§ 648 a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB bestimmt, dass die Vorschriften zur Bauhandwerkersicherung unter anderem dann nicht anzuwenden sind, wenn der Besteller eine natürliche Person ist und die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung ausführen lässt.
Das Oberlandesgericht Koblenz hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Bereichsausnahme des § 648 a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB auch dann gilt, wenn ein Bauträger, der als einzelkaufmännisches Unternehmen tätig ist, im Auftrag privater Bauherren ein Einfamilienhaus errichtet (Urteil vom 02.07.2015 - 1U 1433/14 - IBR 2016, 214).
Die Inhaberin des einzelkaufmännischen Unternehmens (im Folgenden: Bauträgerin) handelt als natürliche Person, ist jedoch gewerblich tätig. Einen zusätzlichen Baubetreuer, der über die Finanzierungsmittel verfügungsbefugt war, gab es im zu entscheidenden Sachverhalt nicht. Nach dem sich die Bauträgerin mit einem Nachunternehmer überworfen hatte, was zur vorzeitigen Beendigung des Werkvertrages führte, nahm der Nachunternehmer die Bauträgerin auf Leistung einer Bauhandwerkersicherung in Anspruch. Der Nachunternehmer verwies darauf, dass § 648 a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 nur „private Häuslebauer“ betreffe, die die Herstellung ihres Eigenheims solide finanziert hätten und für Ansprüche des vorleistungspflichtigen Unternehmers persönlich haften. Die Bauträgerin verwies darauf, dass sie aufgrund ihrer Rechtsform für die auftragsweise Erstellung der Einfamilienhäuser ebenso unbegrenzt hafte und infolgedessen die Privilegierung zum Tragen komme.
Das OLG Koblenz folgt der Argumentation der Bauträgerin. Die in der alten Fassung des § 648 a BGB noch enthaltene Einschränkung, dass das Einfamilienhaus „zur Deckung des eigenen Wohnbedarfs“ errichtet werde, sei in die heute gültige Fassung des § 648 a BGB nicht übernommen worden. Es werde nicht auf den Begriff des Verbrauchers, sondern auf den Begriff der natürlichen Person abgestellt. Eine Verpflichtung, dass die natürliche Person nicht gewerbsmäßig tätig sein dürfe, sieht § 648 a BGB nicht vor. Deshalb sei Abs. 6 der Norm auch für eine als natürliche Person handelnde Bauträgerin anwendbar. Das Oberlandesgericht verweist noch darauf, dass eine andere Bewertung der Angelegenheit zwar überlegenswert sei, jedoch im Gesetz keinerlei Stütze finde.
Vor diesem Hintergrund kann den Nachunternehmer mangels Leistung einer Sicherheit weder die Ausführung der Leistung verweigern, noch von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen.
Auch wenn die Entscheidung auf den ersten Blick überraschend anmutet, da eine gewerbsmäßig tätige Bauträgerin wohl kaum denselben Schutz verdient wie der private Häuslebauer, ist sie vor dem Hintergrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts des § 648 a BGB inhaltlich zutreffend. Insofern ist auch zu beachten, dass diejenige Privatperson, die bspw. alle 2 Jahre ein Einfamilienhaus zu Vermietungszwecken errichtet, ebenfalls unter den Anwendungsbereich der Norm fällt.
Das Oberlandesgericht Hamm befasste sich in seinem Urteil vom 08.10.2015 (21 U 71/15 - IBR 2016, 216) mit der Frage, wann der Anspruch des Auftragnehmers auf Leistung einer Bauhandwerkersicherung verjährt.
Zugrunde lag eine Fallgestaltung, in der es 2009 zum Abschluss eines Bauvertrages kam, der Auftragnehmer im Jahr 2012 erstmalig Bauhandwerkersicherheit gemäß § 648 a BGB forderte und diesen Anspruch im Jahre 2014 gerichtlich geltend macht. Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, der Anspruch auf Gestellung einer Bauhandwerkersicherheit gemäß § 648 a BGB sei bereits Ende des Jahres 2012 verjährt. Es gelte die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, die mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Bauvertrag geschlossen wird.
Dies sieht das Oberlandesgericht anders! Grundsätzlich ist die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gemäß § 195 BGB einschlägig. Diese Verjährungsfrist beginnt allerdings erst Ende des Jahres zu laufen, in dem der Auftragnehmer erstmalig die Gestellung einer entsprechenden Bauhandwerkersicherheit fordert. Es handelt sich um einen sog. verhaltenen Anspruch, bei dem der Schuldner (= Auftraggeber) nicht von sich aus leisten darf, der Gläubiger (= Auftragnehmer) die Leistung aber jederzeit fordern darf. Gemäß § 648 a Abs. 3 S. 1 BGB hat der Auftragnehmer die Kosten der Sicherheit im dort genannten Rahmen zu tragen. Könnte der Auftraggeber von sich aus ohne vorheriges Verlangen des Auftragnehmers die Sicherheit stellen, könnte er dem Letztgenannten die Kosten der Sicherheit aufdrängen, ohne dass sich der Auftragnehmer hiergegen erfolgreich zur Wehr setzen könnte. Deshalb ist die Fälligkeit des Anspruchs auf Gestellung der Sicherheit nach § 648 a BGB erst mit der entsprechenden Leistungsaufforderung durch den Auftragnehmer gegeben. Damit wäre Verjährung vorliegend erst Ende des Jahres 2015 eingetreten, zu diesem Zeitpunkt war der Eintritt der Verjährung durch das gerichtliche Verfahren gehemmt.
Diese Auffassung ist ausgesprochen praxisfreundlich und wird insbesondere bei Bauvorhaben, die auf einen längeren Zeitraum angelegt sind, das Streitpotenzial von vornherein verringern. Denn ansonsten wäre jeder Auftragnehmer gehalten, spätestens im dritten Jahr nach Abschluss des Bauvertrages Sicherheit gemäß § 648 a BGB zu verlangen und diesen Anspruch gerichtlich geltend zu machen, auch wenn bis zu diesem Zeitpunkt der Auftraggeber fristgerecht jede Akontoforderung bedient und keinerlei Mängel gerügt haben sollte. Dies wiederum ist kaum mit der bauvertraglichen Kooperationspflicht der Parteien in Einklang zu bringen.