Die Rechte auf Akteneinsicht, Auskunft und Information gegenüber öffentlichen Auftraggebern sind wichtige Mittel für Unternehmen während und nach einem Vergabeverfahren. So lässt sich das Informationsdefizit ausgleichen und man kann beispielsweise den Zuschlag an einen Mitbewerber verhindern, wenn das Vergabeverfahren nicht korrekt durchgeführt wurde, oder es lässt sich Schadensersatz geltend machen. Informationsrechte bieten zudem einen Einblick in die Vergabepraxis von Behörden, wer, wann und in welcher Höhe einen Auftrag erhalten hat.
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Im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe besteht stets ein Informationsdefizit zulasten von Unternehmen. Zwischen dem Transparenzgebot und den Geheimhaltungspflichten öffentlicher Auftraggeber rangieren die Rechte von Privatpersonen und Unternehmen auf Akteneinsicht, Information und Auskunft. Durch die gezielte Anforderung von Informationen und die Beantragung von Akteneinsicht lassen sich Erkenntnisse gewinnen, die für etwaige Schadensersatzansprüche oder für künftige Vergabeverfahren von Bedeutung sein können. Die Informationsrechte haben überdies eine wirksame Funktion, die öffentliche Verwaltung generell auf die Einhaltung des Vergaberechts zu überprüfen und hierzu anzuhalten. Sowohl die Rechtsprechung als auch der Gesetzgeber haben die Notwendigkeit des Ausgleichs des strukturellen Informationsdefizits erkannt. Auf Bundesebene, in fast allen Bundesländern und in sehr vielen Städten gibt es formelle Gesetze und Satzungen, die explizit Informationsrechte gegenüber den Behörden gewähren. Dort, wo kein ausdrücklicher gesetzlicher Anspruch besteht, gewährt die Rechtsprechung in ständiger Rechtsfortbildung oftmals einen Auskunftsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB.
Das Recht auf Akteneinsicht kann zugunsten eines Bieters sowohl während eines konkreten Vergabeverfahrens als auch danach bestehen, wenn es entweder um die Verhinderung eines Zuschlags an einen Mitbewerber oder um die Prüfung von Schadensersatzforderungen geht. Im sogenannten Oberschwellenbereich (EU-Schwellenwert bei gewöhnlichen öffentlichen Bauaufträgen liegt bei 5.382.000 Euro) kann im Nachprüfungsverfahren (§§ 155 ff. GWB) die Akteneinsicht gemäß § 165 Abs. 1, 2 GWB bei der jeweiligen Vergabekammer beantragt werden. Im Unterschwellenbereich sind die Rechtsschutzmöglichkeiten der Unternehmer ungleich geringer. Dennoch regelt zumindest für die Ausschreibung von Bauaufträgen der § 14a Abs. 7 VOB/A das Recht auf Akteneinsicht der Bieter hinsichtlich der Niederschrift des Eröffnungstermins. Den Bietern sind demnach die Namen aller Bieter sowie die verlesenen und die nachgerechneten Endbeträge der Angebote sowie die Zahl ihrer Nebenangebote nach der rechnerischen Prüfung durch die Vergabestelle mitzuteilen. Wurde ein Bieter ausgeschlossen, müssen ihm nach § 19 Abs. 2 VOB/A auf sein Verlangen erst nach Erteilung des Zuschlags die Gründe für die Nichtberücksichtigung mitgeteilt werden.
Soweit keine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Gewährung von Akteneinsicht besteht, folgt der Anspruch auf Auskunft aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Das Vergabeverfahren begründet ein vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen dem jeweiligen Bieter und dem öffentlichen Auftraggeber. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. st. Rspr. seit BGH, Urteil vom 28.10.1953, Az. II ZR 149/52; BGH, Beschluss vom 20.02.2013, Az. XII ZB 412/11; Urteil vom 28.11.1989, VI ZR 63/89; BGH, Urteil vom 01.07.2014, VI ZR 345/13; BGH, Urteil vom 06.02.2007, Az. X ZR 117/04) besteht ein Auskunftsanspruch des Berechtigten, wenn er in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen. Diese Voraussetzungen sind bei Vergabeverfahren meist erfüllt, weil der Bieter keine Kenntnis über die internen Unterlagen des Auftraggebers hat, diese Unkenntnis ihm nicht vorzuwerfen ist, da der Gesetzgeber ihm keine hinreichenden Möglichkeiten zur Erlangung der Informationen gegeben hat und dem öffentlichen Auftraggeber es ohne weiteres möglich ist, die Auskünfte unter Rücksichtnahme der berechtigten Verschwiegenheitspflichten zu erteilen.
Besonders wertvolle Informationen kann man meist auf Grundlage von Informationsfreiheitsgesetzen erlangen. So hat sich ein Ingenieurbüro mit einer Klage gestützt auf § 1 Abs. 2 LIFG-BW mit einem Anspruch auf Auskunft gegen eine Gemeinde durchgesetzt. Die Gemeinde musste Auskunft erteilen, für welche Bauvorhaben die Beklagte zwischen dem 01.01.1999 und dem 31.12.2019 Leistungen für Tragwerksplanungen, die nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vergütet wurden, vergeben hat, an wen diese Leistungen vergeben wurden und welches Honorar an den jeweiligen Auftragnehmer gezahlt wurde (vgl. Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.08.2020, Az. 13 K 4994/19).
Wer also schon immer mal gerne von einem bestimmten öffentlichen Auftraggeber wissen wollte, an wen und in welcher Höhe Aufträge in den letzten 20 Jahren vergeben wurden, kann sich im Anwendungsbereich eines Informationsfreiheitsgesetzes auf die aktuelle Rechtsprechung der VG Karlsruhe berufen und Auskunft darüber verlangen.