09.11.2021 | Lohn / Tarif / Rente

Bautarifrunde 2021 - was ändert sich im Bauhauptgewerbe?

Bautarifrunde 2021 - was ändert sich im Bauhauptgewerbe?
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Von den Tarifvertragsparteien - Industriegewerkschaft BAU, Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und Hauptverband der Deutschen Bauindustrie – wurde der Tarifvorschlag vom 14. Oktober 2021 für das Bauhauptgewerbe im betrieblichen Geltungsbereich des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe (BRTV-Baugewerbe) und des Rahmentarifvertrags für Angestellte und Poliere (RTV-Angestellte) angenommen.
Die neuen Entgelttarifverträge zu Löhnen, Gehältern und Ausbildungsvergütungen vom 5. November 2021 wurden für die Tarifgebiete - West, Berlin und Ost - mit einer Laufzeit bis 31. März 2024 vereinbart, rückwirkend ab 1. Juli 2021 mit Null-Monaten Juli bis Oktober 2021. Ab 1. November 2021 werden Entgelterhöhungen in 3 Stufen innerhalb der Laufzeit sowie zusätzlich Corona-Prämien und Einmalzahlungen vorgesehen. Weiterhin wurden neue Regelungen zur Wegezeitentschädigung ab 1. Januar 2023 im BRTV-Baugewerbe und RTV-Angestellte vereinbart.
Im Einzelnen wird besonders auf folgende Änderungen hingewiesen:
  • Entgelterhöhungen für gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte und Poliere:
    • ab 1. November 2021 in West und Berlin von 2,0 % und Ost von 3,0 %,
    • ab 1. April 2022 in West und Berlin von 2,2 % und Ost von 2,8 %,
    • ab 1. April 2023 in West und Berlin von 2,0 % und Ost von 2,7 %,
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütungen
    • in West von jeweils 15 € im 1. Ausbildungsjahr ab 1. November 2021, 1. April 2022 und nochmals ab 1. April 2023,
    • in Ost von jeweils 25 € im 1. Ausbildungsjahr, 30 € jeweils im 2. bis 4. Ausbildungsjahr ab 1. November 2021 und ab 1. April 2022 sowie nochmals von 35 € im 2. bis 4. Ausbildungsjahr ab 1. April 2023,
  • Zahlung einer Corona-Prämie an
    • gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte und Poliere mit dem Januarlohn 2022 in West und Berlin von 500 € und Ost von 220 €,
    • Auszubildenden in West im Dezember 2021 von 110 € sowie im Januar 2022 von 110 € im 2. bis 4. Ausbildungsjahr,
    Wobei der jeweilige Betrag dann als Einmalzahlung zu gewähren ist, wenn die gesetzliche Höchstgrenze (1.500 €) nach § 3 Nr. 11a Einkommensteuergesetz bereits erschöpft wäre,
  • Einmalzahlungen an:
    • gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte und Poliere in West und Berlin im Mai 2022 von 400 € und im Mai 2023 von 450 €, nicht jedoch in Ost,
    • Auszubildende in West im März 2023 von 110 € im 2. bis 4. Ausbildungsjahr.
Bautarifrunde 2021
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Keinen Anspruch auf die angeführten Entgelterhöhungen, Corona-Prämien und Einmalzahlungen haben die Arbeitnehmer bei Vergütung nach den Lohngruppen mit verbindlichen Mindestlöhnen im Baugewerbe, gegenwärtig je Stunde in West und Ost in der Lohngruppe 1 von 12,85 € und in der Lohngruppe 2 in West von 15,70 € und Berlin von 15,55 €.
Im Tarifgebiet Ost erhöhen sich die Entgelte der gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellten und Poliere mit der Tarifrunde bis zum Laufzeitende der Tarifverträge am 31. März 2024 auf ca. 97 % zum Niveau West. Ein einheitliches Niveau für die Entgelte soll spätestens zum 1. Dezember 2026 erreicht werden (mit Ausnahme der Lohngruppe 2). Bei den Ausbildungsvergütungen wird in Ost ein Niveau am Laufzeitende von ca. 94 % im 1. Ausbildungsjahr und von ca. 87 % im 2. bis 4. Ausbildungsjahr erreicht.
Der vereinbarten Lohnentwicklung für die gewerblichen Arbeitnehmer ab 1. November 2021 liegt der Ecklohn im Bauhauptgewerbe zugrunde. Er entspricht dem Tarifstundenlohn (TL) für die Lohngruppe 4 (Spezialfacharbeiter/Baumaschinenführer). Auf seiner Basis werden mit prozentualen Auf- und Abschlägen die Tariflöhne der anderen Lohngruppen errechnet.
Ecklohn im BRTV
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Der Ecklohn beträgt beispielsweise je Stunde im:
  • Tarifgebiet West ab 1. November 2021 bis 31. März 2022 = 20,29 € (vorher 19,48 €), danach ab 1. April 2022 = 20,74 € und ab 1. April 2023 = 21,15 €,
  • Tarifgebiet Ost ab 1. November 2021 bis 31. März 2022 = 19,39 € (vorher 18,83 €), danach ab 1. April 2022 = 19,93 € und ab 1. April 2023 = 20,47 €.
Der Ecklohn repräsentiert jedoch nicht den als Bruttolohn zu zahlenden Stundenlohn für die gewerblichen Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe. Hinzuzurechnen ist zum Ecklohn als Tarifstundenlohn (TL) noch der Bauzuschlag (BZ) in weiterhin unveränderter Höhe von 5,9 %. Im Ergebnis stellt sich der Gesamttarifstundenlohn (GTL) dar. Da die Ecklöhne noch unterschiedlich hoch nach den Tarifgebieten West, Berlin und Ost sind, leiten sich zwangsläufig auch unterschiedlich hohe Gesamttarifstundenlöhne und Kalkulationslöhne bei den Angebotskalkulationen für Bauaufträge ab.
Im Ergebnis der Tarifrunde 2020 wurde in den Entgelttarifverträgen ab 1. Oktober 2020 eine Wegstreckenentschädigung (WE) in Höhe eines Zuschlags von 0,5 % vom Tarifstundenlohn bzw. Tarifgehalt vereinbart. Die WE wurde dem GTL sowie dem Gehalt bei Angestellten und Polieren und somit als Bestandteil des Bruttolohns bzw. -gehalts hinzugerechnet. Die WE als Zuschlag bleibt weiterhin in den Entgelttarifverträgen bis 31. Dezember 2022 bestehen.
Wegstreckenentschädigung bleibt bis 31.12.2022 Bestandteil des sozialversicherungspflichtigen Bruttolohns bzw. -gehalts
Wegstreckenentschädigung bleibt bis 31.12.2022 Bestandteil des sozialversicherungspflichtigen Bruttolohns bzw. -gehalts Bild: © f:data GmbH
Ab 1. Januar 2023 entfällt der Zuschlag von 0,5 % als Wegstreckenentschädigung. Neue Regelungen treten mit den Änderungstarifverträgen vom 5. November 2021 sowohl im BRTV- Baugewerbe (insbesondere in § 5 Nr. 7, § 7 Nr. 3 und § 8) als auch im RTV-Angestellte (§ 5 Nr. 5 und § 7 Nr. 3 und 4) zur Wegezeitentschädigung am 1. Januar 2023 in Kraft, jeweils mit Teilkündigungsrecht zum 31. Dezember 2025.
Auf folgende Aussagen und Änderungen ab 2023 sei verwiesen:
  • Wegezeiten sind nach § 5 Nr. 7 im BRTV keine tarifliche und keine gesetzliche Wegezeit, wobei eine Anrechnungsklausel einzelvertragliche Leistungen zur Entschädigung von Wegezeit in den Änderungen der tariflichen Regelungen ermöglicht.
  • Für die Wegestrecken als Entfernung zwischen Betrieb und Baustelle gilt zur Bemessung der kürzeste mit PKW befahrbare öffentliche Weg.
    Zu differenzieren ist nach Baustellen mit täglicher Heimfahrt und Baustellen ohne tägliche Heimfahrt.
    • Bei Baustellen mit täglicher Heimfahrt:
      • wird die Obergrenze des Kilometergeldes von täglich bisher 20 € auf 30 € erhöht,
      • wird eine entfernungsabhängige Erhöhung des Verpflegungszuschusses neu als Wegezeitentschädigung zwischen 6 € (bis 50 km) bis 8 € (über 75 km) im Jahr 2023 und 7 € bis 9 € ab 2024 vorgesehen unter Einbeziehung des bisher geltenden Verpflegungszuschusses, jeweils bei einer berufsbedingten Abwesenheit von mehr als 8 Stunden von der Wohnung,
      • betrifft die Wegezeitentschädigung alle angeordneten An- und Abreisen und gilt für 2 Fahrtstrecken pro Woche, die tatsächlich zurückgelegt wurden, wobei dann eine ggf. mit GTL vergütete Reisezeit entfällt.
    • Bei Baustellen ohne tägliche Heimfahrt:
      • gilt eine Mindestentfernung von 75 km von der Wohnung,
      • wird eine Wegezeitentschädigung entfernungsabhängig zwischen 9 € (ab 75 km) bis 39 € (mehr als 400 km) gewährt,
      • wird für Wegezeiten Unterkunft/Baustelle das Verpflegungsgeld von vorher 24 € (bzw. bis 28 € bei Betriebsvereinbarung) pauschal um 4 € erhöht, jedoch nicht bei einer Baustellenunterkunft,
      • erhalten die Arbeitnehmer bei einer Entfernung ab 500 km nach jeweils 4 Wochen einen bezahlten Freistellungstag (anstatt vorher nach 8 Wochen 2 Tage), damit entfällt dann aber der Freistellungsanspruch alle 8 Wochen bei einer Entfernung zwischen 250 und 500 km.
  • Neu wurde die Mindesturlaubsgestaltung der gewerblichen Arbeitnehmer in § 8 Nr. 5 im BRTV ausgestaltet, und zwar europarechtskonform und einfacher, so mit einem einheitlichen Buchungssatz von 12,5 % für Ausfallzeiten infolge Krankheit, Kurzarbeit und Saison-Kurzarbeit.
Neben den tariflichen Regelungen für das Bauhauptgewerbe gelten in weiteren Bereichen der Bauwirtschaft, für die tariflich nicht der BRTV-Baugewerbe und RTV-Angestellte maßgebend sind, wie beispielsweise im Dachdeckerhandwerk, Maler- und Lackiererhandwerk, Gerüstbau, Galabau u. a., jeweils Entgelte nach den eigenständigen Tarifverträgen mit Ecklöhnen sowie auch zum Mindestlohn.
Bauprofessor-Redaktion
Dieser Beitrag wurde von unserer Bauprofessor-Redaktion erstellt. Für die Inhalte auf bauprofessor.de arbeitet unsere Redaktion jeden Tag mit Leidenschaft.
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