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Immer wieder kommt es – insbesondere bei kleineren Aufträgen – zu Streitigkeiten zwischen den Parteien, ob der Unternehmer berechtigt ist, An- und Abfahrtkosten in Rechnung zu stellen.
Der Unternehmer vertritt regelmäßig die Auffassung, dass gerade kleinere Aufträge kalkulatorisch ansonsten nicht vernünftig erfasst werden können und sich nur durch Hinzurechnung der An- und Abfahrtkosten in irgendeiner Art und Weise gewinnbringend abrechnen lassen. Der Auftraggeber vertritt üblicherweise die Auffassung, dass hierüber aber doch gar nicht gesprochen worden sei. Es könne doch nicht sein, dass zusätzlich zu dem eigenen Werklohn teilweise beträchtliche weitergehende Kosten von ihm zu zahlen seien.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 28.02.2012 zum Aktenzeichen I-23 U 59/11 nunmehr die Voraussetzungen, unter denen eine Abrechenbarkeit der An- und Abfahrtkosten auch ohne ausdrückliche Vereinbarung in Betracht kommt, sehr prägnant dargelegt.
Zunächst ist natürlich die Frage zu stellen, ob überhaupt eine entsprechende Vereinbarung vorliegt oder nicht, denn die Frage, ob die Vergütung von An- und Abfahrtkosten „üblicherweise“ stattzufinden hat oder nicht, wird ja nur dann relevant, wenn es nicht eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien in die eine oder andere Richtung gibt. Haben also die Parteien eine Erstattung ausdrücklich vereinbart oder eben ausgeschlossen, so gilt natürlich das vertraglich Vereinbarte und geht jeder anderen Regelung voraus. Nur dann, wenn eine solche Vereinbarung ausdrücklich nicht vorliegt, ist die Frage zu stellen, ob eine „Üblichkeit“ der Vergütung insoweit vorliegt.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellt zunächst fest, dass es eine allgemeine Üblichkeit zur Übernahme dieser Kosten nicht gebe. Zwar sei der Werkunternehmer grundsätzlich berechtigt, die Kosten erstattet zu verlangen, die ihm entstehen, wenn der Leistungsort nicht der Ort seiner Betriebsstätte ist, weil er seinen Arbeitnehmern in der Zeit, in der sie sich auf dem Weg von der Betriebsstätte zum Leistungsort befinden, Lohn zahlen müsse, ohne dass der Arbeitnehmer hierfür etwas für den Arbeitgeber erwirtschafte. Im Baugewerbe sei es jedoch trotzdem nicht allgemein üblich, dass der Unternehmer die An- und Abfahrtskosten berechnen dürfe. Üblich sei dies in der Regel nur bei Werkleistungen, die in ein oder zwei Stunden auszuführen sind, dann aber sogar, wenn sich der Leistungsort am Ort der Betriebsstätte befindet. Bei über einen Zeitraum von mehreren Wochen zu erbringenden Werkleistungen sei demgegenüber eine Berechnung der An- und Abfahrtszeiten nach Stunden nicht üblich. In derartigen Fällen sei vielmehr davon auszugehen, dass der Unternehmer die mit der An- und Abfahrt seiner Arbeitnehmer verbundenen Kosten zum Gegenstand seiner Preiskalkulation für die Ausführung der Werkleistung gemacht hat und zwar in der Regel auch dann, wenn sich der Leistungsort nicht am Ort der Betriebsstätte des Unternehmers befindet. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Arbeitnehmer von zuhause direkt an die Baustelle fahren könne und diese ja letztlich sogar für den entsprechenden längeren Zeitraum sein Arbeitsplatz sei.
Entscheidendes Kriterium des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist also nicht etwa die Frage, ob der Leistungsort mit der Betriebsstätte identisch sei, sondern ausschließlich die Dauer des Einsatzes. Die vom Oberlandesgericht Düsseldorf hinzugezogenen Beispiele stellen sich natürlich als Extrempositionen dar. Auf der einen Seite ein bis zwei Stunden, auf der anderen Seite mehrere Wochen oder gar Monate. In diesen Fällen ist eine Zuordnung eindeutig möglich. Problematisch für die Baupraxis bleiben natürlich insoweit die Fälle, in denen beispielsweise ein halber Tag als Einsatzzeit anfällt. Ob hier eine Abrechenbarkeit erfolgen darf oder nicht, lässt das Oberlandesgericht Düsseldorf ausdrücklich offen. Im Hinblick darauf ist dringend angeraten, gerade in diesen Grenzbereichen im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine ausreichende Vereinbarung herbeizuführen.