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Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 29.11.2013 zum Aktenzeichen 13 U 80/12 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 26.03.2015 zum Aktenzeichen VII ZR 15/14) nochmals mit einem weitverbreiteten Irrtum oder besser gesagt mit einer weitverbreiteten Ungenauigkeit aufgeräumt. Umgangssprachlich wird nämlich zwischen Mangel auf der einen und Schaden auf der anderen Seite leider nicht differenziert. Die Begriffe werden quasi synonym verwandt. Dabei sind sie völlig unterschiedlich. So ist es eigentlich wenig nachvollziehbar, dass die genannte Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe überhaupt erforderlich war, erst Recht, dass sie quasi als eine Art „Überraschung“ oder Ähnliches veröffentlicht und diskutiert wird. Meist erfolgt die Veröffentlichung unter dem Thema „Bereits das Risiko eines zukünftigen Schadens stellt einen Mangel dar!“. Auch diese Überschrift ist wenig überraschend und geht eigentlich auch am tatsächlichen Kern der Entscheidung vorbei.
Der Mangel ist nach gesetzlicher Definition die Abweichung der sogenannten Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit, also jede (und nicht nur eine negative) Abweichung des geschuldeten Vertrag-Solls im Hinblick auf den vorhandenen Ist-Zustand. Dies hat erst einmal rein gar nichts mit dem Eintritt eines Schadens oder Ähnlichem zu tun. Selbst wenn noch nicht einmal überhaupt ein Schaden droht, kann die Leistung mangelhaft sein.
Wenn beispielsweise die Verarbeitung eines konkreten Produktes geschuldet ist, so ist die Leistung mangelhaft, wenn ein anderes Produkt verbaut wird. Wer eine Leistung aus Lärchenholz erhalten möchte, für den ist die – handwerklich völlig einwandfrei gestaltete gleiche Leistung – in Buchenholz eben mangelhaft. Eines konkreten Schadens bedarf es hierzu gar nicht. Ein undichtes Dach ist ohnehin mangelhaft, auch wenn es noch gar nicht hereingeregnet hat und es damit noch nicht zu einem Schaden gekommen ist. Der Mangel ist dann das undichte Dach, der Schaden der Feuchtigkeitseintritt.
Von daher ist die große Aufmerksamkeit, die dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu Teil geworden ist, grundsätzlich sicherlich sinnvoll und wünschenswert. Wünschenswert wäre aber auch, dass die richtigen Schlussfolgerungen aus dem Urteil gezogen werden und in der Baupraxis künftig deutlicher zwischen Mangel auf der einen und Schaden auf der anderen Seite differenziert wird. Die Leistung kann mangelhaft sein, auch wenn überhaupt kein Schaden eingetreten ist. Der Bundesgerichtshof nennt den Schaden als solches oft das „Symptom“ für den Mangel. Im Hinblick darauf reicht es auch aus, wenn der Auftraggeber beispielsweise das Symptom rügt. Er muss den Mangel überhaupt nicht rügen, da er ja oft den eigentlichen Mangel, also quasi die Ursache für das Symptom, gar nicht kennt.