In der Baupraxis ist die wichtigste Ursache für eine Vertragsstrafe meistens die nicht rechtzeitige Ausführung als Erfüllung der Bauleistung, d. h. ein Bauleistungsverzug. Die Anwendung der Vertragsstrafe setzt jedoch eine ausdrückliche Vereinbarung voraus. Grundsätzlich gelten bei Bauverträgen:
Grundlage für eine Vertragsstrafe bildet die Anbindung an die vereinbarte Bauleistung. § 340 BGB spricht beim Strafversprechen von Nichterfüllung und § 341 von nicht gehöriger Erfüllung der Verbindlichkeit bzw. zu erbringenden Leistung. So explizit wird in der VOB nicht gesprochen. In erster Linie geht es beim § 11 in VOB/B um eine vom Bauunternehmen als Auftragnehmer verursachte und zu verantwortende Vertragsstrafe. Ein Verschulden des Auftraggebers (AG) steht als Verwirkung für eine Strafe hier nicht zur Debatte.
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Eine Vertragsstrafe sollte nur dann ausbedungen werden, wenn eine Vertragsverletzung durch den Auftragnehmer zu erheblichen Nachteilen für den Auftraggeber führen wird.
Für den Auftraggeber ist die Vertragsstrafe ein wichtiges Druckmittel, auch und besonders in finanzieller Hinsicht, wenn der Auftragnehmer in Terminverzug gerät. Insofern bedarf es auch der kaufmännischen Kontrolle und Einflussnahme, die Bauleistung ohne finanzielle Nachteile termingerecht zu erfüllen.
Werden dagegen Terminverzüge durch das Verhalten des Auftraggebers, die vom Auftragnehmer nicht zu vertreten sind (z. B. Planänderungen, verspäteter Beginn wegen fehlender Baugenehmigung, Bauunterbrechungen, Leistungsmengenmehrungen u. a.), verursacht, kann die Vertragsstrafe ggf. entfallen. Sind die vom Auftragnehmer nicht zu vertretenden Auswirkungen auf den Zeitplan nicht so einschneidend und folgenschwer, ist es nach Treu und Glauben ausreichend, wenn die Frist angemessen verlängert wird. Versucht der Auftraggeber die Vertragsstrafe prozessual durchzusetzen, so hätte der Auftragnehmer nach Regelung des § 345 BGB die Beweislast für den Fall, dass er die Verwirkung der Strafe mit der Behauptung bestreitet, er habe seine Leistung „gehörig“, insbesondere fristgerecht erfüllt. Verlangt der Auftragnehmer gemäß § 343 BGB die Herabsetzung der Strafe, dann trifft ihn die Beweislast für alle Tatsachen, aus denen er die Unverhältnismäßigkeit der Strafhöhe herleiten will.
Ein Bauunternehmen ist immer gut beraten, Behinderungen zu melden, wenn es der Ansicht ist, die Arbeiten nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht fristgemäß erfüllen zu können. Dies gilt im Übrigen auch im Falle einer Auftragserweiterung, vor allem dann, wenn für die bisher beauftragte Leistung ein Endtermin gesetzt ist. In einem Urteil des OLG Celle vom 26. Oktober 2016 (Az.: 7 U 27/16) wurde u. a. wie folgt entschieden:
"Für den Fall, dass es zu Behinderungen während der Bauausführung und/oder zu umfangreichen Nachtragsaufträgen kommt, kann entweder die gesamte Vertragsstrafe hinfällig sein oder es wird die Fälligkeit entsprechend nach hinten hinausgeschoben mit der Folge, dass ein Verzug des Auftragnehmers nicht ohne Mahnung des Auftraggebers eintritt".
Folglich muss das Bauunternehmen auch bei Nachträgen schriftlich darauf verweisen, dass aus der Mehrleistung auch ein Mehrzeitbedarf erforderlich sein wird, wenn die Nachtragsleistung den Bauablauf behindert. Bei öffentlichen Bauaufträgen ist eine Vertragsstrafe für die Überschreitung von Vertragsfristen der Bauausführung nach § 9a VOB/A nur dann zu vereinbaren, wenn die Überschreitung erhebliche Nachteile verursachen kann. Selbst dann ist die Strafe in angemessenen Grenzen zu halten. Hinsichtlich der Vereinbarung und Höhe einer zu vereinbarenden Vertragsstrafe wird auf Aussagen verwiesen unter:
Eine Beschleunigungsvergütung sollte nur dann vorgesehen werden, wenn die Fertigstellung vor Ablauf der Vertragsfristen erhebliche Vorteile bringt. Nach Aussage in Verbindung mit einem Urteil des BGH vom 30. März 2006 (Az.: VII ZR 44/05) rechtfertigt es aber allein der Umstand, dass eine Vertragsstrafe ohne objektive Vorlage von Voraussetzungen vereinbart worden ist, nicht, der vereinbarten Vertragsstrafe ihre Wirkung zu nehmen. Es wäre eine Sache des Auftragnehmers, die Voraussetzungen vorzutragen, die es rechtfertigen, die Durchsetzung der Vertragsstrafe im Einzelfall an Treu und Glauben scheitern zu lassen. In Verbindung mit § 9 a in der VOB/A bleibt durchaus umstritten, ob öffentliche Auftraggeber überhaupt Vertragsstrafen vereinbaren und vereinbarte Vertragsstrafen dann auch tatsächlich durchsetzen und geltend machen können.
Für den Auftragnehmer stellt eine Vertragsstrafe gewissermaßen ein Wagnis dar, das er evtl. bereits in der Angebotskalkulation zu seinem Angebotspreis berücksichtigen kann. Anhaltspunkt dafür wäre dann das Ausmaß der Nachteile, die bei verzögerter Fertigstellung voraussichtlich eintreten werden. Durch eine Vertragsstrafe werden im Grundsatz keine Ansprüche für Schadenersatz am Bau berührt. Ein Auftraggeber, der eine Vertragsstrafe geltend macht, muss sich aber in der Regel gefallen lassen, dass eine Vertragsstrafe bei den Schadenersatzansprüchen zu berücksichtigen bzw. anzurechnen ist. Eine Vertragsstrafe setzt auch nicht grundsätzlich einen Schaden voraus. Ein Auftraggeber muss nicht nachweisen, dass ihm aus der Terminüberschreitung durch den Auftragnehmer auch tatsächlich ein Nachteil entstanden ist.