Wenn der Auftraggeber eine Rechnung nicht prüfen kann, wird sie nicht fällig und muss nicht beglichen werden. Das bedeutet aber nicht, dass der Auftraggeber die erhaltene Bauleistung nicht bezahlen muss. Der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit muss konkret und fristgerecht erfolgen. Wie das gelingt, erläutert Peter Wotschke, Professor für Baubetrieb und Bauwirtschaft.
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Im VOB-Vertrag sind einfache, klar benannte Kriterien einzuhalten, um die Rechnung prüfbar zu gestalten. § 14 VOB/B fordert vom Auftragnehmer, dass er die Leistungen prüfbar abrechnet, indem er:
- die Rechnung übersichtlich aufstellt,
- die Reihenfolge der Posten einhält und die in den Vertragsbestandteilen enthaltenen Bezeichnungen verwendet,
- die zum Nachweis von Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege beifügt,
- Änderungen und Ergänzungen des Vertrags in der Rechnung besonders kenntlich macht und
- die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen beifügt.
Diese Kriterien beziehen sich nicht auf die rechnerische oder sachliche Richtigkeit, sondern ausschließlich auf die Form. Bei der Kontrolle empfiehlt sich daher eine dreistufige Prüfung:
- Formale Prüfung / Prüfung der Prüfbarkeit
- Sachliche Prüfung / Prüfung der Anspruchsgrundlage
- Rechnerische Prüfung / Prüfung der Anspruchshöhe
Bevor sich der Auftraggeber somit den Inhalten der Rechnung in Grund und Höhe widmet, sollte die formale Prüfung zum Ergebnis kommen, dass die Rechnung prüfbar ist.
Schweigen und Nichtzahlen ist nicht zielführend
Wenn der Auftragnehmer jedoch in einer Form abrechnet, die der Auftraggeber bei bestem Willen nicht prüfen kann, muss der Auftraggeber dies dem Auftragnehmer zeitnah mitteilen. Diese Mitteilung wird als Prüfbarkeitseinwand bezeichnet und ist in der Regel innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Rechnung vorzunehmen.
Schweigen und Nichtzahlen sind nicht zielführend! Vielmehr muss der Auftraggeber mit Fristsetzung verlangen, dass nachgebessert wird. Reicht der Auftragnehmer die prüfbare Rechnung nicht innerhalb der Frist ein, kann der Auftraggeber die Rechnung erstellen lassen und die Aufwendungen dafür dem Auftragnehmer in Rechnung stellen.
Typische Formulierungen für einen Prüfbarkeitseinwand
Diese Argumente sind geeignet für einen Prüfbarkeitseinwand:
Beispiel 1:
„Ihre Rechnung ist nicht in der Reihenfolge der Positionen des Vertrages mit vertragsgemäßen Bezeichnungen aufgebaut. Die Rechnung beinhaltet nicht einmal eine Nummerierung der Positionen. Die Rechnung ist daher nicht prüfbar.“
Beispiel 2:
„Die Ermittlung des Rechnungsbetrags von 122.222 EUR netto ist nicht nachvollziehbar, da keine der Positionen einen Preisansatz in der Rechnung ausweist. Ihre Begleit-E-Mail, mit der Sie den Rechnungsbetrag zu erläutern versuchen, lässt weder nachvollziehen, woher die Preisansätze für die Malerarbeiten oder die Vorbereitung dazu stammen, noch welche Leistungen genau und in welchen Bauteilen vorgenommen wurden, und mit welchem Umfang.“
Beispiel 3:
„In Ihrer Rechnung haben Sie Nachträge nicht gesondert ausgewiesen, sondern vollständig in die Leistungspositionen des Hauptauftrags untergemischt. Die geltend gemachten Putzarbeiten waren als solche nicht Bestandteil des Auftrages und von uns nicht bestellt worden. Auch sind sie in Ihrer Rechnung nicht mit prüfbaren Angaben zu Art und Umfang der Leistung dargestellt, geschweige denn, bewiesen. Das ist nicht prüfbar.“
Ungeeignete Argumente für einen Prüfbarkeitseinwand
Solche Aussagen sind nicht geeignet:
Beispiel 1:
„Wir weisen Ihre Rechnung als nicht prüfbar zurück, weil sie vollumfänglich, also an sämtlichen Rechnungsposten, unter schweren Defiziten leidet.“
Dieser Einwand ist zu pauschal und daher nicht geeignet. Für den Auftragnehmer ist vollkommen unklar, was genau das Problem sein soll und in welcher Art er nachzubessern hat.
Beispiel 2:
„Wir weisen Ihre Rechnung als nicht prüfbar zurück, weil fehlende Seiten 47 und 48 von 255 und eine insgesamt vorliegende Intransparenz und Unübersichtlichkeit des Abrechnungsdokuments eine Zumutung darstellt.“
Dieser Einwand ist ebenfalls ungeeignet. Die fehlenden Seiten 47 und 48 sind zwar ein konkreter Hinweis, dem Abhilfe geschaffen werden kann. Da dies aber verbunden wird mit dem pauschalen Vorwurf der Intransparenz und Unübersichtlichkeit, ist erneut unklar, was genau das Problem ist und in welcher Art der Auftragnehmer nachzubessern hat.
Beispiel 3:
„Wir weisen Ihre Rechnung als nicht prüfbar zurück, weil es nicht unsere Aufgabe ist, im Zuge der Rechnungsprüfung Ihre zahllosen Fehler in Rechtschreibung und Massenermittlung zu korrigieren. Seit wann ist denn 13,250 x 2,384 = 26,550, wie Sie uns in Pos. 02.04.0020 weis machen wollen? Ihre Rechnung weisen wir wegen fehlender Prüfbarkeit zurück.“
Auch dieser Einwand ist nicht geeignet. Der konkrete Hinweis auf die falsche Berechnung ist Beleg dafür, dass die Rechnung geprüft wurde – nicht dafür, dass die Rechnung nicht prüfbar ist. Selbst wenn eine einzelne Berechnung nicht richtig oder nicht belegt ist und diese Berechnung damit nicht prüfbar wäre, wird dadurch nicht die Rechnung als Ganzes nicht prüfbar. In dem Fall ist eine Abgrenzung zwischen prüfbaren und nicht prüfbaren Anteilen vorzunehmen.