Außergerichtliche Verfahren der Konfliktlösung werden auch im Baubereich immer attraktiver. Es lohnt sich oft, früh über seinen Schatten zu springen und auf Sachebene eine schnelle Lösung zu vereinbaren. Vor Gericht droht eine Verzettelung im Klein-Klein und ein großer Verlust an Zeit und Geld, umso mehr in Zeiten einer Überlastung der Justiz.
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Auch im Bereich des Baurechts werden außergerichtliche Angebote zur Streitlösung immer häufiger und mit Erfolg angewandt. Zu diesem Thema habe ich anlässlich der Einweihung meines neuen Büros am 20.02.2020 eine Tagung über den Konflikt am Bau unter Beteiligung sowohl der Wissenschaft als auch der Praxis abgehalten.
Es handelt sich dabei um Schlichtungsverfahren, Schieds- und Schlichtungsgutachtenverfahren, schiedsrichterliche Verfahren oder beschleunigte Streitbeilegungs- und Feststellungsverfahren, wie Sie schon die VOB/B in § 18 kennt, sowie um die Mediation.
Aufgrund der zu erwartenden Mehrbelastung der Justiz wegen der aktuellen Krise – Corona bzw. COVID-19 – empfiehlt es sich umso mehr, den Gang zum Gericht auch im Baubereich möglichst zu vermeiden. Die Erlangung eines gerichtlichen Titels – ohnehin schon immer mit erheblichen Kosten und Risiken verbunden – wird künftig noch länger dauern als es heute ohnehin schon der Fall ist. Die Lösung der aufgetretenen Probleme und Spannungen wird dadurch aber auf die lange Bank geschoben, was zur Emotionalisierung führt.
Die ARGE Baurecht hat kürzlich ihre reformierte Schlichtungs- und Schiedsordnung vorgelegt (SOBau), die noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll. Die Vielfalt solcher Schiedsordnungen ist zwar zu begrüßen. Ob die neue SOBau aber ein ernsthaftes Gegenangebot zur etablierten Streitlösungsordnung für das Bauwesen (SL Bau) der Deutschen Gesellschaft für Baurecht werden kann bezweifle ich. Denn der aktuelle Entwurf der neuen SOBau ist zu lang und zu kompliziert. Die Regelungstiefe geht zu weit und erinnert an das Bienenrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Die Väter des BGB haben die ausdifferenzierte Rechtsprechung zu Fällen mit Beteiligung von Imkern in den §§ 961-964 BGB niedergelegt, komplizierte Sonderregelungen, die es für keine andere Landwirtschaft gibt.
Kompliziertheit führt aber gerade zu einer erhöhten Konfliktgefahr, wie Albrecht Merkle, Autor eines der wichtigsten Bücher über den Baukonflikt - http://www.albrechtmerkle.de/html/veroeffentlichungen.html - auf meiner Tagung vorzüglich dargestellt hat. Das gilt nicht nur für die technische Seite, sondern auch aus der Perspektive der Vertragsinhalte. Das Problem ist nicht zu wenig Text, sondern gerade umgekehrt die Masse an einzuhaltenden Regelungen, denen es nicht selten an Präzision oder sogar Verständlichkeit fehlt.
In meiner beruflichen Praxis empfehle ich daher eher die Einschaltung eines professionellen Mediators. Auf diese Weise kann auch das Verfahren selbst frei vereinbart werden und entsteht kein unnötiges Korsett. Eine Mediation kann jederzeit von allen Beteiligten auch wieder abgebrochen werden. Noch mehr als bei der Güteverhandlung bei Gericht hängt hier alles entscheidend von der Persönlichkeit der Mediatorin oder des Mediators ab.