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Die bauprofessor.nachrichten hatten in der August-Ausgabe bereits berichtet, dass die VOB/B Fassung 2012 zum 30.07.2012 durch Erlass des BMVBS für die Bundesverwaltungen und für die für den Bund tätigen Länderbauverwaltungen verbindlich eingeführt worden ist.
Die Änderungen der VOB/B 2012 sind im Verhältnis zur letzten Fassung 2009 sehr überschaubar, nichtsdestoweniger bedeutsam. Bis auf § 16 wurden die Regelungen der VOB/B 2009 ohne Änderungen in die Ausgabe 2012 übernommen. Den neuen Wortlaut von § 16 finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die wesentlichen Änderungen der Neufassung des § 16 betreffen die Fälligkeit der Schlusszahlung. Die Zahlungsfrist wurde von bisher 2 Monaten auf 30 Tage nach Zugang der Schlussrechnung verkürzt. Nach dem Wortlaut der Bestimmung in Absatz 3 Nummer 1 Satz 2 kann die Frist auf höchstens 60 Tage verlängert werden, wenn die Frist aufgrund der besonderen Natur oder Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist und ausdrücklich vereinbart wurde.
Auch wenn diese Bestimmung sprachlich missglückt scheint, weil sie auf die „Natur und Merkmale der Vereinbarung“ über die Fristverlängerung abstellt, anstelle auf deren sachliche Begründetheit und einzelvertragliche Vereinbarung, so ist doch eindeutig geregelt, dass eine Zahlungsfristverlängerung um bis zu höchstens 30 Tage ausdrücklich vereinbart werden muss – eine stillschweigende Vereinbarung also nicht ausreicht.
Vor dem Hintergrund, dass sich die nunmehr bestimmte Regelzahlungsfrist von 30 Tagen im Einklang mit dem gesetzlichen Leitbild des Werkvertragsrechts, § 641 BGB, befindet, ist davon auszugehen, dass § 16 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 VOB/B einer AGB-rechtlichen Überprüfung standhalten wird.
Inwieweit dies auch für die Verlängerungsklausel in Satz 2 gilt, bleibt abzuwarten. Denn der Versuch die 60-Tage-Zahlungsfrist durch die Aufnahme von Klauseln zur Komplexität der Schlussrechnung bzw. deren Prüfungsunterlagen und dem erforderlichen technischen Sachverstand zu deren Prüfung – vgl. hierzu die entsprechenden Hinweise des BMVBS in der Anlage zum oben in Bezug genommenen Einführungserlass - im Bauvertrag zur Regel zu machen, verlohnt sich für den Auftraggeber kaufmännisch. Aufgrund der in der Natur des Bauprozesses liegenden Besonderheiten der Leistungserbringung und -abrechnung wird die Zahlungsfristverlängerung für einen Auftraggeber auch unschwer sachlich zu begründen sein.
Es wird abzuwarten sein, wie sich Rechtsprechung und Literatur hierzu positionieren werden.
Für die Baupraxis wird der sicherste Weg sein, eine Zahlungszielverlängerung über 30 Tage hinaus mit Augenmaß und für den - begründeten - Einzelfall zu vereinbaren, mithin nicht in zur wiederholten Verwendung vorformulierten Vertragsklauseln, sondern individualvertraglich.
§ 16 hat in der VOB/B 2012 nunmehr folgenden Wortlaut:
„§16 Zahlung |
(1) 1. Abschlagszahlungen sind auf Antrag in möglichst kurzen Zeitabständen oder zu den vereinbarten Zeitpunkten zu gewähren, und zwar in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich des ausgewiesenen, darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrages. Die Leistungen sind durch eine prüfbare Aufstellung 2. Gegenforderungen können einbehalten werden. Andere Einbehalte sind nur in den im Vertrag und in den gesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen Fällen zulässig. 3. Ansprüche auf Abschlagszahlungen werden binnen 21 Tagen nach Zugang der Aufstellung fällig. 4. Die Abschlagszahlungen sind ohne Einfluss auf die Haftung des Auftragnehmers; sie gelten nicht als Abnahme von Teilen der Leistung. |
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(2) 1. Vorauszahlungen können auch nach Vertragsabschluss vereinbart werden; hierfür ist auf Verlangen des Auftraggebers ausreichende Sicherheit zu leisten. Diese Vorauszahlungen sind, sofern nichts anderes vereinbart wird, mit 3 v.H. über dem Basiszinssatz des § 247 BGB zu verzinsen. 2. Vorauszahlungen sind auf die nächstfälligen Zahlungen anzurechnen, soweit damit Leistungen abzugelten sind, für welche die Vorauszahlungen gewährt worden sind. |
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(3) 1. Der Anspruch auf Schlusszahlung wird alsbald nach Prüfung und Feststellung fällig, spätestens innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung. Die Frist verlängert sich auf höchstens 60 Tage, wenn sie aufgrund der besonderen Natur oder Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist und ausdrücklich vereinbart wurde. Werden Einwendungen gegen die Prüfbarkeit unter Angabe der Gründe nicht bis zum Ablauf der jeweiligen Frist erhoben, kann der Auftraggeber sich nicht mehr auf die fehlende Prüfbarkeit berufen. Die Prüfung der Schlussrechnung ist nach Möglichkeit zu beschleunigen. Verzögert sie sich, so ist das unbestrittene Guthaben als Abschlagszahlung sofort zu zahlen. 2. Die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung schließt Nachforderungen aus, wenn der Auftragnehmer über die Schlusszahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlusswirkung hingewiesen wurde. 3. Einer Schlusszahlung steht es gleich, wenn der Auftraggeber unter Hinweis auf geleistete Zahlungen weitere Zahlungen endgültig und schriftlich ablehnt. 4. Auch früher gestellte, aber unerledigte Forderungen werden ausgeschlossen, wenn sie nicht nochmals vorbehalten werden. 5. Ein Vorbehalt ist innerhalb von 28 Tagen nach Zugang der Mitteilung nach den Nummern 2 und 3 über die Schlusszahlung zu erklären. Er wird hinfällig, wenn nicht innerhalb von weiteren 28 Tagen – beginnend am Tag nach Ablauf der in Satz 1 genannten 28 Tage – eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen eingereicht oder, wenn das nicht möglich ist, der Vorbehalt eingehend begründet wird 6. Die Ausschlussfristen gelten nicht für ein Verlangen nach Richtigstellung der Schlussrechnung und -zahlung wegen Aufmaß-, Rechen-und Übertragungsfehlern. |
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(4) In sich abgeschlossene Teile der Leistung können nach Teilabnahme ohne Rücksicht auf die Vollendung der übrigen Leistungen endgültig festgestellt und bezahlt werden. |
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(5) 1. Alle Zahlungen sind aufs Äußerste zu beschleunigen. 2. Nicht vereinbarte Skontoabzüge sind unzulässig. 3. Zahlt der Auftraggeber bei Fälligkeit nicht, so kann ihm der Auftragnehmer eine angemessene Nachfrist setzen. Zahlt er auch innerhalb der Nachfrist nicht, so hat der Auftragnehmer vom Ende der Nachfrist an Anspruch auf Zinsen in Höhe der in § 288 Absatz 2 BGB angegebenen Zinssätze, wenn er nicht einen höheren Verzugsschaden nachweist. Der Auftraggeber kommt jedoch, ohne dass es einer Nachfristsetzung bedarf, spätestens 30 Tage nach Zugang der Rechnung oder der Aufstellung bei Abschlagszahlungen in Zahlungsverzug, wenn der Auftragnehmer seine vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt und den fälligen Entgeltbetrag nicht rechtzeitig erhalten hat, es sei denn, der Auftraggeber ist für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich. Die Frist verlängert sich auf höchstens 60 Tage, wenn sie aufgrund der besonderen Natur oder Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist und ausdrücklich vereinbart wurde. 4. Der Auftragnehmer darf die Arbeiten bei Zahlungsverzug bis zur Zahlung einstellen, sofern eine dem Auftraggeber zuvor gesetzte angemessene Frist erfolglos verstrichen ist. |
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(6) Der Auftraggeber ist berechtigt, zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus den Absätzen 1 bis 5 Zahlungen an Gläubiger des Auftragnehmers zu leisten, soweit sie an der Ausführung der vertraglichen Leistung des Auftragnehmers aufgrund eines mit diesem abgeschlossenen Dienst-oder Werkvertrags beteiligt sind, wegen Zahlungsverzugs des Auftragnehmers die Fortsetzung ihrer Leistung zu Recht verweigern und die Direktzahlung die Fortsetzung der Leistung sicherstellen soll . Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sich auf Verlangen des Auftraggebers innerhalb einer von diesem gesetzten Frist darüber zu erklären, ob und inwieweit er die Forderungen seiner Gläubiger anerkennt; wird diese Erklärung nicht rechtzeitig abgegeben, so gelten die Voraussetzungen für die Direktzahlung als anerkannt.“ |
Dieser Beitrag wurde verfasst von Rechtsanwalt Thomas Eichler, Dresden, ra-th.eichler@t-online.de