Eine Auftragnehmer-freundliche Auffassung zur Frage der konkludenten Abnahme einer Teilleistung durch Überlassung eben dieser Teilleistung an einen Drittunternehmer, dessen Leistung darauf aufbaut, traf das OLG Schleswig am 24.11.2017 (1 U 49/15 – ZfBR 2018, 364 ff), auch wenn die diesbezüglichen Ausführungen lediglich als Hilfserwägungen angeführt werden, die für die eigentliche Entscheidung nicht mehr relevant waren.
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Der Bauherr beauftragte den Auftragnehmer mit der Abdichtung einer dem Haus vorgelagerten Terrasse. Der Auftragnehmer stellte die Abdichtung auf der Betonsohle im November fertig. Der Bauherr ließ im Folgenden durch andere Unternehmer Estrich und Fliesen aufbringen, wobei im April des Folgejahres die Fliesenarbeiten noch ausstanden. Nachdem der Belag der Terrasse fertig gestellt war, brachte der Auftragnehmer im August die Wandanschlussleiste an und legte Schlussrechnung.
Die Zahlung des Werklohns erfolgt im September. Kurz nach der Zahlung teilte der Bauherr mit, dass sich der getätigte Einbehalt von 100,00 € auf Fleckenbildung und Verunreinigung einer Glasscheibe beziehe und sich außerdem im Hausinneren Feuchtigkeit zeige.
Aufgrund von Feuchtigkeitseintritten in den Folgejahren nimmt der Bauherr den Auftragnehmer in Anspruch und verliert!
Das OLG Schleswig sieht in der Zahlung des Werklohns eine konkludente Abnahme, da das Schreiben mit dem Vorbehalt beim Auftragnehmer erst nach Zahlungseingang zuging.
Trotzdem sieht sich der Senat zu Ausführungen dazu veranlasst, dass sogar eine zeitlich frühere konkludente Abnahme in Betracht kommt:
Eine konkludente Abnahme setzt ein Verhalten des Bestellers voraus, dass der Unternehmer als Billigung seiner Werkleistung verstehen darf. Ein solches Verhalten kann darin zu sehen sein, dass der Besteller die Leistung des Unternehmers einem Drittunternehmer als Gegenstand weiterer Leistungen überlässt. Denn dadurch gibt der Besteller zu erkennen, dass er die Leistung des Unternehmers als tauglich ansieht, um als Grundlage weiterer Arbeiten zu dienen. Gleichzeitig entzieht er sie dem Einfluss des Unternehmers.
Vorliegend spricht nach Auffassung des Senats gerade die zeitliche Staffelung (Abdichtung im November; Fertigstellung des Bodenaufbaus nach April des Folgejahres) für eine konkludente Abnahme der Teilleistung „Abdichtung“.
Eine Teilabnahme sei grundsätzlich konkludent möglich, wenn deutlich werde, dass dies dem Willen des Bestellers entspreche und er sich der Folgen bewusst sei. Aufgrund der Risikoabwägung sei eine Teilabnahme dann eher anzunehmen, wenn der Besteller das Werk zur Grundlage weiterer Leistungen mache, als wenn er z. B. bloß eine Abschlagsrechnung begleiche. Auch für einen Besteller, der Laie im Baubereich sei, sei erkennbar, dass er dem Unternehmer den Einfluss auf das Werk entziehe, wenn er Dritte daran arbeiten lasse. Es sei dem Unternehmer nicht zuzumuten, ohne zeitliche Grenze das Risiko für die Mangelfreiheit seines Werks zu tragen, obwohl er keinen Einfluss mehr auf etwaige Beschädigungen durch andere Gewerke nehmen bzw. solche wegen der Verdeckung seines Werks nicht einmal mehr erkennen und beseitigen könne.
Die Auffassung des OLG Schleswig ist für sämtliche Unternehmer, deren Leistungen üblicherweise im Zuge des Baufortschritts verdeckt werden als positiv und insbesondere als realitätsnah anzusehen. Dass Teile der Werkleistung, die jedoch nicht den strengen gesetzlichen Anforderungen an eine „abgeschlossene Teilleistung“ entsprechen, bereits während der Bauphase und vor Fertigstellung aller übrigen Vertragsleistungen überbaut werden, ist keine Seltenheit. Bedauerlich ist lediglich, dass der Senat seine Ausführungen dadurch relativiert, dass die Frage der Teilabnahme dahingestellt bleiben könne. Ein wenig mehr Mut zur eigenen Argumentation wäre zu begrüßen gewesen.
Dies gilt umso mehr, als dass die Regelung in § 4 Abs. 10 VOB/B zur Zustandsfeststellung von Leistungsteilen, die durch weitere Ausführung der Prüfung und Feststellung entzogen sind, unbefriedigend ist. Die Regelung dient im VOB/B-Vertrag zwar der Vorbereitung der Abnahme; sie ist aber keine. Der Besteller übernimmt für Mängel, die trotz angemessener Prüfung nicht feststellbar sind, durch die bloße Zustandsfeststellung nicht die Beweislast.