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Immer wieder finden sich in der Praxis Klagen von Architekten, bei denen der Auftraggeber den ursprünglich festgesetzten Kostenrahmen durch eigenmächtige Anordnung hinsichtlich Qualität oder Ausstattung des Bauvorhabens sprengt und er dann schließlich, wenn dem Bauherrn selbst die Kosten über den Kopf wachsen, den Architekten in die Kostenverantwortung nehmen möchte. Ein solcher Fall wurde unlängst vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden. Der Bundesgerichtshof hat dieser Entscheidung rechtlich zugestimmt. OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2014 - 23 U 166/12; BGH, Beschluss vom 06.04.2016 - VII ZR 81/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Leitsatz 1 dieser Entscheidung:
Der Architekt ist verpflichtet, die Planungsvorgaben seines Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten. Vielmehr ist der Architekt auch verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen.
Leitsatz 2 dieser Entscheidung:
Inwieweit der Auftraggeber seine Kostenvorstellungen ausreichend zum Ausdruck gebracht hat, muss durch Würdigung im Einzelfall ermittelt werden. Dabei bringt eine Erklärung, die Baukosten sollten maximal einen bestimmten Betrag nicht überschreiten, die einzuhaltende Kostenvorstellung (des Auftraggebers) ausreichend zum Ausdruck.
Leitsatz 3 dieser Entscheidung:
Kann nicht festgestellt werden, dass eine bestimmte Kostengrenze als Beschaffenheit des Architektenwerks vereinbart wurde, der Auftraggeber dem Architekten eine entsprechende Vorgabe gemacht hat oder der Auftraggeber eine für den Architekten erkennbare konkrete Kostenvorstellung hatte, scheidet eine Haftung des Architekten wegen Baukostenüberschreitung aus.
Zu entscheidender Sachverhalt:
Das vom Auftraggeber gewünschte Gebäude vergrößert sich in der Planungsphase von 899 m³ umbauten Raum über 1351 m³ auf 1472 m³. Die Kostenschätzung des Architekten weist für den kleinsten Entwurf 270.209 € (Standardausführung) bzw. 299.460 € (gehobene Ausstattung) aus und für den mittelgroßen Entwurf 361.000 € (Standardausführung) bzw. 439.190 € (gehobene Ausstattung) aus.
In seinem Honorarangebot und im Bauantrag gibt der Architekt Baukosten von 360.000 € an, legt für den letzten Entwurf aber keine neue Kostenschätzung vor. Ausgeführt wird dann der größte Entwurf in stark gehobenem Standard und führt zu einem Gebäudeherstellungswert von 512.081 € ohne Baunebenkosten. Nunmehr fordert der Auftraggeber von dem Architekten Schadensersatz wegen Überschreitung der Kostenobergrenze von 361.000 €.
Entscheidungsgründe
Das OLG Düsseldorf lehnt die Klage des Auftraggebers ab. Die in der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) dem Architekten gegenüber vom Auftraggeber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen sind in dem Sinne verbindlich, dass sie vorbehaltlich einer Änderung den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt werden, wenn der Auftraggeber ihnen nicht widerspricht. Im hier zu entscheidenden Fall konnte der Auftraggeber aber nicht nachweisen, dass er eine für den Architekten erkennbare konkrete Kostenvorstellung hatte, mit welchen Baukosten das Bauvorhaben schlussendlich realisiert werden sollte.
Der Architekt, und das ist für die Praxis sehr wichtig, hat nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf auch seine Pflicht zu Kostenberatung nicht dadurch verletzt, dass er es unterlassen hat, konkret zu ermitteln, ob seine Pläne für den Auftraggeber überhaupt finanzierbar sind. Der Architekt hatte für das ursprünglich angedachte, erheblich kleinere, Haus und das später ausdrücklich gewünschte größere Haus je 2 Kostenschätzungen erstellt. Danach wurde das Bauvolumen aus Gründen, die jedenfalls der Architekt nicht zu vertreten hatte, nochmals erhöht. In diesem Moment hätte, so das OLG Düsseldorf der Auftraggeber klarstellen müssen, dass seine finanziellen Mittel für die Verwirklichung der gehobenen Ausstattung nicht ausreichen und Baukosten von 361.000 € in der Standardausführung seine persönliche finanzielle Obergrenze sind.
Hierzu folgender Praxishinweis:
Grundsätzlich muss ein Architekt den Auftraggeber auch hinsichtlich der Kosten des Bauvorhabens sachkundig beraten. Allerdings besteht insoweit eine Verpflichtung des Auftraggebers dergestalt, dass er unterscheiden muss zwischen den geplanten Baukosten und den bei der Ausführung anfallenden Kosten, die sich durchaus bei der von ihm selbst vorgenommenen Auswahl der Materialien und der von ihm gewählten Ausstattung des Gebäudes gravierend ändern können. Hier muss der Bauherr selber die Kostenentwicklung hinsichtlich von ihm selbst geänderter Quantität und Qualität mit den Parametern der Planung abgleichen.
Entscheidet sich der Auftraggeber für mehr Quantität oder mehr Qualität, muss er mit einem Mehr an Kosten rechnen. Selbst eine ursprünglich schriftlich vereinbarte Kostenobergrenze kann auf diese Art und Weise konkludent aufgehoben werden.