02.03.2017 | VOB B

Neues zur Bedenkenanzeige

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Immer wieder kommt es in der täglichen Baupraxis vor, dass der Unternehmer Bedenken gegen die vom Auftraggeber vorgesehene Planung, die Ausführungsart, vorgesehene Produkte oder ähnliches hat. Es ist größtenteils bekannt, dass der Unternehmer dann dennoch gemäß § 13 Abs. 3 VOB/B haftet, wenn er nicht die ihm nach § 4 Abs. 3 obliegende Mitteilung – die sogenannte Bedenkenanzeige – tätigt.
Besonders problematisch wird es dann aber, wenn der Auftraggeber auf diese Bedenkenanzeige hin einfach „toter Mann spielt“, also jegliche Reaktion vermissen lässt. Eigentlich ist dem Auftragnehmer anzuraten, die Bedenkenanzeige stets mit einer sogenannten Behinderungsanzeige zu kombinieren, also mitzuteilen, dass man ohne Reaktion auf die Bedenkenanzeige nicht in der Lage sei, die Arbeiten fortzuführen, weil man ja nicht wisse, wie sie nun ausgeführt werden soll, also, ob es bei der ursprünglich gewünschten Variante verbleiben soll oder der Auftraggeber im Hinblick auf die Bedenkenanzeige Änderungen und/oder zusätzliche Leistungen anordnet.
Wird aber eine solche gleichzeitige Behinderungsanzeige unterlassen, so bleibt der Auftragnehmer natürlich in der Verpflichtung, das Gewerk termingerecht fertigzustellen. Der Auftraggeber wendet dann oft nach Ausführung der Arbeiten ein, er habe ja auf die Bedenkenanzeige überhaupt nicht reagiert, sich also damit überhaupt nicht einverstanden erklärt, sodass es bei der entsprechenden Haftung des Auftragnehmers verbleiben würde.
Mit dieser Konstellation hat sich nun das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 21.11.2016 zum Aktenzeichen 10 U 71/16 nochmals auseinanderzusetzen. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig, jedoch nach meiner Auffassung sehr wohl äußerst zutreffend. Auch wenn es rechtlich nicht entsprechend relevant ist, so ist doch darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Streit insoweit mit einem öffentlichen Auftraggeber spielt, es also ein öffentlicher Auftraggeber war, der auf die Bedenkenanzeige schlicht und ergreifend untätig geblieben ist. Wie gesagt: Rechtlich mag dies nicht relevant sein, tatsächlich halte ich dies aber zugegebenermaßen für ein sehr erschreckendes Beispiel.
Jedenfalls geht aber das Oberlandesgericht Stuttgart – wie schon vorher auch das Landgericht Stuttgart – aus meiner Sicht zutreffend davon aus, dass das Schweigen auf eine Bedenkenanzeige insoweit trotzdem die Befreiung von der Mängelhaftung für den Auftragnehmer zur Folge hat. Schließlich handelt es sich bei der Bedenkenanzeige auch nicht um einen Vertrag, sondern um eine einseitige Erklärung des Auftragnehmers. Wenn der Auftraggeber dann untätig bleibt, muss der Auftragnehmer davon ausgehen, dass er insoweit die Ausführung seiner Arbeiten wie ursprünglich geplant fortsetzen soll. Andernfalls wäre es die Aufgabe des Auftraggebers, entsprechend zu reagieren. Nimmt er aber untätig trotz entsprechender Bedenkenanzeige die Arbeiten entgegen, so führt dies zur entsprechenden Haftungsbefreiung. Etwas anderes könnte ja allenfalls dann gelten, wenn zwischen der Bedenkenanzeige und der Ausführung ein derartig geringer Zeitraum nur bestand, dass der Auftraggeber nachher vortragen kann, dass er nicht genügend Überprüfungs- und damit auch Reaktionszeit hatte. Dies wird aber in der Regel sehr selten der Fall sein. Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, dass das „Tote-Mann-Spiel“ dem Auftraggeber letztlich als Reaktion auf eine Bedenkenanzeige nichts nützen wird.
Markus Cosler
Ein Artikel von
  • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
  • Lehrbeauftragter für Nachtragsmanagement an der FH Aachen
  • Kanzlei Delheid Soiron Hammer, Aachen
  • Web: www.delheid.de
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