Es gibt diverse Sorgfaltsanforderungen, die die Parteien eines Bauvertrages zu beachten haben. Dies kann sich auf unterschiedlichste Bereiche der Vertragsabwicklung wie beispielsweise Beratung im Vorfeld des Vertragsabschlusses, Hinweispflichten während Durchführung des Vertrages oder ähnliches beziehen. Das Oberlandesgericht Köln (im Folgenden: OLG Köln) beschäftigt sich in seinem Urteil vom 31.05.2017 (Az. 16 U 96/16 - IBR 2017, 632) mit den Sorgfaltsanforderungen, die ein Tragwerksplaner hinsichtlich seiner Berechnungen einzuhalten hat.
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Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Bauherr beauftragte einen Tragwerksplaner mit den Leistungsphasen 1 bis 5 gemäß § 64 HOAI (Fassung 2002) für insgesamt 8 Häuser. Der Prüfstatiker beanstandete wiederholt die Berechnungen des Tragwerksplaners für den statischen Nachweis geplanter Mauerwerkswände. Durch die fehlerhaften Mauerwerksnachweise entstanden dem Bauherrn Mehrkosten für statisch erforderliche Änderungen von Mauerwerks- in Stahlbetonwände und erhöhte Prüfgebühren für den Nachprüfungsaufwand des Prüfstatikers. Diese Mehrkosten machte der Bauherr gegenüber dem Tragwerksplaner als Schadensersatz geltend.
Der Tragwerksplaner verteidigte sich damit, dass seine Berechnungen mit einem üblichen Softwareprogramm durchgeführt worden seien. Sofern der gerichtlich bestellte Sachverständige eine Fehlerhaftigkeit dieses Softwareprogramms festgestellt habe, sei dies für den Tragwerksplaner nicht erkennbar gewesen, so dass ein Verschulden ausscheide.
Das OLG Köln gibt dem Bauherrn Recht! Grundsätzlich genügt ein Tragwerksplaner den Sorgfaltsanforderungen, wenn er ein übliches Softwareprogramm nutzt. Dies gilt aber nur so lange, wie die Fehlerhaftigkeit des Softwareprogramms für den Tragwerksplaner nicht erkennbar ist. Bei bestehenden Hinweisen auf eine fehlerhafte Berechnung – die vorliegend in Form der wiederholten Beanstandungen seitens des Prüfstatikers gegeben waren – darf der Tragwerksplaner auf das von ihm als technisches Hilfsmittel eingesetzte Softwareprogramm nicht mehr vertrauen, wenn er nicht wenigstens eine Plausibilitätskontrolle der Ergebnisse vornimmt.
Der Tragwerksplaner hätte also seine Berechnungen mit einem anderen Berechnungsprogramm oder durch händische Nachberechnung überprüfen müssen. Dass er diese Kontrollmaßnahmen unterließ, wertet das OLG Köln als fahrlässig.
Die zitierte Entscheidung ist für sämtliche Planer relevant, die Berechnungsprogramme nutzen: Liegen Hinweise auf eventuelle Softwarefehler vor, muss diesen nachgegangen werden, um einer möglichen eigenen Haftung vorzubeugen.
Hierbei sind die durchgeführten Kontrollmaßnahmen ihrerseits zu dokumentieren, um später – womöglich vor Gericht – den entsprechenden Nachweis führen zu können, dass es Kontrollen gab und in welchem Umfang diese vorgenommen wurden.
Die Entscheidung zeigt, dass blindes Vertrauen in die eingesetzten Computerprogramme sich rächen kann.