Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat vom 10. April 2018 die derzeitige Regelung mit Bezug auf veraltete Einheitswerte bei der Einheitswertermittlung von Grundvermögen für mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar und somit die Vorschriften für verfassungswidrig erklärt. Das BVerfG hatte zugleich festgelegt, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung treffen muss. Die alten Regelungen sollen jedoch noch übergangsweise bis zum 31. Dezember 2024 anwendbar bleiben. Eine neue Regelung wird für die Immobilienwirtschaft von weitreichender Bedeutung sein. Für Bauunternehmen wird die Einführung einer neuen Besteuerung besonders für unbebaute Grundstücke zu beachten sein.
Grundlage für die gegenwärtig zu leistenden Grundsteuer ist das Grundsteuergesetz (GrStG) vom 07.08.1973 (zuletzt geändert vom 19.12.2008 im BGBl. I S. 2794). Dabei ist vom Einheitswert nach dem Bewertungsgesetz auszugehen. Darauf bezieht das Finanzamt unterschiedlich hohe Steuermesszahlen für die Grundsteuer. Anschließend ermittelt die Gemeinde die Grundsteuer, indem sie je nach Grundstücksart unterschiedliche Hebesätze auf den Steuermessbetrag anwendet. Eingezogen wird die Steuer danach von den Gemeinden.
Beim Steuergegenstand wird differenziert nach:
- Grundsteuer A: Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und
- Grundsteuer B: Grundstücke.
Steuerbefreiungen gelten für Grundbesitz, der:
- für den öffentlichen Dienst sowie für gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke genutzt wird,
- dem öffentlichen Verkehr dient (einschl. Gewässer),
- für Bildungseinrichtungen und Krankenhäuser genutzt wird sowie
- Bestattungsplätze.
Steuerschuldner ist derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Grundbesitzes zugerechnet ist. Er haftet persönlich und dinglich.
Die Grundsteuer besteuert als Objektsteuer den Grundbesitz nach einem proportionalen Satz. Für die Berechnung gilt folgende Formel:
Jahres-Grundsteuer = Steuermessbetrag x Hebesatz
Der Steuermessbetrag wird durch das zuständige Finanzamt gesondert festgestellt. Dafür bestimmt das Finanzamt zunächst den Wertansatz für das Grundvermögen nach dem Einheitswert und bezieht darauf unterschiedliche Steuermesszahlen.
Die Steuermesszahlen für Grundtücke betragen:
Die angeführten Steuermesszahlen sind in den alten Bundesländern heranzuziehen. In den neuen Bundesländern (ausgenommen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) gelten höhere Ansätze von 5 bis 10 Promille. Beziehen sind die Messzahlen auf die alten Einheitswerte nach den Wertverhältnissen zum Stand: 1. Januar 1935, beispielsweise für:
Altbauten 10 Promille in allen Gemeinden (bei Einfamilienhäusern nur für den 15.338,76 € überschreitenden Teil),
Neubauten (bei Einfamilienhäusern nur für den 15.338,76 € übersteigenden Teil):
- 8 Promille in Gemeinden bis 25.000 Einwohner,
- 7 Promille in Gemeinden von mehr als 25.000 und weniger als 1.000.000 Einwohnern,
- 6 Promille in Gemeinden mit mehr als 1.000.000 Einwohnern.
Die Grundsteuermesszahlen dienen als Grundlage für die Berechnung des Grundsteuermessbetrages. Dieser wird jeweils neu festgesetzt, wenn eine Wert-, Art- oder Zurechnungsfortschreibung nach § 22 BewG erforderlich ist. Nach Berechnung erteilt das Finanzamt dem Grundstücksbesitzer und der Gemeinde einen Grundsteuermessbescheid. Darauf bezieht die Gemeinde danach den Hebesatz. Der Hebesatz wird durch die Gemeinde bestimmt, in der Regel für ein oder mehrere Kalenderjahre. Die Spanne für die Hebesätze bewegt sich nach den einzelnen Gemeinden in der Größenordnung zwischen 3,0 bzw. 300 % bis durchaus 8,0 bzw. 800 %. Die Hebesätze sind auch regional sehr unterschiedlich, da die Gemeinden Steuergläubiger sind.
Zwei Beispiele sollen die Zusammenhänge zur Grundsteuer (Alte Bundesländer) sowie nachfolgend zum Grundsteuererlass demonstrieren und werden unten angeführt:
- Beispiel 1: Berechnung der Grundsteuer
- Beispiel 2: Grundsteuererlass
Unter bestimmten Umständen ist auf Antrag ein Erlass der Grundsteuer möglich, beispielsweise:
für Kulturgut und Grünanlagen (§ 32 GrStG) und
wegen wesentlicher Ertragsminderung (§ 33 GrStG), wenn z. B. die Istmiete bei einem Wohngebäude um mehr als 20 % gemindert ist und der Vermieter die Minderung nicht zu vertreten hat (z. B. trotz Aktivitäten keine kontinuierliche Vermietung gewährleistet ist oder Forderungsausfälle an Miete vorliegen).
In diesen Fällen kann die Grundsteuer in Höhe des Prozentsatzes erlassen werden, der 4/5 des Prozentsatzes der Minderung entspricht.
Die Grundsteuer zählt einkommensteuerlich zu den Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten eines Unternehmens. Für selbst genutzte Wohnungen im Privateigentum gilt dies nicht gleichermaßen.
Bei vermieteten Gebäuden ist die Grundsteuer praktisch ein durchlaufender Posten, weil eine Umlage innerhalb der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt. Beispiel 1: Berechnung der Grundsteuer
Bestimmungsgrößen: Einheitswert eines Ein-Familienhauses: | 50.000 € |
Steuermesszahl: | 2,6 ‰ für 38.346,89 € |
3,5 ‰ für restliche 11.653,11 € |
Hebesatz der Gemeinde: | 450 % |
Daraus leitet sich ab:
Steuermessbetrag: 2,6 ‰ von | 38.346,89 € | = | 99,70 € |
3,5 ‰ von | 11.653,11 € | = | 40,79 € |
Jahres-Grundsteuer:
140,49 € x 4,5 = 632,21 €
Beispiel 2: Grundsteuer-Erlass
Jahres-Sollmiete des Wohngebäudes: | 40.000 € |
Jahres-Istmiete: | 27.000 € |
Vermieter trifft keine Schuld, da Forderungsausfälle |
Ertragsminderung: (13.000 / 40.000) x 100 % damit mehr als 20 % | 32,5 % |
Minderung der Grundsteuer: Erlass in % 32,5 % x 80 % | 26,0 % |
Da die Istmiete bei dem Wohngebäude um mehr als 20 % gemindert ist und der Vermieter die Minderung nicht zu vertreten hat, kann die Grundsteuer in Höhe des Prozentsatzes erlassen werden, der 4/5 des Prozentsatzes der Minderung entspricht.