangehörigen ist eine solche Tätigkeit zulässig, so die Begründung zum Gesetzestext.
In der Praxis hat sich geradezu stillschweigend eingebürgert, dass Planende Aufgaben durch die Auftraggeberschaft übertragen bekommen, für die sie nicht ausgebildet sind und deren Übernahme bei kritischer Betrachtung nicht notwendig sind, um die eigentliche Tätigkeit erbringen zu können.
Zur Einordnung, was als Nebenleistung gebracht werden darf, formuliert Martin Falenski, Hauptgeschäftsführer der Bundesingenieurkammer, folgende Schlüsselfragen:
„Wird die Rechtsberatung losgelöst von der eigentlichen Dienstleistung verlangt? Dann ist es keine zulässige Nebenleistung. Muss ich diese Frage beantworten, um meinen Beruf ausüben zu können? Dann ist es eine zulässige Nebenleistung.“
Peter Wotschke
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