Die VOB Teil B enthält einige Abweichungen vom BGB – teils zum Vorteil für den Auftraggeber, teils für den Auftragnehmer. Eine der wichtigsten Abweichungen in der Baupraxis ist die Verlängerung der Verjährungsfrist durch eine Mängelrüge gemäß § 13 Abs. 5 VOB Teil B. Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Markus Cosler erläutert sie hier im Detail.
Der Auftragnehmer ist verpflichtet, alle während der Verjährungsfrist auftretenden Mängel, die auf vertragswidrige Leistungen zurückzuführen sind, auf eigene Kosten zu beseitigen, wenn es der Auftraggeber vor Ablauf der Frist schriftlich verlangt. Der Anspruch auf Beseitigung dieser gerügten Mängel verjährt dann frühestens zwei Jahre nach Zugang des schriftlichen Verlangens.
Welches Gewerk ist verantwortlich?
Wenn kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfristen ein Mangel auftritt und nicht klar ist, welches Gewerk verantwortlich ist, muss der Auftraggeber Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass seine Ansprüche verjähren.
Ist eindeutig geklärt, wer verantwortlich ist, können diese Maßnahmen auf diesen einen Auftragnehmer beschränkt werden. Wenn allerdings unklar ist, wer für den Mangel verantwortlich ist, müssen rechtliche Schritte gegen alle potenziell beteiligten Unternehmen eingeleitet werden.
Gilt ein BGB-Vertrag, kann das bedeuten, dass gerichtliche Verfahren gegen mehrere Unternehmen gleichzeitig geführt werden müssen, um die Verjährung zu unterbrechen. Das kostet viel Zeit und Geld. Außerdem können Unternehmen, die am Ende nicht verantwortlich sind, Kostenerstattungsansprüche stellen.
Um dies zu vermeiden hat die VOB Teil B die oben dargelegte Verjährungsverlängerung geschaffen. Danach kann der Auftraggeber den Mangel bei allen möglichen beteiligten Unternehmen rügen und die Beseitigung des Mangels verlangen. Die Verjährung verlängert sich dann gegenüber dem letztendlich verantwortlichen Unternehmen. Dadurch hat der Auftraggeber zwei Jahre Zeit, um herauszufinden, wer tatsächlich für den Mangel verantwortlich ist.
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Was bedeutet „schriftlich“?
Oft wird jedoch dabei übersehen, dass die VOB Teil B in § 13 Abs. 5 ausdrücklich fordert, dass der Auftraggeber den Mangel „schriftlich verlangt“. Die Verlängerung gilt also erst ab dem Zugang des „schriftlichen Verlangens“ zwei Jahre lang. Doch was heißt in diesem Fall „schriftlich“?
Wäre die VOB Teil B ein Gesetz und nicht nur eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB), wäre es klar: Nach dem BGB bedeutet „schriftlich“ immer der Zugang des Originals mit Unterschrift beim Empfänger. Das heißt, ein Telefax oder eine WhatsApp-Nachricht reichen nicht aus. Auch eine E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur erfüllt nicht die Schriftform des BGB.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 21.12.2023 zum AZ 15 U 211/21 erläutert, dass es diese Auffassung nicht teilt, weil die VOB/B ja kein Gesetz ist, sondern eben nur eine AGB. Aus diesem Grund vertreten viele Gerichte die Auffassung, dass die Mängelrüge zur Verjährungsverlängerung nach VOB/B nur eintritt, wenn diese strenge Schriftform eingehalten wird.
Mängelrüge per WhatsApp?
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main weist aber zurecht darauf hin, dass eine Mängelrüge per WhatsApp nicht den Schriftformerfordernissen gemäß § 13 Abs. 5 VOB Teil B entspricht. Dafür müsse es eindeutig klar sein, wer die Erklärung abgegeben hat. Der Empfänger muss das Schriftstück außerdem ausdrucken und dauerhaft speichern können. Messenger-Dienste erfüllen diese Anforderungen nicht. Ein einfacher Namenszusatz stellt zudem nicht sicher, welche Person die darin enthaltene Erklärung tatsächlich rechtlich verantwortet.
Diese Anforderungen sind aus Sicht des Oberlandesgerichts Frankfurt bei einer Mängelrüge per Mail aber gegeben. In der Baupraxis muss an dieser Stelle vorsichtig vorgegangen werden. Auch Juristen können nicht ignorieren, dass auf Baustellen oft via WhatsApp kommuniziert wird. Allerdings rate ich auch davon ab, sich allein auf eine E-Mail zu verlassen. Zur Rechtssicherheit sollte die Mängelanzeige besser auf klassischem Briefpapier und per rechtssicherer Zustellung erfolgen.