03.08.2017 | Vorschriften / Gesetze

Aktuelle Entwicklungen im Bauordnungsrecht

Aktuelle Entwicklungen im Bauordnungsrecht
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Die Musterbauordnung (MBO) wurde am 13.05.2016 durch Beschluss der Bauministerkonferenz geändert (vgl. Informationssystem der Bauministerkonferenz). Grund war der Anpassungsbedarf an das europäische Bauproduktenrecht, so die Begründung der Änderung der Musterbauordnung vom 04.03.2016 mit redaktionellen Korrekturen vom 20.04.2016. Das europäische Bauproduktenrecht war durch die Bauproduktenverordnung (EU) Nr. 305/2011 und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 16.10.2013 – C-100/13 – zum Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) fortgeschrieben worden.
Damit wollte der EuGH den europäischen Bauproduktemarkt stärken. Wegen des Marktbehinderungsverbots darf es fortan keine „nationalen Restregelungen bei harmonisierten europäischen Normen zur Sicherstellung der nationalen Verwendbarkeit von Bauprodukten“ (Wirth) geben.
Im Anschluss an die Änderungen der Musterbauordnung durch die Bauministerkonferenz wurden in verschiedenen Bundesländern die Bauordnungen novelliert. So wurde am 28.12.2016 die Novelle der Bauordnung Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) verkündet, hierzu Neumann/Beckerhoff, Barrierefreiheit und Bauwerkssicherheit im neuen Bauordnungsrecht, in Baurecht 2017, S. 824-829. Bauwerkssicherheit umfasst die Standsicherheit (Baugrund, Statik) ebenso wie den Lärmschutz, Kälte- und Wärmeschutz sowie den Brandschutz.
Ursprünglich war geplant, dass die Novelle der Bauordnung NRW im Wesentlichen ein Jahr nach -Verkündung in Kraft treten sollte. Die neuen Regelungen zu den Bauprodukten und Bauarten, die an die Vorgaben des Europarechts angepasst wurden, sind bereits am 28.06.2017 in Kraft getreten. Für die übrigen Regelungen wird es nach Verlautbarung der neuen Landesbauministerin von NRW auf dem Sommerfest der nordrhein-westfälischen Architektenkammer voraussichtlich ein Moratorium von einem weiteren Jahr geben. Dies erfolge mit Blick auf die Kritik an der neuen Landesbauordnung unter anderem an den baukostensteigernden Regelungen und den Forderungen nach mehr Verdichtung und auf das als restriktiv empfundene Abstandflächenrecht.
Die bisherigen Technischen Baubestimmungen gelten nach einem Runderlass des Bauministeriums vom 13.06.2017 fort. Der Entwurf der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (E-MVVTB) vom 31.05.2017 ist auf teils drastische Kritik der Spitzenverbände aus Baugewerbe, Bauindustrie, planenden und beratenden Ingenieuren sowie Prüfingenieuren einschließlich des VDI gestoßen. Diese sollte die Bauregellisten und Listen der technischen Baubestimmungen allmählich ersetzen. So haben diese Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme – abrufbar unter VDI - Gemeinsame Erklärung mit Spitzenverbänden – auf Mängel des europäischen Bauproduktenrechts und die hieraus resultierenden Gefährdungen für die Bauwerkssicherheit hingewiesen. Es wird in der Stellungnahme kritisiert, dass für nicht hinreichend geregelte („europäische“) Bauprodukte das Bauordnungsrecht dereguliert und liberalisiert werde, während im verlässlich funktionierenden nationalen Bereich die Durchregulierung beibehalten wird. Deutlich heißt es in der Stellungnahme unter Abschnitt I. Ziffer 7: – auf Mängel des europäischen Bauproduktenrechts und die hieraus resultierenden Gefährdungen für die Bauwerkssicherheit hingewiesen. Es wird in der Stellungnahme kritisiert, dass für nicht hinreichend geregelte („europäische“) Bauprodukte das Bauordnungsrecht dereguliert und liberalisiert werde, während im verlässlich funktionierenden nationalen Bereich die Durchregulierung beibehalten wird. Deutlich heißt es in der Stellungnahme unter Abschnitt I. Ziffer 7:
„Die sich aus defizitären Bauproduktnormen ergebende Haftung für die Sicherheit von Bauwerken und Verantwortung für deren bauaufsichtliche Abnahme können die am Bau Beteiligten in diesem Rechtsrahmen nicht tragen, da dies unter den gegebenen Voraussetzungen technisch nicht möglich ist. Die im Entwurf vorliegende MVV TB schafft hier keine Abhilfe. Denn mit der MVV TB bleibt das eigentliche Problem ungelöst, dass nämlich mit unvollständig geregelten Bauprodukten keine durchregulierten Bauwerke erstellt werden können.“
Die EU-Kommission hat zwischenzeitlich das Vertragsverletzungsverfahren zu Bauprodukten gegen Deutschland im Hinblick auf die Umsetzung der Vorgaben des europäischen Bauproduktenrechts eingestellt. Derzeit ist aber eine Klage der Bundesregierung gegen die Europäische Kommission wegen Gefährdung der Bauwerkssicherheit sowie des Umwelt- und Gesundheitsschutzes der Bevölkerung anhängig.
Das Bauordnungsrecht bleibt also in Bewegung. Wir halten Sie gerne auf dem Laufenden.
Andreas Neumann
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