Obwohl die Abnahme der zentrale Dreh- und Angelpunkt im Werkvertragsrecht sowohl für den Auftraggeber (Beginn der Gewährleistungsfrist), als auch für den Auftragnehmer (Eintritt der Fälligkeit der Werklohnforderung) ist, wird der Inhalt des Abnahmeprotokolls oftmals von den Vertragsparteien stiefmütterlich behandelt.
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Dies kann sich mitunter rächen, wie das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 09.02.2016 (Az. 21 U 183/15 – IBR 2017, 193) zeigt: Die Parteien eines Bauvertrags vereinbarten im „Vergabeprotokoll“, das Vertragsbestandteil wurde, gestaffelte Gewährleistungszeiten für Mängel am Bauwerk mit 5 Jahren und für Mängel der Dachabdichtung mit 10 Jahren; jeweils beginnend mit der Abnahme.
Die Abnahme fand am 12.09.2005 statt. Im Abnahmeprotokoll heißt es:
- Beginn der Gewährleistung: 12.09.2005
- Ende der Gewährleistung: 12.09.2010
Mit Schreiben vom 13.03.2011 macht der Auftraggeber Mängel der Dachabdichtung geltend. Der Auftragnehmer beruft sich auf die Einrede der Verjährung und hat damit Erfolg!
Durch die Ausfüllung des Abnahmeprotokolls und die einvernehmliche Benennung des 12.09.2010 als Zeitpunkt des „Ende der Gewährleistung" änderten die Parteien die im Vertrag vorgesehenen gestaffelten Gewährleistungsfristen ab. An dieser Abänderungsvereinbarung müssen sich die Vertragsparteien festhalten lassen. Es handelt sich um eine Willenserklärung, die - ebenso wie ein eventueller Vorbehalt der Vertragsstrafe - rechtsgeschäftlichen Inhalt besitzt und dazu dient, Rechtsklarheit zwischen den Parteien zu schaffen.
Auch mit dem Argument, der zum Abnahmetermin entsandte Vertreter des Auftraggebers sei nicht zur Änderung des Vertrags bevollmächtigt gewesen, findet der Auftraggeber kein Gehör. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verweist auf die Rechtsprechung des BGH, dass sich der Vertretene, der zu einem Termin zur Verhandlung über einen bereits geschlossenen Vertrag einen Vertreter ohne Vertretungsmacht entsendet, dessen Erklärungen nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zurechnen lassen muss, wenn er den im Protokoll enthaltenen und unterschriebenen Erklärungen des Vertreters nicht unverzüglich nach Zugang des Protokolls widerspricht.
Diese Grundsätze sind auf den Vertreter zu übertragen, den der Auftraggeber zwecks Teilnahme an einem Abnahmetermin entsendet und der für den Auftraggeber das Abnahmeprotokoll unterzeichnet.
Der Auftraggeber hätte das Abnahmeprotokoll nach Zugang prüfen und der darin enthaltenen Erklärung zum Ende der Gewährleistungsfrist entsprechend den Grundsätzen zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben unverzüglich widersprechen müssen, um zu verhindern, dass das Schweigen auf das Protokoll als stillschweigende Genehmigung desselben behandelt und die geänderte Vereinbarung über die Gewährleistungszeit wirksam wird.
Mangels Widerspruch gegen den Inhalt des Abnahmeprotokolls kommt das Oberlandesgericht Düsseldorf zu dem Ergebnis, dass (auch) die Gewährleistung für die Dachabdichtung am 12.09.2010 endete und die Mängelrüge vom 13.03.2011 in verjährter Zeit erfolgte. Deshalb greift die Verjährungseinrede des Auftragnehmers durch.
Die Entscheidung zeigt, dass derjenige, der einen Vertreter zu einem Termin entsendet, gut beraten ist, ein entsprechendes Protokoll eingehend zu prüfen und demjenigen Inhalt zu widersprechen, der mit den ursprünglichen vertraglichen Vereinbarungen nicht in Einklang steht.