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Mit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe können die gegenseitigen Ansprüche der Parteien gesichert werden. Die Vertragsstrafe hat zum einen den Zweck, Druck auf den Vertragspartner auszuüben, seine vertraglich übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Zum anderen soll sie den Schadensersatzanspruch des Gläubigers infolge Nichterfüllung pauschalieren, dessen Schadloshaltung ohne Einzelnachweis erleichtern.
Vertragsstrafen können individualvertraglich als auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam vereinbart werden.
Individuell vereinbarte Vertragsstrafen unterliegen lediglich den allgemeinen gesetzlichen Grenzen. Sie sind bei einem Verstoß gegen die guten Sitten unwirksam. Ein solcher Verstoß kann vorliegen, wenn eine ganz und gar unangemessene Vertragsstrafe vereinbart wurde, d.h. die Vertragsstrafe, gemessen an dem Interesse des Auftraggebers an rechtzeitiger Fertigstellung und Absicherung etwaiger Schäden, in hohem Maße unangemessen ist.
Die Vereinbarung von Vertragsstrafen in AGB ist der praktische Regelfall. Dann unterliegt die Vereinbarung der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB. Benachteiligt eine Vertragsstrafenklausel den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, ist sie unwirksam und eine Vertragsstrafe kann nicht gefordert werden.
Die Grenzen wirksamer Vertragsstrafenvereinbarungen werden durch das gesetzliche Leitbild sowie Sinn und Zweck der Vertragsstrafe gezogen. Die gesetzliche Ausgestaltung der Vertragsstrafe erfolgte in den §§ 339 ff. BGB. Danach gehört zum gesetzlichen Leitbild, dass Vertragsstrafen verzugsabhängig formuliert sein müssen, § 339 S.1 BGB. Die Verwirkung einer Vertragsstrafe darf damit nur unter der Voraussetzung bestimmt werden, dass ein Verschulden und grundsätzlich eine Mahnung des Schuldners vorliegen. Darüber hinaus müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen genau beschrieben sein, d.h. es muss zum Beispiel im Falle einer nicht gehörigen Vertragserfüllung aus der Klausel klar und präzise hervorgehen, auf welche Vertragspflichten sich der Verzug bezieht, zum anderen, auf welcher Berechnungsbasis –Auftragssumme, Abrechnungssumme, netto oder brutto etc. – die Vertragsstrafe ermittelt wird. Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs. 2 BGB. Zum gesetzlichen Leitbild gehört im Weiteren, §§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 BGB, dass die Vertragsstrafe auf einen Schadensersatzanspruch anzurechnen ist, darüber hinaus, § 341 Abs. 3 BGB, dass der Gläubiger sich die Vertragsstrafe bei der Abnahme vorbehalten muss, wobei der BGH in ständiger Rechtsprechung eine Klausel, wonach die Geltendmachung der Vertragsstrafe noch bis zur Schlusszahlung erfolgen kann, für wirksam betrachtet, vgl. BGH BauR 2003, 870, 874.
Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers kann sich auch aus der unangemessenen Höhe der Vertragsstrafe ergeben. Die Vertragsstrafenklausel ist dann insgesamt unwirksam.
Unangemessen können zum einen die Tagessätze, zum anderen die Gesamthöhe der Vertragsstrafe sein. Der BGH hat hierzu wiederholt entschieden, dass in Bauverträgen eine Vertragsstrafe bis zu 0,3 % der Auftragssumme pro Arbeitstag bzw. pro Werktag oder von 0,2 % pro Kalendertag für die Überschreitung des Fertigstellungstermins nicht zu beanstanden ist. Ein Tagessatz von 0,5 % der Auftragssumme ist dagegen vom BGH als unangemessen hoch eingeschätzt worden.
Problematisch ist die Vereinbarung von Vertragsstrafen für die Nichteinhaltung von Zwischenterminen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Kumulierungsverbot. Dieses besagt, dass eine Vertragsstrafe, die an die Überschreitung mehrerer Fristen – Zwischentermine und Fertigstellungstermin - geknüpft wird, dann unwirksam ist, wenn sich ein an sich ausreichend niedriger Tagessatz infolge einer Kumulation zu einem unangemessen hohen Tagessatz wandelt. Dies kann der Fall sein, wenn eine Verzögerungsursache bewirkt, dass mehrere Zwischentermine, ggfs. auch der Fertigstellungstermin überschritten werden und es bei der Anknüpfung der Vertragsstrafe an die volle Auftragssumme zu einer Kumulierung der Vertragsstrafe kommt. Dies kann dadurch vermieden werden, dass man eine Anrechnung früher verwirkter auf später verwirkte Vertragsstrafen bestimmt und/oder eine Vertragsstrafe für Zwischentermine jeweils auf die Teilauftragssumme für den betroffenen, terminierten Leistungsabschnitt beschränkt.
Zur Obergrenze der Vertragsstrafe hat der BGH für Bauverträge entschieden, dass diese für ab dem 30.06.2003 geschlossene Bauverträge 5% der Auftragssumme nicht überschreiten darf, vgl. BGH BauR 2003, 870 und BGH BauR 2004, 1609.
Bei der Gestaltung von Vertragsstrafenklauseln sollten danach zumindest folgende Grundsätze beachtet werden:
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Vertragsstrafen müssen verschuldens- und verzugsabhängig formuliert werden;
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die Berechnungsgrundlage der Vertragsstrafe soll klar und präzise formuliert werden; eine Zugrundelegung der Nettoauftragssumme ist grundsätzlich richtig;
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die Tagessätze müssen angemessen sein, sie dürfen insbesondere zu keiner Überkompensation des Gläubigerinteresses führen;
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eine Kumulierung von Vertragsstrafen für mehrere Vertragsfristen zu einem unangemessen hohen Tagessatz ist zu vermeiden; Berechnungsgrundlage von Vertragsstrafen für die Verletzung von Zwischenterminen sollte die jeweilige Teilauftragssumme des terminierten Bauabschnitts sein;
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die Obergrenze der Vertragsstrafe soll 5% der Nettoauftragssumme nicht übersteigen;
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eine Vertragsstrafe ist auf einen Schadensersatzanspruch anzurechnen;
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der Vorbehalt der Vertragsstrafe darf nicht länger als bis zur Schlusszahlung hinausgezögert werden; ein vollständiger Verzicht auf die Geltendmachung des Vorbehalts darf nicht erfolgen.
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Thomas Eichler, Dresden, ra-th.eichler@t-online.de