Wer bauen will, muss wissen, ob sich der Baugrund für das Bauvorhaben überhaupt eignet. Wer was prüfen oder zumindest Hinweise erteilen muss, um nicht wegen eigener Pflichtverstöße zu haften, erklärt der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Dr. Christian Behrens.
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Wer bauen möchte, sollte möglichst genau wissen, worauf er baut, also wie der Baugrund beschaffen ist, ob er sich überhaupt für das konkrete Vorhaben eignet. Sonst kann es schnell zu Problemen oder gar Schäden und in der Folge zu ungeplanten Mehrkosten kommen. Baugrund ist „Boden bzw. Fels einschließlich aller Inhaltsstoffe (z. B. Grundwasser und Kontaminationen), in und auf dem Bauwerk gegründet bzw. eingebettet werden sollen bzw. sind, oder der durch Baumaßnahmen beeinflusst wird“.
In dem Zusammenhang ist oft von „Baugrundrisiko“ zu lesen. Dabei geht es aber regelmäßig noch gar nicht um ein mögliches Baugrundrisiko. Gemeint sind hier vielmehr Haftungsrisiken des Bauherrn oder von ihm beauftragter Architekten oder Bauunternehmer.
Haftungsrisiken minimieren
Den Parteien von Architekten- oder Bauvertrag müssen die Bodenverhältnisse des Baugrundstücks so gut wie möglich und wirtschaftlich noch vertretbar bekannt sein – unabhängig davon, wer hinterher ein sich realisierendes Baugrundrisiko tragen könnte.
Neben möglichen Risiken wie z. B. Altlasten im Boden müssen sie die tatsächliche Beschaffenheit des Bodens (Baugrunds) zumindest in zweierlei Hinsicht ermitteln:
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Die Statik
Der Baugrund muss hinreichend tragfähig sein. Wer schon einmal eine Autobahn über eine Torflinse baute oder wem ein Kran umstürzte, dem dürfte das bekannt vorkommen.
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Die Wasserverhältnisse
Diese müssen bekannt sein, denn wie sonst soll ein Architekt oder sonstiger Sonderfachmann ein dichtes Bauwerk planen können, was er grundsätzlich schuldet? „Grundsätzlich“, weil die Parteien eine hiervon abweichende Beschaffenheit vertraglich vereinbaren können. Machen sie das nicht, hat das Bauwerk dicht zu sein.
Sind dem Bauherrn die Bodenverhältnisse nicht hinreichend bekannt, sollte er das dem Architekten mitteilen – wenn einer beteiligt ist. Ist ein Architekt beauftragt, dann muss er den Baugrund umfangreich untersuchen. Der Bauherr beauftragt und bezahlt die erforderlichen Gutachten, soweit die Parteien das nicht vertraglich abweichend regeln.
Verzichtet der Bauherr entgegen der ausdrücklichen Empfehlung seines Architekten darauf, Gutachten einzuholen, gehen daraus resultierende Schäden oder auch nur Mehrkosten zu seinen Lasten. Anders wohl zumindest einige Gerichte, die den Architekten selbst dann noch in der Haftung sehen, wenn der Bauherr trotz ausdrücklicher Hinweise des Architekten den Baugrund nicht erkunden lässt und es dann zum Schaden kommt. Derartigen Fällen kann ein Architekt nur vorbeugen, indem er sich durch schriftliche Erklärung des Auftraggebers von einer möglichen Haftung freistellen lässt – oder im Zweifel den Architektenvertrag kündigt. Denn wie will ein Architekt fachgerecht z. B. ein dichtes Bauwerk planen können, wenn er die Bodenverhältnisse nicht kennt?
Hatte der Bauherr keinen Architekten beauftragt, muss spätestens der Tiefbauunternehmer vor Abgabe seines Angebotes prüfen, welche Bodenverhältnisse er seiner Kalkulation zugrunde legen kann. Denn: Wie will er ordentlich kalkulieren können, ohne die Bodenverhältnisse zu kennen?
Dafür müssen die Angaben zu den Bodenverhältnissen in der Ausschreibung des Bauherrn bzw. des Architekten ausreichen. Sollten sie das nicht, sind weitere Untersuchungen erforderlich. Baugrundbezogene Angaben des Bauherrn oder seines Architekten hat der Unternehmer nur auf ihre Plausibilität hin zu prüfen, eine eigene Pflicht zur Untersuchung des Baugrunds besteht für den Bauunternehmer grundsätzlich nicht.
Was „Baugrundrisiko“ bedeutet
Das verbleibende Restrisiko „Baugrundrisiko“ ist nicht gleichzusetzen mit „Beschaffenheit des Baugrunds“. Vielmehr handelt es sich bei dem Baugrundrisiko um ein nicht zu vermeidendes Restrisiko, das sich selbst dann noch realisieren kann, wenn alle am Bau Beteiligten und dafür Verantwortlichen ihre Pflichten gehörig erfüllt hatten. Dazu die DIN 4020:
„Baugrundrisiko ist ein in der Natur der Sache liegendes, unvermeidbares Restrisiko, das […] zu unvorhersehbaren Wirkungen bzw. Erschwernissen, zum Beispiel Bauschäden oder Bauverzögerungen, führen kann, obwohl derjenige, der den Baugrund zur Verfügung stellt, seiner Verpflichtung zur Untersuchung und Beschreibung der Baugrund- und Grundwasserverhältnisse nach den Regeln der Technik zuvor vollständig nachgekommen ist und obwohl der Bauausführende seine eigenen Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht Genüge getan hat.“
Handeln die jeweils verantwortlichen Akteure nicht danach, stellt sich die Frage nach ihrer Haftung etwa wegen eines Verstoßes gegen eigene vertragliche Pflichten oder gesetzliche Bestimmungen. Die Frage nach dem Baugrundrisiko stellt sich dann gar nicht erst. Selbst wenn sowohl der Bauherr / Auftraggeber als auch der Auftragnehmer all ihre Pflichten hinreichend erfüllen, besteht noch immer ein Restrisiko. Das liegt in der Natur der Sache. Denn kein Baugrund lässt sich vollständig untersuchen, es muss also stets ein Restrisiko verbleiben. Realisiert es sich, muss geklärt werden, wer die daraus resultierenden Kosten trägt.
Wer trägt das Restrisiko?
„Der Bauherr“, sagen die einen, „der Unternehmer“ – sagen die anderen. „Mal so, mal so“ oder „Es kommt darauf an“ – ließe sich wie immer gut vertreten. All das ist wenig hilfreich.
Im Interesse eines erfolgreich ausgeführten Bauvorhabens ist fast schon egal, wer am Ende wofür haftet, ließe sich ergänzen. Denn Fragen nach Haftung und Kosten sollen sich möglichst gar nicht erst stellen. Das lässt sich aber nicht immer vermeiden. Die Frage nach der Regulierung und ggf. Verteilung eines aus einem sich realisierenden Baugrundrisiko resultierenden Schadens kann nur und muss jeweils im konkreten Einzelfall geprüft und beantwortet werden.
Experten-Tipp
„Angesichts mannigfaltiger Haftungs- und anderer Risiken sind alle Parteien von Bauverträgen gut beraten, den Baugrund fachgerecht zu erkunden, soweit es für das Bauvorhaben auf eine konkrete Beschaffenheit ankommt (Tragfähigkeit? Grund- und andere Wasserverhältnisse?). Erst auf dieser Grundlage ist eine fachgerechte, mangelfreie Planung und spätere Bauausführung möglich. Wer das ignoriert und „blind“ ins „Blaue“ hinein plant und baut, kann Ansprüchen seiner Vertragspartner oder auch geschädigter Dritter (z. Bsp. Nachbarn) ausgesetzt sein, sollten Mängel oder andere Fehler zu einem Schaden führen. Allerdings kann sich auch bei sorgfältigster Ausschreibung, Planung und Bauausführung das Baugrundrisiko noch realisieren. Das liegt in der Natur der Sache und von Restrisiken.“ Weiterführende Literatur
- DIN EN 1997-1 | – Eurocode 7 – Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln
- DIN EN 1997-2 | – Eurocode 7 – Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds
- DIN EN 1997-2/NA | – Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds
- DIN 1054 | – Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau – Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-1
- DIN 4020 | – Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke – Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-2