Von allen möglichen Flachdachaufbauten nimmt das Umkehrdach eine Sonderstellung ein, denn anders als beim üblichen einschaligen oder zweischaligen Flachdach liegt die Abdichtung hier unter der Wärmedämmung. Möglich macht dies der Einsatz von feuchtigkeitsunempfindlichen XPS-Dämmplatten. Worauf bei der Konstruktion eines Umkehrdaches zu achten ist und welche möglichen Fallstricke es gibt, soll im Folgenden dargestellt werden. Herkunft des Umkehrdachs
Seinen Ursprung hat das Umkehrdach in Süd- bzw. Mittelamerika. Das Dach der Aula der Universität Mexiko-Stadt und das Dach der Universität von Caracas in Venezuela gelten als die ersten Umkehrdächer und wurden bereits in den 1950er Jahren ausgeführt. Etwa zur gleichen Zeit wurden Umkehrdächer in den USA und Kanada erprobt. Während in den heißen Regionen Süd- und Mittelamerikas der Schutz der Abdichtungsbahnen vor Sonne und Hitze im Vordergrund stand, war dies im Norden der Schutz vor großer Kälte. In Deutschland finden Umkehrdächer seit Anfang der 1970er Jahre Anwendung, sowohl als ungenutzte Dächer als auch als genutzte Dachflächen z. B. in Form von Dachterrassen. Besondere Bedeutung haben Umkehrdächer bei Parkdächern.
Konstruktion eines Umkehrdachs
Die Konstruktionsweise von Umkehrdächern ist von unten nach oben immer gleich. Auf der Tragschale wird die Abdichtung aufgebracht, hierauf die Wärmedämmung verlegt. Das nachfolgende Filtervlies liegt unter einer Auflast, die den gesamten Dachaufbau beschwert.
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1. Tragschale
Im Regelfall werden Umkehrdächer auf Stahlbetondecken erstellt, Trapezbleche oder Holzuntergründe sind zwar grundsätzlich möglich, allerdings sind solche Aufbauten eher ungünstig. Der Grund dafür liegt einerseits in der statischen Belastbarkeit durch die notwendige Auflast in Form von Kies, Plattenbelag oder dergleichen, als auch in bauphysikalischen Nachteilen. Bei Stahlbetondecken wirken diese als Wärmespeicher, bei leichten Decken aus Stahltrapezblech kann beim Einsetzen von Regen eine schnelle Abkühlung und damit Tauwasserausfall eintreten. Anders als „Normaldächer“ gibt es bei Umkehrdächern keine Möglichkeit einer Ausführung ohne Gefälle. Grundsätzlich muss der Untergrund für die Dachabdichtung ein Gefälle von mindestens 2 % aufweisen, damit ein Wasserstau vermieden wird. XPS-Dämmstoffe sind zwar unempfindlich gegenüber Wasser, sie können aber Wasserdampf aufnehmen. Stauendes Wasser, das verdampft und in den Wärmedämmstoff eindiffundiert, kondensiert in diesem. Als Folge tritt eine Auffeuchtung des Dämmstoffes und damit auf Dauer der Verlust der wärmedämmenden Eigenschaften ein. 2. Abdichtung
Als Abdichtungsmaterial können sowohl Bitumen- als auch Kunststoffabdichtungsbahnen eingesetzt werden. Bei Bitumenbahnen können sogar Abdichtungen erstellt werden, die wasserunterlaufsicher sind. Dafür wird der Betonuntergrund durch Kugelstrahlen oder Feinfräsen vorbereitet sowie eine Prüfung der Haftzugfestigkeit nach DIN EN 1542 durchgeführt. Je nach Rauigkeit der Betonoberfläche wird als Haftgrund für die Bitumenbahnen eine Kratzspachtelung aus Reaktionsharzmörtel oder Reaktionsharz eingesetzt oder die erste Abdichtungslage wird mit einer Polymerbitumenheißklebemasse aufgebracht. Besonderes Augenmerk ist bei den mehrlagigen Bitumenbahnen auf den Versatz der Lagen untereinander zu legen. Durch den Versatz der Längsnähte werden Unebenheiten durch die Bahnüberdeckungen minimiert und die Dämmplatten liegen möglichst eben auf der Abdichtung auf. Es gibt außerdem die Möglichkeit auf der ersten Abdichtungslage aus Bitumen eine Oberlagsabdichtung aus Gussasphalt aufzubringen, hierdurch entsteht eine ebene Unterlage für die Wärmedämmung, was sich insbesondere auf die Verlegung nachfolgender Nutzbeläge positiv auswirkt. Beim Einsatz von Kunststoffabdichtungsbahnen muss die Verträglichkeit mit der Wärmedämmung besonders beachtet werden. So würde zwischen einer monomeren PVC-P-Abdichtungsbahn und dem XPS-Dämmstoff eine Weichmacherwanderung stattfinden. Folglich tritt eine verfrühte Alterung der Abdichtungsbahn durch den vorzeitigen Weichmacherverlustes ein. Abhilfe schafft hier die Verwendung einer Trennlage zwischen Dämmung und PVC-Abdichtung. Diese Trennlagen bestehen u. a. aus nicht verrottbarem Polyestervlies.
Auch die Anschlüsse von Umkehrdächern können in der Konstruktionsweise des Umkehrdaches hergestellt werden. Bei der Planung ist bereits zu berücksichtigen, dass die Anschlüsse mindestens 15 cm über die Oberkante des späteren Belages geführt werden. Da XPS-Dämmplatten nicht UV-beständig sind, müssen diese abgedeckt werden. Dies kann z. B. mit Betonwerksteinplatten erfolgen, bei den genutzten Dächern wird damit gleichzeitig die Forderung nach dem Schutz vor mechanischen Beschädigungen erfüllt.
3. Wärmedämmung
Kernstück des Umkehrdaches ist die wasserunempfindliche XPS-Wärmedämmung. XPS ist die Abkürzung für „extrudiertes Polystyrol“, anders als EPS („expandiertes Polystyrol“) ist XPS geschlossenzellig mit einer verdichteten Oberfläche. XPS ist bereits mit Wärmeleitzahlen ab 0,027 W/mK und in Dicken bis 320 mm erhältlich. Je nach Anforderung bzw. Nutzung des Daches werden Druckfestigkeiten von 300 kPa bis zu 700 kPa eingesetzt. Die Fachregel für Abdichtungen – Flachdachrichtlinie fordert bei Umkehrdächern ausdrücklich, dass der Dämmstoff einlagig verlegt wird. Bei einer zweilagigen Verlegung kann sich Wasser zwischen den Dämmstoffplatten absetzten, der Wasserfilm wirkt dabei wie eine Dampfsperre, der Umkehrdachaufbau muss aber nach oben diffusionsoffen sein. Einzelne Hersteller vertreiben Systeme mit einer zweilagigen Verlegung in Verbindung mit einer wasserableitenden Bahn oberhalb. Solche Systeme entsprechen nicht dem aktuellen Fachregelwerk und sind als Sonderkonstruktion einzeln zu vereinbaren. Sämtliche Dämmstoffe, die für Umkehrdächer eingesetzt werden sollen, müssen zusammen mit dem Filtervlies eine bauaufsichtliche Zulassung aufweisen. Ferner ist die Zulassung für Umkehrdächer zu beachten, die Dämmstoffe müssen dafür die Kennzeichnung „DUK“ aufweisen.
4. Filtervlies
Wie bereits ausgeführt, muss der Umkehrdachaufbau diffusionsoffen sein. Praktisch bedeutet dies, dass das Filtervlies die Diffusion zulässt. Da das Filtervlies die feinen Bestandteile der Auflast auffängt, wird das Niederschlagswasser nach einiger Zeit überwiegend vom Filtervlies abgeleitet.
5. Auflast
Als Auflast können Kies oder bei genutzten Dächern Plattenbeläge oder Ortbeton eingesetzt werden. Die Auflast verhindert das Aufschwimmen der Wärmedämmung und sorgt für die notwendige Windsogsicherheit des Aufbaus. Hierbei ist wichtig, dass der Windsognachweis für die Dachabdichtung und die Wärmedämmung getrennt erfolgen. Begrünte Umkehrdächer sind zwar prinzipiell möglich, bei diesen ist aber das Wurzelwachstum der Begrünung kritisch, der Dämmstoff kann von den Wurzeln unterwachsen werden.
Das Plus-Dach – ein besonderes Umkehrdach
Eine besondere Form des Umkehrdaches ist das sogenannte „Plus-Dach“. Es handelt sich dabei um eine Sanierungsmöglichkeit eines normalen einschaligen nicht belüfteten Flachdachaufbaus („Warmdach“), der mit einer XPS-Dämmung energetisch verbessert wird. Je nach Fall ist gegebenenfalls eine Korrektur des U-Wertes nach DIN EN ISO 6946 vorzunehmen. Bewertung der Eigenschaften eines Umkehrdachs
Vorteile des Umkehrdaches liegen in dem Umstand, dass die Dachabdichtung vor starker Hitze und Kälte geschützt liegt. Dadurch ist die Lebensdauer der Abdichtung länger als bei herkömmlichen Abdichtungsaufbauten. Auf Stahlbetondecken sind unterlaufsichere Aufbauten möglich.
Nachteilig sind die höheren Kosten des Dämmstoffes und der Anschlussabdichtungen durch größere Anschlusshöhen. Wird die Reparatur der Abdichtung erforderlich, müssen die Auflast und die Wärmedämmung hierfür beseitigt werden.
Zusammenfassend sind Umkehrdächer bei entsprechend sorgfältiger Planung und Ausführung eine wirtschaftliche und technisch sichere Lösung für Flachdächer. Dies haben Planer in den letzten Jahren erkannt, weshalb Umkehrdächer wieder vermehrt ausgeführt werden.