Das Leben am Bau nicht unnötig schwer machen
Bild: © f:data GmbH
In Bauverträgen und Bauträgerverträgen finden sich oft Strafversprechen für eine nicht gehörige Erfüllung, zum Teil sogar verschuldensunabhängig gestaltete Vertragsstrafen. Meist beziehen sich diese Vertragsstrafen auf die Überschreitung der Vertragstermine. Als Auftragnehmer, Bauunternehmer oder Bauträger sollten Sie davon die Finger lassen. Auch für Auftraggeber bieten Vertragsstrafen gegenüber den gesetzlichen Verzugsregelungen keine wirklichen Vorteile.
Die Formulierung einer Vertragsstrafe ist problematisch. Ihre Voraussetzungen sind dabei ebenso klar zu definieren wie die Höhe und Fälligkeit. Die Höhe darf von der Rechtsprechung in zahlreichen Urteilen herausgearbeitete Maßstäbe nicht übersteigen. Diese Maßstäbe beziehen sich sowohl auf jeden Einzelfall der missverständlich so genannten „Verwirkung“ – besser Verwirklichung – als auch auf die Gesamtsumme. Diese Höchstwerte können sich aber jederzeit wieder ändern.
Es gibt also keine Garantie für die Wirksamkeit der Vereinbarung einer bestimmten Höhe. Das Risiko einer Unwirksamkeit ist hoch. Ist die Regelung aber nichtig, so ist auch für eine angemessene Herabsetzung der Vertragsstrafe nach § 343 BGB kein Raum mehr. Dann ist die Vertragsstrafe vielmehr insgesamt hinfällig.
Höhere Gewalt – wie etwa eine nachweisliche Behinderung durch COVID-19 bzw. die Corona-Maßnahmen – ist bei Eintritt der vereinbarten Voraussetzungen nur dann eine erhebliche Einwendung, wenn die Vertragsstrafe abhängig vom Verschulden oder „Vertretenmüssen“ des Auftragnehmers oder Bauträgers formuliert ist. Es finden sich indessen immer wieder auch verschuldensunabhängige Vertragsstrafen mit dem Zweck, das Führen eines solchen Nachweises ebenso entbehrlich zu machen wie den Nachweis eines etwa eingetretenen Schadens.
Ob das Verschulden eine Voraussetzung für die jeweilige Vertragsstrafe ist oder nicht, bedarf der näheren Vertragsprüfung in jedem Einzelfall. Bei der Abnahme ist die Vertragsstrafe wie die bekannten Mängel ausdrücklich vorzubehalten, da die Ansprüche ansonsten untergehen.
Vertragsstrafen sind kein Schadensersatz (irreführend daher die Einordnung bei Roquette/Wurm in BauR 2020, Seite 697) und führen zumindest im Baubereich lediglich zu Komplikationen. Sie sind daher entbehrlich. Bei Auftraggebern bzw. Bestellern werden damit Begehrlichkeiten erzeugt. Es wird mitunter sogar auf eine über Vertragsstrafen nachträglich erzielbare Preisreduktion spekuliert. Auf der anderen Seite wird den Auftragnehmern unnötig Druck gemacht, was zum Pfusch am Bau führen kann. Die Wirksamkeit bestimmter Formulierungen oder Höhen ist immer wieder Thema in der Rechtsprechung. Man kann sich darüber also trefflich streiten.
Bei der vorsorgenden Vertragsgestaltung kommt es aber ganz entscheidend auf die Vermeidung solcher unnötiger Streitquellen an.
Beide Seiten eines jeden Bauvertrags oder Bauträgervertrags können auf die Vereinbarung einer Vertragsstrafe daher guten Gewissens verzichten.