06.10.2014 | Vorschriften / Gesetze

Das "unbekannte Wesen": Die gesamtschuldnerische Haftung von Unternehmer und Architekt auf Mangelbeseitigung

Das "unbekannte Wesen": Die gesamtschuldnerische Haftung von Unternehmer und Architekt auf Mangelbeseitigung
Bild: © mirpic, Fotolia.com
Als Architekt kennt man den Anspruch des Bauherrn auf Mangelbeseitigung in der Regel nur aus dem Blickwinkel heraus, dass man den Bauherrn unterstützt, seine Ansprüche auf Mangelbeseitigung gegen den Bauunternehmer, der den Mangel ja "gebaut" hat, durchzusetzen. Dies ist ja auch richtig so und gehört letztlich auch zu den Leistungsphasen der HOAI.
Unbekannt ist aber weitestgehend, dass es diesen Anspruch auf Beseitigung von Baumängeln seitens des Bauherrn nicht etwa nur gegenüber dem Bauunternehmer gibt, sondern eben auch gegenüber dem Architekten, auch wenn dieser selber ja gar nicht gebaut hat. Der Architekt haftet gemeinsam mit dem Unternehmer als sogenannter Gesamtschuldner, d. h. er ist genauso wie der Unternehmer selber zur Beseitigung dieser Mängel - so sie denn auf einem Fehler der Architektenleistung beruhen - verpflichtet.
Ein Fehler der Architektenleistung kann in einem Planungsfehler oder aber auch in einem Bauüberwachungsfehler liegen. Die Rechtsprechung ist dazu recht ausufernd, eine Haftung des Architekten wegen Bauüberwachungsfehlern wird mittlerweile sehr häufig angenommen. Problematisch in diesem Zusammenhang ist aber, dass es sich zwar formal um eine gesamtschuldnerische Haftung zwischen Architekt und Unternehmer handelt, also jeder selber zur Beseitigung des Mangels verpflichtet ist, auf der anderen Seite aber der Architekt - da er ja nicht selber gebaut hat bzw. nicht selber die Bauleistung erbracht hat - gar kein Recht hat, die Handwerkerleistung selber nachzubessern. Sein Nachbesserungsrecht bezieht sich insoweit lediglich auf seine eigene Leistung, also auf die Beseitigung von Planungsfehlern und/oder Bauüberwachungsfehlern, nicht aber eben auf die Beseitigung des Mangels selber.
Von daher hat das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 04.01.2012 zum Aktenzeichen 14 U 126/11, rechtskräftig durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 18.07.2013 zu Aktenzeichen VII ZR 28/12, nochmals sehr treffend festgehalten, dass zwar grundsätzlich ein Gesamtschuldverhältnis insoweit besteht, auf der anderen Seite aber nur der Unternehmer selber das Recht hat, sein Gewerk nachzubessern. Nur dem Unternehmer steht das Recht zu, den Mangel selber zu beseitigen. Ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem Unternehmer setzt voraus, dass ihm zuvor vom Bauherrn eine Frist gesetzt wurde und diese Frist fruchtlos verstrichen ist. Beim Architekten ist dies anders. Hat sich ein Fehler der Architektenleistung in dem fertigen Bauwerk niedergeschlagen, so schuldet der Architekt von vorne herein nur noch Schadenersatz. Einer vorherigen Fristsetzung dem Architekten gegenüber bedarf es nicht. Ein solcher Anspruch setzt eben nicht voraus, dass gegenüber dem Architekten eine Mangelrüge erhoben oder ihm Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben wird.
Dies aber wirft nun massive Probleme im Rahmen des sogenannten Gesamtschuldnerausgleiches auf. Der Gesamtschuldnerausgleich ist der Ausgleich unter den beiden Gesamtschuldnern intern. Das heißt, wenn der Bauherr einen der beiden Gesamtschuldner auf Schadenersatz in Anspruch genommen hat, kann dieser den Haftungsanteil des anderen Gesamtschuldners erstattet verlangen. Jeder der Gesamtschuldner schuldet dem Bauherrn 100 %. Die interne Quote macht man später unter sich aus. Dieser interne Rückgriffanspruch aber ist für den Architekten nur sehr problematisch durchzusetzen. Der Bauherr kann sich ja im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung auf Mangelbeseitigung auch sofort an den Architekten wenden und gar nicht erst an den Unternehmer. Im Hinblick auf den Architekten besteht aber nach oben Gesamtem sofort ein Schadenersatzanspruch. Der Bauherr kann also den Architekten unmittelbar und unverzüglich wegen des Mangels auf Schadenersatz in Anspruch nehmen.
Zahlt der Architekt nun diesen berechtigten Anspruch, so wird er versuchen Rückgriff zu nehmen. Im Rahmen des Rückgriffes wird aber dann der Unternehmer einwenden, dass er ja noch gar nicht das Recht hatte, den Mangel selber zu beseitigen und im Hinblick darauf ein Anspruch gegen ihn auf Zahlung nicht bestehe. Dieser Einwand ist regelmäßig berechtigt!
Von daher besteht ein erhebliches Risiko, dass der Architekt in dieser Konstellation auf dem Schaden "sitzen bleibt".
Dem Architekten kann daher nur dringend geraten werden, im Falle einer Mangelrüge durch den Bauherrn sofort dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung zu setzen. Mit Ablauf dieser Frist besteht dann auch gegenüber dem Unternehmer ein Schadenersatzanspruch und der Gesamtschuldnerausgleich ist "gerettet".
Markus Cosler
Ein Artikel von
  • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
  • Lehrbeauftragter für Nachtragsmanagement an der FH Aachen
  • Kanzlei Delheid Soiron Hammer, Aachen
  • Web: www.delheid.de
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