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Immer wieder gibt es zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer Streit über die Frage, was genau von einem Pauschalvertrag erfasst ist und wie Abweichungen vom ursprünglichen Vertragsvolumen beim Pauschalvertrag zu behandeln sind. Anlass, hierauf noch einmal einzugehen, ist insbesondere das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 14.11.2012 zum Aktenzeichen 5 U 465/12, welches die Grundsätze nochmals besonders deutlich und gut herausarbeitet.
Im Einzelnen ist der Pauschalvertrag geregelt in § 2 Abs. 7 der VOB/B. Dort ist zunächst einmal festegelegt, dass die Pauschalsumme eben beim Pauschalvertrag unverändert bleibt und eine Anpassung dieser Summe nur dann in Betracht kommt, wenn eine derartig massive Abweichung vom Vertragsvolumen vorliegt, dass letztlich eine Art "Wegfall der Geschäftsgrundlage" vorliegt.
Auf der anderen Seite aber heißt es im weiteren Verlauf von § 2 Abs. 7 VOB/B, dass "die Regelungen der Abs. 4, 5 und 6 auch bei Vereinbarungen einer Pauschalsumme gelten".
Die Abs. 4, 5 und 6 im Rahmen dieser Vorschrift behandeln aber exakt die Vorschriften des Einheitspreisvertrages bezogen auf das richtige Vorgehen bei Leistungsänderungen, zusätzlichen Leistungen und teilweise entfallenen Leistungen aufgrund Teilkündigungen. Wenn aber die gleichen Vorschriften wie beim Einheitspreisvertrag bezogen auf geänderte Leistungen, zusätzliche Leistungen und Teilkündigungen beim Pauschalvertrag gelten, so kann sich letztlich die "Unabänderlichkeit" des Pauschalpreises nur noch auf das einzige beziehen, was noch insoweit an Leistungsänderungen vorliegen kann und dies sind Mengenmehrungen oder Mengenminderungen, da diese eben in § 2 Abs. 3 VOB/B geregelt sind und nicht in dem § 2 Abs. 4, 5 oder 6 VOB/B.
Damit stellt § 2 Abs. 7 VOB/B klar, dass der Unterschied zwischen Pauschalvertrag und Einheitspreisvertrag letztlich ausschließlich im Bereich der Mengenabweichungen liegt. Nur dort gilt wirklich der Grundsatz „pauschal ist pauschal“. Bei allen anderen denkbaren Abweichungen ist auch beim Pauschalvertrag eine Anpassung der Vergütung vorzunehmen und dies exakt so, wie beim Einheitspreisvertrag.
Im Hinblick darauf ist es verständlich, dass so mancher Auftraggeber im – meistens ja nicht einmal vorwerfbaren – Interesse einer Preissicherheit versucht, insoweit abweichend von der VOB/B eine deutlichere, definitivere und sicherere Fixierung der Pauschalsumme für sich durchzusetzen.
Teilweise wird dies bekanntermaßen dadurch versucht, dass die Leistung funktional ausgeschrieben wird um zu erreichen, dass es letztlich nur schwerlich noch seitens des Auftragnehmers zu geänderten oder zusätzlichen Leistungen kommen kann, da der Auftraggeber ja mit allem zufrieden ist, was die Funktion, die er wünscht, erreichen kann und der Auftragnehmer eine Art Garantie dafür übernimmt, dass auch sämtliche Leistungen, die zur Erbringung des Erfolges erforderlich sind, entsprechend mit einkalkuliert sind. Eine solche funktionale Ausschreibung wird nur dann problematisch, wenn der Auftraggeber nun versucht, doch gewisse Dinge definitiver zu regeln, da er hinsichtlich bestimmter Punkte auch konkrete Leistungen wünscht. Wenn er dies tut, läuft er wieder Gefahr, dass der Auftragnehmer nun doch über die Vorschriften einer geänderten Leistung oder zusätzlichen Leistung eine Vergütungsanpassung verlangen kann.
Die zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz nun befasste sich mit einem anderen Versuch des Auftraggebers, für sich Preissicherheit zu gewähren, indem man in den Vertrag hineinschrieb, dass "Änderungen der Bauausführung aufgrund technischer oder gestalterischer Notwendigkeiten bzw. aufgrund behördlicher Auflagen vorbehalten bleiben, jedoch aus diesen Änderungen keine Ersatzansprüche des Auftragnehmers abzuleiten seien. Das Oberlandesgericht Koblenz ist nun der Auffassung, dass im Hinblick auf die eindeutige Regelung der VOB/B eine davon abweichende Vereinbarung, wonach jegliche Änderungen keine für den Auftragnehmer anderweitige Vergütungsfolge haben dürften, genauer hätte gefasst werden müssen. Immerhin könnte der Auftraggeber sich ansonsten mit einem so umschriebenen Passus das Recht vorbehalten, massive Änderungen vorzunehmen, die auch im Hinblick auf einzubauende Produkte die Preisgestaltung des Unternehmers betreffen und dieser könne dann keine Preisanpassung vornehmen. Im Hinblick darauf müsse – wenn man so etwas tatsächlich will – dies viel deutlicher formuliert sein. Bei der vom Auftraggeber gewählten Formulierung liege es im Hinblick auf § 2 Abs. 7 VOB/B vielmehr nahe, dass mit der dortigen Formulierung der "Ersatzansprüche" nicht etwa Vergütungsansprüche, sondern eben darüber hinausgehende Ersatzansprüche wegen Bauzeitverzögerungen oder ähnlichem gemeint seien.
Im Hinblick darauf verblieb es im zu entscheidenden Fall eben bei der Regelung der VOB/B wie eingangs dargestellt.
Wenn ein Auftraggeber also tatsächlich entsprechend die Preisanpassungen wegen geänderter oder zusätzlicher Leistungen ausschließen möchte, so muss er dies äußerst deutlich in den Vertrag hineinschreiben, damit eine solche Regelung nachvollziehbar und wirksam ist, da letztlich für den Auftragnehmer da ja ein erhebliches Wagnis-Risiko liegt, welches kalkulatorisch in irgendeiner Art und Weise gefasst werden muss.
Insgesamt ist die Entscheidung des OLG Koblenz daher zu begrüßen. Es ist nicht sachgerecht, hier ein vom Auftragnehmer nicht im Geringsten zu beeinflussendes Risiko der Planänderungen, die ja letztlich der Auftraggeber vornimmt, dem Auftragnehmer finanziell auf zu bürgen, ohne dass deutlich wird, dass er tatsächlich dieses Risiko übernehmen muss.