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Nach dem Kauf eines für ein konkretes Bauvorhaben und dessen spätere Nutzung tatsächlich nicht geeigneten Grundstücks stellt sich für den Käufer zwangsläufig die Frage, ob sein Vorhaben mit den Mitteln des öffentlichen Baurechts noch zu retten ist. Konkret hat er zu prüfen, ob das Grundstück, das Bauwerk oder beide den Vorgaben des öffentlichen Baurechts entsprechend umgestaltet werden können. Insofern kommen immer zwei Ansatzpunkte in Betracht: Entweder es gelingt ihm, die insbesondere bauplanungsrechtliche Lage des Baugrundstücks selbst zu verändern, wonach das Vorhaben im Ergebnis doch dem öffentlichen Baurecht entspricht. Oder er modifiziert das Bauwerk selbst, ebenfalls so weit und so lange, bis es vor allem den Anforderungen des Bauordnungsrechts entspricht.
Problemstellung
Das Problem bzw. Risiko ist bekannt (siehe dazu Teil 1), nur hat es sich nach dem Kauf eines tatsächlich für das konkrete Vorhaben nicht geeigneten Grundstücks – egal ob bereits bebaut oder nicht – realisiert: Vorbeugende Maßnahmen kommen nun zu spät, es geht lediglich noch um die Frage, ob das Vorhaben noch gerettet werden kann oder es sich mit Pech um eine Fehlinvestition handelt. Konkrete Maßnahmen, die helfen können
Konkret ist einleitend die „Gretchenfrage“ zu beantworten, ob ein noch zu errichtendes oder bereits vorhandenes Bauwerk so weit modifiziert, also noch umgeplant oder umgebaut werden kann, bis es den Vorgaben des öffentlichen Baurechts entspricht. Kommt beides nicht in Betracht, bleibt nur noch das (Bau-)Grundstück selbst: Insofern stellt sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht erneut die Frage, wo genau das Baugrundstück liegt: Im Außenbereich (§ 35 BauGB), im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) oder im Plangebiet eines (qualifizierten) Bebauungsplans (§ 30 BauGB):
Bauvorhaben im Außenbereich
Der Außenbereich soll grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden. Ausnahmen hiervon regelt zunächst § 35 Abs. 1 BauGB, der verschiedene privilegierte Vorhaben auflistet. Fällt das eigene Vorhaben nicht darunter, kann es ferner gleichwohl im Ausnahmefall zugelassen werden, wenn seine „Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist“ (§ 35 Abs. 2 BauGB). Dabei folgt aus „kann“ im Wortlaut der Norm nicht etwa ein Ermessensspielraum der Genehmigungsbehörde, vielmehr ist die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands erfüllt sind und das Bauvorhaben – soweit genehmigungsbedürftig – dem öffentlichen Baurecht auch im Übrigen entspricht. Denn der Bauherr hat einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, die zu erteilen ist, wenn „dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind“ (vgl. § 72 Abs. 1 S. 1 MBO). Ist also eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch Ausführung oder Nutzung des Vorhabens nicht festzustellen, besteht auf die Zulassung dieses Vorhabens ein Rechtsanspruch (vergl. Mitschang/Reidt in BKL, BauGB § 35 Rn. 66 unter Verweis auf die Rechtsprechung). Andernfalls würde die Baugenehmigungsbehörde den Inhalt des Eigentums bestimmen, diese Inhaltsbestimmung ist allerdings nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dem Gesetzgeber vorbehalten (a.a.O. m.w.N.).
Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt nach § 35 Abs. 3 BauGB, der mögliche Beeinträchtigungen nicht abschließend („insbesondere“) auflistet, z. B. vor, wenn das Bauvorhaben „den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht“ (Nr. 1). Diese Vorschrift im Detail zu behandeln, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, daher exemplarisch nur so viel: Flächennutzungspläne (s. §§ 5 ff BauGB) sind nicht in Stein gemeißelt, sondern ganz im Gegenteil in regelmäßigen Abständen an die sich ändernde Lebenswirklichkeit anzupassen bzw. zu aktualisieren. Zumal sie gerade keine Rechtsnormen sind und ihre Darstellungen daher nicht herangezogen werden dürfen „wie ein Gesetz“. Vielmehr ist stets zu fragen, ob in der jeweiligen Darstellung des Flächennutzungsplans eine „Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung“ tatsächlicher Gegebenheiten liegt (siehe dazu ausführlich Scheidler, Alfred: Die bauplanungsrechtliche Hürde der öffentlichen Belange für das Bauen im Außenbereich, in: Baurecht 2019, S. 190 (193) unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 15.03.1967, Az.: IV C 205.65). Konkret geht die Rechtsprechung von einer Aktualisierung von Flächennutzungsplänen etwa alle zehn bis 15 Jahre aus, weil sich deren Festsetzungen durch tatsächliche Veränderungen im Plangebiet innerhalb dieses Zeitraums regelmäßig überholt haben dürften.
Für einen Vorhabenträger, der sein Vorhaben zunächst nicht ausführen kann, weil (noch) Darstellungen des Flächennutzungsplans (F-Plan) entgegenstehen, folgt daraus zumindest die Möglichkeit, das Gespräch mit der zuständigen Gemeinde zu suchen, um so auf eine zu seinem Vorhaben passende Aktualisierung des F-Plans hinzuwirken.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei auf die in Abs. 4 geregelten Erleichterungen hingewiesen: Danach können insbesondere Umnutzungen ursprünglich nach Abs. 1 privilegierter Vorhaben zulässig sein, zumindest kann ihnen „nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind“ (§ 35 Abs. 4 S. 1 BauGB).
Bauvorhaben im (noch) Außenbereich
Liegt das Bauvorhaben bzw. Baugrundstück zwar im Außenbereich, grenzt es aber unmittelbar an den Innenbereich (§ 34 BauGB) an, ist immer an eine Innenbereichssatzung (vgl. § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB) zu denken: Danach kann die Gemeinde durch Satzung „einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind“. Auch insofern ist das Gespräch mit der zuständigen Gemeinde zu suchen.
Bauvorhaben im (noch) unbeplanten Innenbereich
Ist ein konkretes Bauvorhaben nur deshalb (noch) nicht genehmigungsfähig, weil es sich nach „Art und Maß“ usw. (s. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB) nicht einfügt, muss das nicht so bleiben: Mittel der Wahl kann – sollte das Bauwerk selbst nicht umgeplant werden können – ein ggf. sogar vorhabenbezogener Bebauungsplan (B-Plan) (§ 12 BauGB) sein, der passend zum konkreten Bauvorhaben aufzustellen sein wird. Da die Planungshoheit bei der jeweiligen Gemeinde liegt, ist die zwingend einzubeziehen. Bei größeren, vor allem gewerblich oder sonst zu Erwerbszwecken bestimmten Vorhaben kann im Einzelfall ein langfristiges strategisches Vorgehen helfen: Engagement in der Partei, welche die Ratsmehrheit stellt, Einzug in den Gemeinderat und dann die Mitarbeit im Bauausschuss können nicht zuletzt das eigene Bauvorhaben entscheidend fördern (…) – ein zugegeben etwas extremes Beispiel aus der Praxis, das lediglich der Illustration dienen und nicht als Handlungsempfehlung missverstanden werden soll. Zumal es regelmäßig reichen dürfte, sich mit der für die Planung zuständigen Gemeinde zu verständigen, denn die wenigsten zu Zwecken eines Unternehmens bestimmten Bauvorhaben dürften ausschließlich privatnützig sein. Ganz im Gegenteil dürften derartige Vorhaben regelmäßig jedenfalls auch gemeinnützig sein und sei es nur, weil ihre Ausführung und spätere Nutzung zu höheren Steuereinnahmen der Gemeinde führen. Spätestens im Hinblick darauf kann eine Gemeinde das stets vorab von ihr zu prüfende städtebauliche Erfordernis (der Planung, s. § 1 Abs. 3 BauGB) annehmen und sodann beschließen, in die konkrete Planung einzusteigen. Der Bauherr sollte aber zumindest wissen, alle Kosten vor allem des sich zudem immer über eine gewisse Zeit hinziehenden Planverfahrens tragen zu müssen, wobei es auch insofern darauf ankommen mag, wie attraktiv das Vorhaben für die jeweilige Gemeinde ist.
Beide Maßnahmen, also Aufstellung oder Aktualisierung des F-Plans und des B-Plans lassen sich im sog. Parallelverfahren sogar kombinieren, d. h. mit „der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans kann gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt werden“ (§ 8 Abs. 3 S. 1 BauGB). Wenn es eilt – und eilt es nicht immer? – kann sogar ein „vorzeitiger Bebauungsplan“ (Abs. 4) noch vor dem F-Plan aufgestellt werden.
Städtebaulicher Vertrag (Kosten…)
Wann immer es um Planungsverfahren geht, ist an die teils erheblichen Kosten (Planungsbüro, Gutachter etc. pp.) zu denken, die keine Gemeinde ohne Not auf sich nehmen wird, im Zweifel, weil sie das mangels hinreichender Mittel auch gar nicht kann. Handelt es sich zudem um eine vorhabenbezogene, damit aber nicht zwangsläufig ausschließlich privatnützige Planung, wird der Vorhabenträger die Kosten der seinem Bauvorhaben dienenden Planung im Regelfall selbst zu tragen haben. Einzelheiten können in einem zwischen ihm und der planenden Gemeinde zu schließenden städtebaulichen Vertrag (§ 11 BauGB) geregelt werden, an den in dem Zusammenhang ebenfalls zwingend zu denken ist.
Prüfung und ggf. Rettung des Vorhabens in bauordnungsrechtlicher Hinsicht
In bauordnungsrechtlicher Hinsicht entsprechen insbesondere bereits ältere Bestandsbauten im Einzelfall nicht mehr der ursprünglich erteilten Baugenehmigung – sofern eine solche überhaupt jemals erteilt wurde und es sich nicht von Anfang an um einen „Schwarzbau“ handelte. Vor diesem Hintergrund wird der Bauherr zu prüfen haben, ob und wie weit ggf. seine Immobilie ursprünglich genehmigt worden war und sie im aktuellen Zustand noch der Genehmigung entspricht. Stellt er jedenfalls ohne diese Prüfung einen z. B. auf Umbau oder Umnutzung gerichteten Bauantrag für sein Vorhaben, weckt er mit Pech zugleich die sprichwörtlichen schlafenden Hunde, denn die Baugenehmigungsbehörde prüft umfassend. Entdeckt sie erst in diesem Stadium einen im Ergebnis nicht mehr von der Baugenehmigung umfassten Zustand des Gebäudes, ist nicht nur der Bauantrag zum Scheitern verurteilt, sondern droht mit Pech noch ganz anderes Ungemach, etwa eine Nutzungsuntersagung oder gar eine Beseitigungsverfügung.
In derartigen Fällen wird sich der Bauherr fachkundiger Hilfe n. z. B. eines Architekten bedienen müssen, der dann durch Einsicht in die Bauakte und in Abstimmung mit der Baubehörde auf ein insgesamt dem öffentlichen Baurecht (erneut) entsprechendes Vorhaben hinzuplanen haben wird. Angesichts der dafür aufzuwendenden und die anlässlich der Ausführung anfallenden Kosten, welche die ursprünglich vom Bauherrn veranschlagten deutlich übersteigen dürften, ist in dem Zusammenhang immer auch an Abweichungen (vgl. § 67 MBO), also letztlich Ausnahmen im Einzelfall zu denken.
Fazit
Zusammenfassend dargestellt muss ein Vorhaben (im Sinne von § 29 BauGB) mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar sein und das stets in bauplanungs- wie bauordnungsrechtlicher Hinsicht. Die ursprünglich fehlende Vereinbarkeit kann im konkreten Einzelfall entweder mit den Instrumenten des flächenbezogenen Bauplanungs- oder denen des objektbezogenen Bauordnungsrechts herbeigeführt werden. Da beide aber nicht unabhängig nebeneinander, sondern vielmehr in Wechselbeziehungen zueinanderstehen, kann mitunter auch eine Kombination von Instrumenten beider Kategorien helfen. Sie muss es aber nicht: Es gibt keinerlei Garantie, sondern mitunter hilft nichts von alledem und ein Vorhaben scheitert dann endgültig. Dieses Risiko muss jedem bekannt sein, der zwecks Realisierung eines konkreten Vorhabens in eine Immobilie investiert. In jedem Fall sollte von wenigstens zwei Ressourcen – Zeit und Geld – genug vorhanden sein, denn eines haben alle voranstehend erörterten Maßnahmen gemeinsam: Sie kosten von beidem und das mitunter nicht wenig.
Insofern kann abschließend nur nochmals auf Teil 1 des Beitrags, also die vorbeugenden Maßnahmen, hingewiesen werden.