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Das Nichterreichen der steuerlichen Absetzbarkeit nach § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG führt nur dann zur Haftung des Architekten, wenn der Auftraggeber den Architekten ausdrücklich oder zumindest konkludent damit beauftragt hat, für die Möglichkeit der Sonderabschreibung zu sorgen oder wenn der Architekt unabhängig vom Umfang seiner Beauftragung eine falsche Auskunft zur Frage der Sonderabschreibung gab, auf die sich der Auftraggeber verlassen durfte.
Sachverhalt
Die Auftraggeber sanieren ein in einem förmlichen Sanierungsgebiet liegendes Gebäude. Die Auftraggeber beauftragen einen Architekten mündlich mit der Genehmigungsplanung und später mit der Bauleitung. Die Stadt stellt keine steuerrechtliche Bescheinigung nach § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG aus, da insbesondere kein Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags bezüglich des Sanierungsvorhabens geschlossen wurde. Die Auftraggeber behaupten, den Architekten zumindest schlüssig auch mit der Herstellung der steuerlichen Absetzbarkeit des Bauvorhabens beauftragt zu haben. Die Auftraggeber behaupten ferner, dass sie einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stadt geschlossen hätten, wenn Ihnen der Architekt mitgeteilt hätte, dass dies für die steuerliche Absetzbarkeit erforderlich gewesen wäre. Ihre Steuerersparnis hätte 211.958,76 Euro betragen. Diesen Betrag klagen die Auftraggeber nun von dem Architekten ein.
Entscheidung
Ohne Erfolg! Der Architekt war nach der Ansicht des Landgerichts Rostock (Urteil vom 13.09.2019, Az.: 2 O 495/18) nicht dazu verpflichtet, die steuerliche Absetzbarkeit zu erreichen. Denn die Auftraggeber konnten nicht beweisen, dass der Architekt mit der Prüfung der steuerlichen Absetzbarkeit beauftragt war. Ferner hat der Architekt auch keine Falschauskunft erteilt, für die eine Haftung grundsätzlich auch dann besteht, wenn sie lediglich gefälligkeitshalber erteilt wird. Ohne Kenntnis eines Architekten vom Ziel der Auftraggeber, die Sonderabschreibungsmöglichkeit zu erreichen, besteht keine allgemeine Pflicht aus dem Architektenvertrag, diese steuerrechtliche Abschreibungsmöglichkeit eigeninitiativ in den Blick zu nehmen. Denn die Herstellung der Sonderabschreibungsmöglichkeit ergibt sich weder aus den Leistungsbildern der HOAI als Auslegungshilfe noch aus den unstreitigen mündlichen Abreden der Parteien.
Praxishinweis
Nicht erlangte oder zurückzuzahlende Fördermittel oder steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten sind immer wieder Gegenstand von Streitigkeiten zwischen Auftraggebern und Architekten oder Generalunternehmern. Eine Pflicht zur Beantragung öffentlicher Fördergelder oder Schaffung der Voraussetzungen für Sonderabschreibungen besteht nicht allgemein aus dem Architektenvertrag. Diese Pflicht muss explizit vereinbart werden. Es gibt keine allgemeine Verpflichtung des Auftragnehmers, in jeder Hinsicht die Vermögensinteressen seines Auftraggebers wahrzunehmen. Der Auftragnehmer muss jedoch die wirtschaftlich-finanziellen Belange seines Auftraggebers beachten, soweit er sie kennt. Wie immer gilt Folgendes: Der Auftraggeber sollte in dem Architektenvertrag grundsätzlich regeln, welche Leistungen die Vertragsparteien zu erbringen haben. Dies sorgt für Transparenz und verringert Streitpotential.