12.03.2025 | Baurecht / BGB

Haftungsrisiken und Wasserschäden vermeiden – mit gewerkeübergreifender Planung

Bauwerke müssen abgedichtet werden, um Wasserschäden zu vermeiden. Die dafür erforderliche fachgerechte Planung erfordert Kenntnisse der Wasserverhältnisse. Die Bedeutung einer gewerkeübergreifend geplanten, normgerechten Abdichtung, z. B. nach DIN 18533, erläutert der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Dr. Christian Behrens im zweiten Teil der Serie „Wasser – die unterschätzte Gefahr am Bau“.
Wer schon einmal einen Wasserschaden erlebt hat, kennt die teils erheblichen Folgen von eindringendem Wasser für die Bausubstanz und die Schäden. Dem gilt es vorzubeugen!
Die beste Vorsorge gegen Wasserschäden ist eine fachgerechte Planung der Abdichtung eines Gebäudes – von der Bodenplatte und dem Sockel bis zu allen Bauteilen, die dauerhaft oder zeitweise Wasser ausgesetzt sind, wie z. B. bodentiefen Fenstern.
Um aber überhaupt fachgerecht planen zu können, müssen die Baugrund- und insbesondere die Wasserverhältnisse auf dem Baugrundstück bekannt sein. Sind sie es nicht, müssen sie untersucht werden oder sollten das zumindest. In dem Zusammenhang empfiehlt es sich, durchaus auch die Historie des Baugrundstücks zu betrachten und jedenfalls dann im Hinblick auf die Wasserverhältnisse aufzumerken und genauer hinzuschauen, wenn das Baugebiet Namen wie z. B. „Vor den Lehmkuhlen“ trägt.
Haftungsrisiken und Wasserschäden vermeiden – mit gewerkeübergreifender Planung
Bild: © f:data GmbH

Technisches Regelwerk

Wer auch immer die erforderlichen Planungsleistungen ausführt, egal, ob Architekt, Bauunternehmer (als Generalübernehmer) oder das später ausführende Gewerk, sollte mit dem einschlägigen technischen Regelwerk vertraut sein: Bereits im Juli 2017 löste die DIN 18533 die bis dahin geltende DIN 18195 ab. Während die alte Norm „Lastfälle“ behandelte, basiert die neue auf Wassereinwirkungsklassen und unterscheidet nach der Art der Einwirkung.
Wassereinwirkungsklassen nach DIN 18533.
Wassereinwirkungsklassen nach DIN 18533. Bild: © f:data GmbH
Dabei kommt es nicht auf den Ursprung des Wassers an, also darauf, ob es sich etwa handelt um:
  • anstauendes Grundwasser,
  • temporär durchströmendes Schichtenwasser oder
  • abziehendes Niederschlagswasser.
Es geht einzig darum, wie intensiv das Wasser auf den Bau einwirkt oder einwirken kann.
Neben der DIN 18533 ist die DIN 18531 (Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen) einschlägig, weitere Normen finden Sie am Ende des Beitrags.

Gewerkeübergreifende Planung

Um fachgerecht zu planen, müssen die Wasserverhältnisse auf dem Baugrundstück bekannt sein. Sind sie das nicht, weil keine hydrogeologische Baugrunduntersuchung zum Bemessungswasserstand vorliegt, ist bei der Planung und Ermittlung des Bemessungswasserstands bei nicht gedräntem Oberflächen- und Sickerwasser die Stauwassereinwirkung bis Oberkante (OK) Gelände anzusetzen (vgl. dazu die DIN 18533-1). Daraus resultiert dann die W2.1-E – „aufstauendes Sickerwasser“ – als maßgebende Wassereinwirkungsklasse für die Auswahl der für die konkrete Einbausituation geeigneten Abdichtungsmaterialien.
Ist die Wassereinwirkungsklasse bekannt und soll die Bauwerksabdichtung ihren Zweck erfüllen, also das Bauwerk hinreichend vor Wasser schützen, ist sie gewerkeübergreifend (!) zu planen. Das kann nicht deutlich genug betont werden!
Tipp aus der Praxis

„Aus der Praxis sei exemplarisch nur auf bodentiefe Fenster hingewiesen, die als barrierefreie Zugänge etwa zu Terrassen dienen: Werden deren Anschlüsse buchstäblich zwischen Verantwortlichkeiten und Gewerken ‚zerrieben‘ (d. h. im schlimmsten Fall fühlt sich niemand zuständig) und in der Folge nicht fachgerecht abgedichtet, leidet die alsbald durchfeuchtete Bausubstanz, in der weiteren Folge droht Schimmelbildung.
Im Einzelnen hat der Planer insbesondere bei Vorliegen zweischaliger Außenwandkonstruktionen mit Verblendmauerwerk die baupraktische Umsetzung der lückenlos anzuordnenden Abdichtung in ihren einzelnen Arbeitsschritten genauestens zu beschreiben und nach Möglichkeit auch zu skizzieren. So zumindest die Idealvorstellung, in der Praxis dagegen sieht es leider zu oft ganz anders aus – mit teils erheblichen Folgen (Schäden).“
Die fachgerechte Planung erfordert auch stets Augenmaß: Maßnahmen und Materialien müssen auf die maßgebliche Wassereinwirkungsklasse abgestimmt sein. Übermäßiger Aufwand, wie z. B. eine aufwendige WU-Sohle, ist unnötig, wenn kostengünstigere Alternativen ebenso geeignet sind.

Fachgerechte Ausführung

Es mag banal klingen, aber die beste Planung nützt gar nichts, wenn die zur Abdichtung ausgewählten Materialien nicht fachgerecht eingebaut werden.
Erste Voraussetzung hierfür dürfte die Beauftragung eines hinreichend qualifizierten Gewerks sein. So sollten sämtliche Abdichtungsarbeiten von einem fachkundigen Bauwerksabdichter (regelmäßig ein Dachdecker) ausgeführt werden. Sollten ungeachtet dessen andere Gewerke wie z. B. Tischler oder Metallbauer mit der Ausführung von Abdichtungsarbeiten beauftragt werden, sind diese gut damit beraten, rechtzeitig auf ihre im Einzelfall möglicherweise fehlende Qualifikation hinzuweisen, um dem Auftraggeber oder seinem Architekten die Gelegenheit zu geben, ein hinreichend qualifiziertes Gewerk zu beauftragen.
Sollen z. B. bodentiefe Fenster fachgerecht abgedichtet werden, hat es sich angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Rahmenkonstruktionen bewährt, unter Einbeziehung aller maßgeblichen Gewerke ein Abdichtungsmuster herzustellen.
Schließlich sind die Abdichtungsarbeiten, die regelmäßig in verschiedenen Arbeitsschritten durchzuführen sind, von dem bauleitenden Architekten oder Bauingenieur zu überwachen und im Rahmen technischer Zwischenabnahmen abzunehmen.

Fazit

Die Wasserverhältnisse auf dem Baugrundstück müssen zur Ermittlung der Wassereinwirkungsklasse untersucht werden. Diese ist entscheidend für die Auswahl der geeigneten Abdichtungsmaßnahmen und -materialien. Wird dies versäumt, muss der Planer vorsorglich Stauwassereinwirkung (W2.1-E) ansetzen, falls kein Drainagesystem vorhanden ist, entsprechend den Vorgaben der DIN 18533.
Auf der Grundlage ist die Abdichtung des Gebäudes im Detail und gewerkeübergreifend zu planen, das gilt insbesondere bei aufwändig herzustellenden Abdichtungen etwa von bodentiefen Fenstern bei Vorliegen zweischaliger Außenwandkonstruktionen mit Verblendmauerwerk.
Die Abdichtungsarbeiten sollten von einem fachkundigen Bauwerksabdichter ausgeführt und die einzelnen Arbeitsschritte von dem bauleitenden/-überwachenden Architekten oder Bauingenieur überwacht und abgenommen werden. Ansonsten drohen Haftungsrisiken.
Lesen Sie hier Teil 1 der Serie „Wasser – die unterschätzte Gefahr am Bau“ von Dr. Christian Behrens: „Baugrund und Haftungsrisiken“.
Christian Behrens
Ein Artikel von
  • Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
  • Schlichter für Baustreitigkeiten
  • Zimmermann & Manke Rechtsanwälte PartG mbB, Uelzen
  • Web: www.zm-kanzlei.de
  • E-Mail: ra.behrens@zm-kanzlei.de
  • Tel.: +49 0581 90100
  • Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg
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