Vertragserfüllungsbürgschaften und Gewährleistungseinbehalte können schnell unwirksam werden, wenn sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen. Worauf Sie achten müssen, weiß der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Markus Cosler.
Übersicherung durch kombinierte Klauseln
Es ist besondere Vorsicht geboten, wenn es um Vereinbarungen geht, die oft Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Auftraggebers sind. Wenn solche Regelungen dazu führen, dass der Auftraggeber übermäßig abgesichert wird („Übersicherung“), können beide Klauseln ungültig werden. Das betrifft also sowohl die Klausel zur Vertragserfüllungssicherheit als auch die zur Gewährleistungssicherheit. Als Folge steht der Auftraggeber dann ohne jede Sicherheit da.
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Unwirksamkeit von Sicherheitsklauseln
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies in einem Urteil vom 09.12.2010 für bestimmte Fälle bestätigt.
Der Auftraggeber hatte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Klausel verwandt, dass der Auftragnehmer ihm zur Sicherung der vertragsgemäßen Ausführung der Werkleistung eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme zu stellen hat. Diese Klausel – isoliert sicherlich unproblematisch – wurde aber an anderer Stelle ergänzt um eine Klausel hinsichtlich der Gewährleistungssicherheiten. Und zwar auf eine Weise, dass die sich aus den geprüften Abschlagsrechnungen ergebenden Werklohnforderungen des Auftragnehmers nur zu 90 % bezahlt werden.
Laut Bundesgerichtshof gilt, dass das Zusammenwirken beider Vereinbarungen zu einer Übersicherung der Auftraggeberin und zu einer unangemessenen Benachteiligung der Auftragnehmerin führt und deswegen beide Regelungen unwirksam sind. Als unangemessen wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Klausel angesehen, in der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.
Folgen für Auftraggeber und Auftragnehmer
Bedauerlicherweise erklärt der Bundesgerichtshof sich in dieser Entscheidung dann nicht dazu, ob die Regelung zu den Abschlagsrechnungen isoliert wirksam wäre oder nicht. Jedenfalls, so der BGH, berücksichtige eine solche Kombination der beiden Klauseln nur einseitig die Interessen des Auftraggebers und sei daher insgesamt unwirksam. Der Auftragnehmer muss dann nicht nur Einbehalte bis zu 10 % der Auftragssumme hinnehmen, er muss auch noch zusätzlich eine entsprechende Vertragserfüllungsbürgschaft stellen, was ihn natürlich entsprechend belastet.
Damit ist er gezwungen, seine Wahlkreditlinie zu belasten und hat bis zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde Avalzinsen aufzuwenden. Auch ist zu berücksichtigen, dass die vom Auftraggeber zu leistenden Abschlagszahlungen nach Prüfung des Leistungsstandes und der Mangelfreiheit bis zur letzten Abschlagszahlung üblicherweise nicht den vollen vereinbarten Wert der bereits erbrachten Leistungen entsprechen, sodass mit fortlaufendem Baufortschritt die entsprechende Übersicherung des Auftraggebers massiv zunimmt.
Kombination von Sicherheiten sorgfältig wählen
Bei der Formulierung entsprechender Klauseln im Bauvertrag ist daher äußerste Vorsicht geboten. Insbesondere belegt die vorliegende Entscheidung nochmals, dass es eben nicht einfach so geht, dass einzelne, für sich gesehene zulässige Klauseln verwandt werden, sondern auch stets auf die entsprechenden Wirkungen einer Kombination von für sich allein gesehen wirksamen Klauseln zu achten ist.