31.08.2017 | Vorschriften / Gesetze

Neues – oder Altes? – zur Vertragsstrafe

Neues – oder Altes? – zur Vertragsstrafe
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Vertragsstrafenregelungen beschäftigen regelmäßig die Gerichte. Immer wieder versuchen Auftraggeber, die insoweit vorhandene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für sich optimierend auszulegen.
Die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind, dass ein Auftraggeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Vertragsstrafe verlangen kann für schuldhafte Terminüberschreitungen des Auftragnehmers in Höhe von 0,2 % pro Werktag oder 0,3 % pro Arbeitstag, maximal aber in Höhe von insgesamt 5 % des Vertragsvolumens.
Dies missfällt selbstverständlich nahezu allen Auftraggebern, denn je nach Auftragsvolumen kann dies natürlich in der Einzelsumme recht gering sein, genauso ist es, dass bei Erreichen der Hilfsgrenze die Motivation des Auftragnehmers insoweit natürlich gegen Null geht, die Baustelle beschleunigt fertig zu stellen.
Dabei übersehen die Auftraggeber in der Regel, dass die Geltendmachung des konkret entstandenen Schadens ja durchaus weiterhin möglich ist. Der Auftraggeber hat die Wahl, ob er entweder die Vertragsstrafe zieht, oder aber einen – ggf. deutlichst höheren – tatsächlichen Schadensersatz geltend macht.
Nicht verkannt werden darf hierbei natürlich, dass insoweit bei vielen Bauprojekten – insbesondere z. B. im Bereich des Straßenbaus – ein tatsächlich entstandener Schaden kaum darstellbar ist.
Im konkreten Fall, über den das Kammergericht entschieden hat, hatte ein Auftraggeber nun versucht, die Vertragsstrafenregelung für sich wie folgt zu optimieren: „Überschreitet der Auftragnehmer die Vertragstermine (Zwischen- und Endtermine) schuldhaft, ist eine Vertragsstrafe von 0,3 % der Nettoabrechnungssumme, jedoch mindestens 520,00 € je Werktag und nicht fertiggestellter WE vereinbart, höchstens jedoch 5 % der Nettoauftragssumme“.
Im Rahmen dieser Regelung beauftragte der Auftraggeber den Auftragnehmer mit Schlosserarbeiten für eine Wohnanlage. Die Gesamtvergütung betrug knapp 110.000,00 € netto. Für die jeweiligen Häuser wurden Zwischentermine vereinbart, außerdem ein Fertigstellungstermin für die komplette Vertragsleistung. Aufgrund verspäteter Fertigstellung macht der Auftraggeber sodann die Vertragsstrafe geltend.
Das Gericht hat dem – zu Recht – widersprochen.
Die Vertragsstrafenregelung ist zwar hinsichtlich der Gesamthöhe von 5 % nicht zu beanstanden, jedoch kann im Einzelfall der Tagessatz die prozentuale Höchstgrenze überschreiten. Bei der Vereinbarung der Vertragsstrafe ist zwar zunächst der Tagessatz 0,3 % der Nettoabrechnungssumme vorgesehen, allerdings ist der Zusatz „mindestens 520,00 € je Werktag und nicht fertiggestellte Wohneinheit“ tendenziell eine Überschreitung des Prozentsatzes. Wenn die Verwirkung der Frist nur für eine einzige Wohneinheit eintreten würde, so wäre ja allein der Tagessatz von 520,00 € um die 0,5 % der Auftragssumme. Wenn man nun aber als Bezugsgröße den Gesamtauftrag – wie vorgesehen – zum Ansatz bringt, dann ist nicht ausgeschlossen, dass der Tagessatz 0,5 % deutlich übersteigt. Dies aber widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, folglich ist die Vertragsstrafenregelung komplett unwirksam, der Auftraggeber darf überhaupt keine Vertragsstrafe verlangen.
Markus Cosler
Ein Artikel von
  • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
  • Lehrbeauftragter für Nachtragsmanagement an der FH Aachen
  • Kanzlei Delheid Soiron Hammer, Aachen
  • Web: www.delheid.de
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