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Die vorvertraglichen Beschreibungen eines Kauf-, Bau- oder Werkobjekts werden Bestandteil der vereinbarten Soll-Beschaffenheit. Rechtsanwalt Dr. Andreas Neumann aus Münster in Westfalen, erläutert nachfolgend eine Methode, die daraus resultierenden Haftungsrisiken zu begrenzen.
Durch das neue Baurecht wurden zum 01.01.2018 die Informationspflichten zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern erheblich verschärft, siehe Art. 249 EGBGB. Unternehmen nutzen auch aus diesem Grunde immer mehr die modernen Möglichkeiten der Information mittels digitaler Daten und Modelle.
Von einigen Fallstricken digitalen Planens und Bauens und den sich rasant fortentwickelnden technischen Möglichkeiten auch für die Erfüllung von Informationspflichten habe ich vor zwei Jahren im Beitrag "Rechtliche Herausforderungen beim digitalen Planen und Bauen " berichtet. Mit der Verschärfung der Informationspflichten wachsen gleichzeitig auch die Fehlerquellen und damit die Haftungsrisiken im Falle unkorrekter Information.
Der Gesetzgeber hat bei der Schuldrechtsmodernisierung vor nun bald 20 Jahren zwar auch die Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen – culpa in contrahendo (c.i.c.) – ins Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt, § 311 Abs. 2 BGB. Die Rechtsprechung geht nach meiner Erfahrung bei Abweichung vorvertraglicher Informationen vom verkauften oder geschaffenen Objekt aber regelmäßig lieber von einem Mangel aus, also einer Abweichung des Ist-Zustands von der vereinbarten Soll-Beschaffenheit. Dies ist bei vorvertraglicher Vorlage abweichender Pläne in der Baubeschreibung ebenso der Fall wie bei virtuellen Modellen, bei denen zusätzliche Leistungen zu erkennen sind, wie zum Beispiel eine bodengleiche Dusche oder sogar ein benachbarter Spielplatz. Ich spreche in diesen Fällen von Vorvertragsmängeln und schlage vor, diesen neuen Begriff zu etablieren.
Je mehr das Objekt vor Vertragsschluss also auch mithilfe des Internets angepriesen worden ist, umso größer die Gefahr einer Haftung für Vorvertragsmängel, wenn abweichend ausgeführt worden ist. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Baubeschreibung zu den in der Werbung genannten Leistungen schweigt. Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen davon ausgehen, auch die im Vertrag und in der Baubeschreibung nicht erwähnten Leistungen zu erhalten, wenn vorvertraglich damit geworben worden ist. Klingt erstaunlich, ist aber so.
Eine allgemeine Distanzierung von jeglichen vorvertraglichen Prospekten, wie ich sie schon in vielen Bauträgerverträgen gesehen habe, reicht zur Begrenzung der Haftungsrisiken, die sich daraus ergeben, keineswegs aus. Vielmehr sollten Verkäufer, Bauträger und Bauunternehmer im Vertrag selbst ganz konkret die jeweiligen Modelle, Pläne oder Darstellungen auf Internetseiten benennen, von denen der Vertrag abweicht.
Ist in einem vorvertraglich gezeigten Modell eine bodengleiche Dusche erkennbar, sollte also unmissverständlich klargestellt werden, dass die in genau diesem Modell vorhandene Dusche eben nicht veräußert wird, also ausdrücklich kein Vertragsbestandteil ist. Ansonsten droht eine Inanspruchnahme wegen Vorvertragsmangels.